David Lama unterwegs in steilem Gelände [Shortnews]
Vorab ein kurzes Wort an die Boulderer und -innen: Dieser Artikel handelt von Klettereren, die in masochisticher Manier Menschenunmögliches leisten: Zustiegszeiten von mindestens drei Stunden bei Überwindung von 1500 Hm, krude Sicherungen in irgendwelche Risse fummeln und dabei auch ein Seil dabeihaben [Was ist ein Seil?]. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen werdet ihr in diesem Bericht von Routenlänge bis zu 300 Meter lesen können, und das ist noch eher kurz, für diese Spezies des Kletterers. 300 Meter lange Routen sind ca. 120 – 140 Boulder am Stück. In Franken sind es evtl. sogar 250 Boulder.
David Lama hat in letzter Zeit wirklich viel in den Alpen gemacht. Der junge Österreicher konnte nach neun Jahren Dornröschenschlaf ein altes Projekt am Traufenkopf klettern. Die Route ist eine logische Abschlussvariante zu den bereits bestehenden Routen. Laut David klettert man am besten die ersten drei Längen von „Tsunami“, bevor dann eine eigenständige IX- Seillänge zur imposanten Abschlusskante führt. Die Route ist durchgehend sportklettermäßig abgesichert, lediglich durch die 150 Meter Luft unterm Hintern kommt ein Hauch alpin-flair dazu. Hört sich doch nicht so schlecht an.
Dadurch dass David die Route gleich beim ersten richtigen Versuch durchsteigen konnte, ist er sich aber nicht ganz sicher, was die Bewertung betrifft: 10+ ist diese Abschlußlänge aber auf jeden Fall…
Aber das war nicht das einzige, was David in den letzten Wochen so getrieben hat. Am 23. Juni fuhr David mit Peter Ortner nach Chamonix. Da aber wohl Peter einer richtigen Arbeit nachgeht, hatte dieser nur ein paar Tage Zeit, deshalb gingen die beiden, trotz Regen, über den Gletscher zur Leschaux Hütte. Ok — kein alpinhistorisch wichter Teil, aber lest selbst was David über die freundliche Begegnung mit Schweizer Hüttenwirten schreibt.
Als wir dort ankamen und uns und unser Material in der Hütte trocknen wollten, machten wir schnell Bekanntschaft mit Nadia, der Hüttenwirtin… „Why didn’t you call? The hut is full! Please go out!“ Wir versuchten ihr zu erklären, dass wir nur unser Material trocknen und etwas essen wollten. Wir sagten auch, dass es kein Problem für uns wäre am Boden zu schlafen, aber sie drückte uns nur ein Zelt in die Hand und sagte noch einmal „Please go outside!“
Wir verbrachten die Nacht im Zelt und als am nächsten Morgen um vier Uhr der Wecker läutete, waren wir durchgefroren und unser Zeug war immer noch nass.“…
Nachdem sie dann einen Klamotten-Trocken-Tag einlegen durften, ging es um drei Uhr in der früh los. [Ks.com: Nein, nicht von der Party heim, sonderen Richtung Fels los. Klingt komisch, ist aber so.] Nach 13 Stunden Kletterei in der Route Colton-MacIntyre und weiteren Stunden bis sie in der Biwakschachtel am Col des Grandes Jorasses waren. Am nächsten Tag ging es dann auf dem Rochefortgrat Richtung Dent du Geant. Von diesem freistehend Felszacken ging es nach der Besteigung direkt in die Bahn nach Chamonix.
Vor ziemlich genau einem Jahr kletterte David Lama die Route Bellavista von Alex Huber. Sie beginnt mit fünf anspruchsvollen Seillängen, die Puo-Brüder meinten zu diesen Seillängen, dass man nicht unbedingt fallen sollte, aber die Möglichkeit doch recht groß ist. Die folgenden Seillängen verlaufen dann durch den linken Teil des großen Daches an der westlichen Zinne. Aber die „Bellavista“ ist nicht die einzige Route, die durch das imposante Dach geht. 2007 eröffnete Alex eine zweite Route, die Pan Aroma.
Am 29. Juni machte sich David zusammen mit Mark Amann auf den Weg in die Dolomiten. In Wechselführung kletterten die beiden, die ersten paar Seillängen bis unter das große Dach. Die ersten zehn Meter verläuft Pan Aroma gleich wie Bellavista. Dann kam für David das Unbekannte. Die Hakenabstände sind weit, die Linie ist ausgesetzt und das Ambiente soll einzigartig sein. Die 8b+ Seillänge konnte David auf anhieb klettern. Mark legte bei seinem Versuch den ein oder anderen Abflug hin. Als beide am Stand für die folgende 8c-Seillänge ankamen, war David wieder an der Reihe. Kurzes ausbouldern und im zweiten Versuch weggedrückt. Mark versucht sich dann auch noch ein bisschen in der Seillänge, bis die Sonne im Westen verschwand. Dann gings wieder Richtung Tal. Auf die Ausstiegslängen verzichteten die beiden, denn wie bereits letztes Jahr bei der Bellavista Wiederholung von David sind sie ein einziger Wasserfall und er ist sie ja schon einmal durchgeklettert. Wir sind uns sicher, dass wir bald von einer Pan Aroma Wiederholung schreiben können!
Für die Shortnews ist der Artikel jetzt schon ganz schön lang geworden. Hier noch ein schönes Video für die Bouldergemeinde ;).
Video-Link: http://vimeo.com/22402650
Text: kletterszene.com Fotos: Reiner Eder Video: Nils Favre on Vimeo.