Interview mit Daniel Jung

Daniel Jung” der einigen vielleicht noch durch den Gewinn der Deutschen
Vorstiegs-Meisterschaft 2004 ein Begriff ist, beeindruckt in letzter Zeit vor
allem durch viele schwierige Felsbegehungen. Ende 2008 lautete die Bilanz: 5x 8c, 5x 8c+ und 1x 9a.

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An seine Erfolge vom letzten Jahr anknüpfend punktete Daniel 2009, bei einem
weiteren seiner zahlreichen Spanien aufenthalt, bereits eine weitere 8c und
verewigte sich mit der Erstbegehung der Route “Super Cowboy” (8c+) im Sektor “El
Pati” quasi in direkter Nachbarschaft zu “La Rambla” und “Glope de Estado”.
8a interviewte den Kletterer welcher sich momentan unaufhaltsam der Top-10 im
global-Ranking annähert.

Daniel wie kamst Du zum klettern?
Klettern fand ich schon immer super! Im Urlaub mit meinen Eltern hab ich ab und zu
Kletterer beobachtet. Auf einer Veranstaltung in Köln war ich das erste Mal an
einer Kletterwand. Leider gabs zu der Zeit (1992) noch keine Möglichkeit bei uns
in Siegen zu klettern. Erst 1997 hab ich dann richtig anfangen können, an einer
kleinen DAV Wand.

Hattest Du und wenn ja, wer waren deine Vorbilder?
Vorbilder hab ich glaube nie so wirklich gehabt. Wir hatten zwar Poster von
Wolfgang Güllich an den Wänden, da haben mich aber eher die Felsen beeindruckt. An
so Felsen wollt ich auch mal hochklettern! Von Schiwiergigkeitsgraden und was
Wolfgang geklettert ist wusste ich nichts.

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(Daniel Jung in SuperCowboy 8c+ – Bild von Miha Skof)

Wie hat Klettern dein Leben beeinflusst?
Oh, sehr stark, so bald ich frei hab bin ich zum Klettern unterwegs. Wenn man
schwer Klettern will muss man sich sehr mit sich selbst auseinandersetzten, durchs
viele Reisen und Klettern sammelt man viele Erfahrungen die einen prägen. Ich
glaube da bekommt man schon eine andere Lebenseinstellung.

Was waren deine persoenlichen Meilensteine bisher?
“Le Cadre” (8c) in Ceüse und mein Rodellar Trip letzten Sommer! “Le Cadre” war für
mich vom Durchstiegsgefühl her am besten. Für mich war oben ein sau schwerer Zug,
ein Schnapper in ein Zweifingerloch was ich genau treffen musste. An dem Zug habe
lange rum versucht, irgendwann hats gepasst, dass war super! Letzten Sommer in
Rodellar hab ich alles klettern können was ich mir gewünscht hatte und noch viel
mehr, besser kanns nicht laufen.

Wie motivierst Du dich selbst hart zu klettern oder ein bestimmtes Ziel zu
erreichen?

Wenns richtig läuft brauch ich mich nicht zu motivieren, sondern ich bin
Motiviert! Klettern macht mir sau viel Spaß, dass will ich einfach machen. Und
wenn ich ein Ziel habe lauf ich drauf zu!

Bohrmaschine, unendlich viele Haken, einen privaten Hubschrauber
der dich ueberall hinfliegen kann etc. Wo wuerdest Du Routen erschliessen und
warum?

Fänd ich super! Würde mir die besten Linien in Afrika, China, Südamerika
rauspicken. Was bestimmtes hab ich jetzt so noch nicht im Kopf, beim Rumfliegen
werd ich aber mit Sicherheit was schönes Entdecken.

Deine perfekte Musik fürs klettern?
Mal so Dub wie Sly & Robbie, Rhythem & Sound, Basic Channel, oder experimentell
wie Matthew Herbert, Mouse on Mars, halt viel Electrokrams aber auch mal
Südamerika Musik und in Frankreich freu ich mich immer wenn so Acordeonmusik im
Radio läuf!

Was machst Du an Ruhetagen?
Musik hören, mit dem Mountainbike durch den Wald düsen. Hab aber nicht so viel
Zeit für sonstiges, wenn ich nicht Kletter muss ich meist was für die Uni machen.
Wenn ich länger unterwegs bin geh ich gern Wandern und schaue mir die Gegend an,
spiel Karten mit Freunden und Koche gerne.

Was magst Du am klettern ueberhaupt nicht?
Ruhetage machen wenn man motiviert ist aber weiß, dass man eigentlich keine Power
hat weil man schon die letzten Tage geklettert ist. Klar schlechte Bedingungen,
Cuts usw. sind unbequem aber das gehört halt einfach dazu!

Seit 2004 nimmst du ja eher sporadisch an Wettkämpfen teil.
Was wuerdest Du als Wettkampfveranstalter besser machen?
Was ich echt ätzend finde sind die beschichteten Wände und Strukturen. Da schrubbt
man sich immer Arme, Hände auf und kleine Leisten herkrallen ist total furchtbar.
Ganz schlimm sind so Reibungssachen, find ich was witzlos in den warmen Hallen
oder draußen in der Sonne. Das war ein Grund, warum ich mit den Boulderworldcups
aufgehört habe. Lead Wettkämpfe waren einfach zu träge, ich saß den ganzen Tag in der Iso und
musste warten. Allerdings hab ich seit einem Jahr oder mehr nicht mehr
teilgenommen! Schade war auch immer, dass die Hallen für die Zuschauer geheizt
wurden. Die wärme steigt nach oben und Klettern macht dann nicht mehr wirklich
Spaß. Vielleicht sollten einfach die Routen kürzer werden. 2/3 der Wand Toprope und 1/3
einfach so bis zum Umlenker, man bräuchte nicht mehr Klippen und man könnt
besseres Schrauben. Wäre ja auch für die Zuschauer spektakulärer. Die Kletterzeit
wäre kürzer und alles würde schneller ablaufen.

Was war das krasseste was Du kletter bzw boulder -technisch
bisher gesehen hast?

Alles was kompakt, nicht gechipped und natürlich entstanden ist, ist doch krass!

Wem schaust Du am liebsten beim Klettern/Bouldern zu?
Allen Leuten die einen guten Stiel haben und motiviert sind. Da ist egal obs 7a
oder 9a ist.

Wie glaubst Du hat sich die Kletterwelt in 10 Jahren veraendert?
Die Starken werden jünger und die schweren Routen werden länger,
überall wird es Hallen geben und immer mehr Leute werden Klettern. Da kann man
dann nur Hoffen, dass nicht alle mit dem Felsklettern anfangen und noch mehr
Felsen gesperrt werden und dass nichts gechipped wird auch wenn es unmöglich
aussieht!

Was wuerde der deutschen kletterszene gut tun?
Mehr offene Felsen! Dann muss man nicht mehr soweit fahren und die ganzen
Klettermassen würden sich auf mehr Gebieten verteilen.

Hat das Internet Einfluss auf dein Kletterleben?
Ich kann einfach spontaner und schneller planen. Anstatt 10 Anrufe zu machen, wie
früher schick ich einfach ne Rundmail. Allgemein zum Trips planen und verabreden
ist es super.

24224_633812651853071250(Daniel Jung zieht die Leisten von SuperCowboy 8c+ in „El Pati“ – Bild von Miha Skof)

Was zeichnet Deine neue Erstbegehung „Super Cowboy“ aus?
“Super Cowboy” ist einfach eine geile Line und wahrscheinlich die einzige Route an
der hohen El Pati Wand die nicht so extrem pumpt. Die Haupt Schwierigkeit liegt in
einer Traverse von ca. 10 Zug, mit abgefahrenen Zügen an Leisten und Hooks. Bis
zur Traverse ist es nicht so schwer und wenns dann doch anstrengend ist kann man
sich mit einem Knieklemmer einen No-Hand basteln und pausieren. Nach der Traverse
klettert man eine super Risslinie bis nach oben raus, toll!

Was willst Du unbedingt noch erreichen?
Hab noch ein paar Projekte bei mir in der Gegend die noch auf mich warten und
gemacht werden wollen. Sonst natürlich viel und schwerer Klettern.
Es irgendwie hinzubekommen weiter so viel Zeit fürs Klettern zu haben neben dem
Studium. Leider bleibt neben Studium und Klettern nicht genug Zeit zum Arbeiten, da wäre es
super wenn sich die Kletterei von selbst finanzieren würde. Sonst müsst ich einen
Gang runterschalten in Sachen klettern, ich will aber das Gegenteil!

Was machst Du nach dem Du falls du jemals mit dem Klettern fertig bist?
Ich hoff ich werd nicht fertig. Ich werd so lang klettern bis meine Finger nicht
mehr wollen, dann geh ich Bergsteigen. Später als Opa(wenn ich nicht mehr laufen
kann) mach ich Musik und werd Taucher. Dann erkunde ich die Tiefen mit meinem U-
Boot. Vielleicht flieg ich auch ab und zu mal mit meinem Hubschrauber spazieren.
Wenn das alles zu anstrengend wird werd ich Astronaut, wenn man einmal da oben ist
wird es angenehm für den Rücken. Ist also schon alles geplant.

Etwas das Du auf jeden Fall noch loswerden moechtest?
Klaut keine Exen aus den Wänden. Haltet die Felsen sauber, also Klopapier
verbuddeln, Müll einsammeln und kein Feuer machen! Als Kletterer sollte man auch
gleichzeitig Naturschützer sein! Haltet Regeln ein wenn es welche gibt.
Und noch ein dickes Dankeschön an meine Sponsoren Five Ten, Chimpanzodrome und
Black Diamond!

Interview: Benedikt Boss  Gefunden auf: www.8a.nu

  • Beitragsdatum 22. Juni 2009