Fabian Christof war in den Rocklands
Beim Schreiben dieses Artikels sitze ich nun schon seit ein paar Wochen wieder in der Fränkischen. Die Temperaturen und die Luftfeuchte sind so unangenehm, dass mir sogar beim Betätigen meiner Computertastatur die Schweißperlen über die Stirn laufen. Ein solches literarisches Unterfangen bietet in so einer Situation die Chance, alle Erlebnisse, Eindrücke sowie positive und negative Erfahrungen noch einmal zu genießen. Die Kehrseite des ganzen ist, dass man sich der Tatsache bewusst werden muss: „Du bist nicht mehr in den Rocklands!“
Ich bin nicht mehr in den Rocklands – Schade!
Lasst mich am Anfang beginnen. Das erste Mal als ich kurz davor war, mir ein Flugticket nach Südafrika zu buchen ist lange her. Zu dieser Zeit kam gerade Chuck Frybergers Specimen heraus und ich war sofort begeistert. Trotzdem hat es noch Jahre gedauert, bis aus der Idee von damals die Flugtickets, ein Mietwagen und die gebuchte Unterkunft für den Trip 2011entstanden sind.
Nach 15 Stunden Flug, mit Zwischenstopp in Dubai, stand ich dann auch am 22. Juni 2011 am International Airport in Kapstadt. Man könnte sagen, dass wir vom Himmel gefallen sind! Das Wetter war so bescheiden, wie ich es eigentlich nur von zu Hause gewohnt war. Acht Grad, Starkregen und extreme Windböen haben uns das Verstauen der Habseligkeiten in unseren Mietwagen nicht gerade versüßt. Nachdem auch die Anfangsschwierigkeiten beim Autofahren (Linksverkehr) überwunden waren, hieß es nur noch gerade aus. Gute drei Stunden später passierten wir das Schild am Anfang des Pakhuis Pass. Wir waren am Ziel angelangt und haben von nun an knappe sechs Wochen Zeit!
Die erste Woche hat es meist aus Eimern gekübelt! Das einzige was blieb, war sich schon mal einen groben Überblick über die einzelnen Teilgebiete zu verschaffen und den einen oder anderen Boulder zu begutachten. Die ersten Schritte auf heiligen Boden haben wir auf dem „Pass“ getan. Als wir dann auch die ersten Boulder im Roadside Sektor gesehen haben, war einigermaßen klar, warum die Rocklands unter den Boulderern als eines der weltbesten Gebiete bezeichnet werden. Die Qualität des Sandsteins ist unglaublich. Er ist extrem fest, hat Farben zum Dahinschmelzen, befindet sich in einer atemberaubenden Landschaft und ist im Vergleich zum Sandstein in Fontaine Bleau auch für die Kletterer geeignet, die wie ich weder gut mit den runden Ausstiegen zurechtkommen, noch eine auch nur im Ansatz als gut zu bezeichnende Fußtechnik verfügen. Kurz um, die Kletterei in den Rocklands ist oft steil, athletisch, griffig und die Ausstiege sind fast schon Idioten sicher. Man könnte schon fast behaupten, dass die Top-Outs mit ihren riesigen „Chicken Heads“ die Gefahr bieten, zu stolpern und rückwärts einfach vom Block zu fallen. Die einzelnen Gebiete haben oft ihren eigenen Charakter und bieten sehr vielseitige Kletterei. Mal ist der Sandstein eher glatt, dann wieder etwas grob körniger oder fast schon Granit ähnlich mit unzähligen Kieseln übersät. Aber alles ist allen Sektoren gemein, der Felsen hat eine unglaubliche Reibung. Selbst bei 24° war es an manchen schattigen Plätzen noch gut möglich, am persönlichen Limit zu klettern.
Im Laufe der zweiten Woche besserte sich das Wetter langsam aber zuverlässig. Das einzige Problem mit dem ich dann nur noch zu kämpfen hatte war die schlichte Tatsache, dass ich mich nicht gerade in Form befand. Schuld daran waren eine lädierte Schulter und ein Finger, der bereits schmerzte, wenn ich auch nur Griffe gesehen habe. Ich bezeichne diese beiden Verletzungen mal als Abschiedsgeschenk meines Heimatgebietes, wahrscheinlich weil ich es gewagt habe, ihm den Rücken zu zukehren und mich nach Afrika davon schleichen wollte. So bestand die Vorbereitung auf den Trip nicht etwa aus Trainingseinheiten an der Boulderwand sondern eher aus Extrarunden im Biergarten und am Grill mit der Hoffnung, dass ich nach drei Wochen Pause wenigstens ein bisschen Klettern gehen kann. Ziele wurden diesmal keine gesteckt, das einzige was ich schaffen wollte, war nichts schlimmer zu machen als es zu Urlaubsbeginn war. Daher verbrachte ich die ersten Wochen damit, mich dem Fels anzunähern. So habe ich viele leichte bis mittelschwere Boulder geklettert, die ich sonst wahrscheinlich nicht gemacht hätte. Dies ist wiederum ein großer Vorteil der Rocklands, denn hier ist fast alles gut. Boulder wie „Human Energy“, „Minky“, „Creaking Heights“, „Ulan Bartar“, „Cedar Spine“, „ Un Petit Hueco Dans Rockland“, „Pinotage“ oder „The Rhino“ bestärken meine Aussage und die Liste der Probleme ließe sich beliebig fortsetzten. Nun habe ich den Fehler gemacht damit anzufangen Namen zu nennen! Es ist jedoch kaum möglich einen einzelnen Boulder herauszugreifen, den ich als meinen Favoriten angeben würde. Fast alle Boulder die ich in Afrika geklettert bin, bleiben mir irgendwie in Erinnerung. Vielleicht waren ein paar davon so besonders für mich, weil ich sie schon so lange von Fotos oder Videos gekannt habe und plötzlich stand ich vor ihnen und konnte sie versuchen und viele von ihnen klettern. Trotzdem will ich im Folgenden eine Hand voll Boulder heraus greifen, die ich persönlich als etwas ganz besonderes betrachte.
Caroline: Ich würde fast von „Liebe auf den ersten Blick“ sprechen. Die Felsform sieht einer großen Baumrinde sehr ähnlich und die dunklen Farben (grau, braun und olive) wollen sich so gar nicht in das sonstige Landschaftsbild der Roadside einfügen. Jeder Zug ist ein Genuss!
Barracuda: Dieser Boulder hat bei mir rein optisch einen bleibenden Eindruck hinterlassen! Barracuda ist etwa fünf Meter hoch und gleicht einem Schiffsbug. Nur kleine zarte weiße Leistchen unterbrechen die orangenen, schwarzen und grauen Streifen. So gut wie der Boulder aussieht, lässt er sich leider nicht klettern. Nach einem komischen wackligen ersten Zug hält man eigentlich nur noch Rasiermesser fest – Hmm oder eher Auhhhh!
Nutsa: Zu Nutsa gibt es auf Grund des Bekanntheitsgrades eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Wenn man ins Roadside läuft, ist Nutsa so ziemlich das Erste was man sieht. Übersehen lässt sich der sechs Meter lange Schiffsbug ja kaum. Wenn man es klettern kann, muss man es machen!
Black Shadow: Wo gibt es denn sowas? Natürlich in den Rocklands! Der Boulder befindet sich an einem riesigen Block auf einer noch größeren Steinplatte. Das Landing ist somit nahezu perfekt. Selbst wenn das Thermometer 25° zeigt, ist es hier möglich zu bouldern. Der Wind hat manchmal so stark geblasen, dass die Matten einfach nicht liegen geblieben sind. Abgerundet wird das eh schon super schöne Ambiente durch die allabendlichen unglaublichen Sonnenuntergänge. Black Shadow war genau das Richtige für meinen verletzten Finger. Nur große und offene Griffe, die durch das kräftige Dach führen. Erwähnenswert ist sicher der Flash von Ethan Pringle.
The Vice: Die exponierte Lage mit den großen bunten Felsriesen und den kleinen Felsenlabyrinthen, die zwischen den Sandsteingiganten hindurch führen, machte die „Fortress“ sowieso schon zu eines meiner Lieblingsgebiete in den Rocklands. Wenn dann auch noch „The Vice“ dort ist, bleiben keine Wünsche mehr offen. Der Boulder ist steil, gut griffig, lang und anstrengend. Der Boden besteht diesmal aus Sand! Fast schon kitschig. Meist ging auch hier wieder der typische trockene Wind, so konnte ich Vice ebenfalls an den warmen Tagen versuchen. Der Boulder selbst hat für den Grad relativ leichte Züge, ist dafür für meinen Geschmack einen Tick zu lang. Hier lag auch die Schwierigkeit für mich: „Immer weiter klettern, selbst wenn man schon grün und blau vom Sauerstoffmangel ist.“ Die Begehung von Vice wird mir sehr lange in Erinnerung bleiben und auf dem 10 Meter hohen Block zu stehen, war ein unglaubliches Erlebnis.
Neben dem Klettern boten die Rocklands die Möglichkeit neue und alte Bekannte zu treffen. Darüber hinaus hat auch die Südafrikanische Kultur bleibende Eindrücke hinterlassen, leider nicht nur Positive. Die Townships Kapstadts, die Armut der Bevölkerung oder die zum Teil schlechte Infrastruktur zeigt einem, wie gut es uns in Europa Großteils geht.
Vermissen werde ich nicht nur den Felsen sondern auch die kulinarischen Highlights! Unsere Ernährung während der sechs Wochen war jedoch alles nur nicht ausgewogen. Es gab Fleisch, Fleisch und nochmal Fleisch. Wen wundert es auch bei so einem Angebot an qualitativ hochwertigem Fleisch. Es gibt Springbock, Antilope, Strauß oder einfach nur Rind. Das Kilo Filet für unglaubliche 15 Euro!! Hängt einem das Fleisch zum Hals raus, bietet sich die Möglichkeit 60km nach Lambertsbay ans Meer zu fahren und zur Abwechslung einmal Fisch zu essen (Hummer – 8 Euro!). Für Abwechslung sorgen Orangen (frisch vom Strauch), Passionfruits, Bananen oder die südafrikanischen Süßigkeiten der Landladies. Vermisst habe ich eigentlich nur mein dunkles Bier, dafür gab es südafrikanischen Rotwein aus der Umgebung. Man kann halt nicht alles haben!
Nun bin ich noch gar nicht so lange wieder zu Hause und die Planung für nächstes Jahr ist fast schon gemacht: „Wir fliegen wieder nach Südafrika – Rocklands, das Beste!“
Video-Link: http://vimeo.com/28293121
Fabian wird von Moon, 5.10 und Entre-Prises unterstützt
Text: Fabian Christof f. kletterszene.com // Fotos: Fabian Christof