Austria Climbing SUMMER SERIES

Die Austria Climbing Summer Series in Innsbruck: Erfolgreicher Start der deutschen Athleten in die internationale Wettkampfsaison

„Es ist cool zu sehen, dass man vorne mitspielen kann“

Es war der erste Wettkampf nach einer monatelangen, coronabedingten Zwangspause. Die „Austria Climbing Summer Series“ startete im Juli in Innsbruck mit zwei Runden in den Disziplinen Bouldern und Speed – neben den österreichischen Athleten waren Kletterer aus Deutschland und der Schweiz am Start. „Es war für uns ein wichtiger Wettkampf“, sagt der deutsche Bundestrainer Urs Stöcker. Für die Athleten sei es wichtig gewesen zu erfahren, wo sie leistungsmäßig stehen – auch im Vergleich mit Jakob Schubert und anderen international erfolgreichen Athleten. Der Auftakt war aus deutscher Sicht erfreulich: Silber und Bronze bei den Herren im ersten Boulderwettkampf und gleich drei Podiumsplätze beim Speed. Wir zogen mit dem Bundestrainer und Athleten eine kurze Bilanz und werfen einen Blick auf die arg verkürzte Weltcup-Saison 2020.

Die Leistungsdichte bei den Herren ist inzwischen so groß, dass beim ersten Boulderwettkampf auch Favoriten wie Yannick Flohé, der nach der Quali noch Dritter war, den Sprung ins Finale nicht schaffte. Dafür waren dann drei andere deutsche Herren dabei: Philipp Martin, Chris Schweiger und Max Kleesattel. Philipp holte sich nach dem Österreicher Jakob Schubert den zweiten Platz, der erst 18-jährige Chris gewann Bronze und Max wurde Vierter.

Urs Stöcker DAV Trainer

Urs Stöcker: „Wirklich überrascht hat mich dieses Ergebnis nicht, die Nomiwettkämpfe und Trainingsleistungen in den letzten Monate haben ja schon gezeigt, wer momentan an der Spitze steht. Bei Chris stieg die Leistungskurve konstant nach oben an, es ist aber natürlich schön, wenn sich unsere Arbeit jetzt ausgezahlt hat.“

Chris Schweiger: „Ich habe schon gewusst, dass ich relativ fit bin und bei einer guten Runde ins Finale klettern kann. Aber dass ich so entspannt auf dem Podest stehen und eine Medaille holen kann, damit habe ich echt nicht gerechnet. Es ist cool zu sehen, dass man vorne mitspielen kann und es wäre geil, wenn die Wettkampfsaison weitergehen würde. Ich konzentriere mich jetzt erst einmal auf die Deutsche Bouldermeisterschaft im September und hoffe, dass die beiden Boulder-Weltcups im Herbst noch stattfinden werden.“

Beim zweiten Boulderwettkampf eine Woche später verpasste Chris mit dem siebten Platz knapp die Finalteilnahme, dafür gelang das  zwei anderen deutschen Herren: Kim Marschner (Platz 4) und Max Kleesattel (Platz 5). Gold holte sich der Österreicher Georg Parma, der Schweizer Sascha Lehmann gewann Silber und Jakob Schubert Bronze.

Bei den deutschen Damen lief es beim Bouldern nicht ganz so gut: Nur Lucia Dörffel, die eine sehr starke Saison 2019 geklettert ist, war beim zweiten Wettkampf im Finale dabei und belegte dort Platz 6.

Mona Kellner _Austria Climbing Summer Series

Urs Stöcker: „Das deutsche Damenfeld ist etwas schwächer als das Herrenfeld, dafür sind die österreichischen Damen insgesamt gesehen stärker als die Herren – das kann man also in beide Richtungen interpretieren. Lucia war in den vergangenen Wochen sehr viel am Fels unterwegs, das hat man gemerkt: sie ist in dem dynamisch geschraubten Finale eher kontrolliert geklettert.“

Lucioa Dörffel _ Austria Climbing Summer Series

Lucia Dörffel: „Es war schon cool und hat Spaß gemacht, wieder bei einem Wettkampf zu starten. Ich habe in den vergangenen Wochen nicht so viele Wettkampfboulder gemacht und bin mit dem Ergebnis zufrieden – die Konkurrenz war stark, die Mädels sind fit. Es war richtig cool, so viel am Fels zu klettern, aber das bringt für das Wettkampfklettern nicht so viel. Deshalb werde ich jetzt wieder mehr in Hallen trainieren – und hoffe, beim Lead-Weltcup im August starten zu können. Die Nomiwettkämpfe dafür laufen noch.“

Beim Speed zeigten die „jungen Wilden“ eine richtig starke Leistung: Im ersten Wettkampf gab es gleich mal drei Medaillen und zwei – noch nicht bestätigte – Deutsche Rekorde. Franziska Ritter holte sich nicht nur Silber, sondern sie knackte zwei Mal die 9-Sekunden-Marke und stellte mit 8,58 Sekunden einen noch nicht offiziellen neuen deutschen Damenrekord auf. Nuria Brockfeld gewann Bronze, auch sie lief eine Zeit unter neun Sekunden, und Ludwig Breu belegte bei den Herren Platz 2. Sebastian Lucke rannte zwar schon in der Quali mit 6,40 Sekunden einen (noch nicht bestätigten) neuen deutschen Rekord, stürzte dann aber im Viertelfinale.

Yannick Flohè_ Austria Climbing Summer Series

Urs Stöcker: „Mit den vier jungen Wilden haben wir bereits ein Stammteam, das wir für die Olympischen Spiele 2024 aufbauen wollen. Dass die deutschen Athleten auch Speed können, hat sich aber schon im vergangenen Jahr gezeigt. Das liegt sicher mit an den verbesserten Trainingsmöglichkeiten.“

Sebastian Lucke: „Im ersten Moment war ich nach dem Aus im Viertelfinale super enttäuscht. Ich war gut vorbereitet, das lag definitiv nicht am Physischen. Aber es gab lange keine Wettkämpfe und offensichtlich konnte ich mit der Situation kopfmäßig doch nicht so gut umgehen – ich habe mir in den Rennen wahrscheinlich zu viel Druck gemacht. Aber ich weiß, dass ich es kann und ich muss das Routine-Wettkampf-Racing-Gefühl wieder draufbekommen. Mein Ziel in dieser Saison ist, die Quali-Zeit für die Weltcups zu laufen, die liegt bei 6,2 Sekunden – 6,25 Sekunden habe ich vor Kurzem schon geschafft. Und mein Traum wäre, dann noch in diesem Jahr bei einem Weltcup zu starten.“

Der nächste und hoffentlich nicht letzte internationale Wettkampf wird der Lead-Weltcup in Briancon im August sein, die angekündigten Weltcups in China wurden bereits wieder gestrichen. Im September ist dann noch ein Weltcup in Salt Lake City / USA geplant und im Oktober einer in Seoul / Korea –  jeweils Bouldern und Speed stehen dort auf dem Programm.

Urs Stöcker: „Ich denke nicht, dass der Weltcup in den USA stattfinden werden kann. Ich fürchte, dass auch dieser Termin gestrichen wird. Den Weltcup in Korea sehe ich auch noch mit Fragezeichen. Das heißt, wir werden keine wirkliche Saison 2020 haben. Für die Athleten ist es nicht einfach, mit dieser Situation umzugehen, die sind es ja gewöhnt, sich konsequent auf ihre Ziele vorzubereiten. Sich jetzt für ein konsequentes Training zu motivieren, ist nicht einfach. Es gibt Athleten, die sich noch ernsthaft auf die angekündigten Wettkämpfe vorbereiten, andere dagegen fokussieren sich derzeit auf das Felsklettern.“

Alle Ergebnisse der Austria Climbing Summer Series unter:

    Text: Gudrun Regelein f. Kletterszene

    Foto: KVÖ / Andreas Aufschnaiter

     

  • Beitragsdatum 20. Juli 2020