An einem Tag: Siebe Vanhee und Séb Berthe wiederholen Rayu (8c) und werten ab
First day, best day: Das war der Plan von Siebe Vanhee und Sébastien Berthe, als sie sich mit Rayu (8c) eine der schwersten Multipitch-Routen im spanischen Pico’s de Europa National Park vornahmen. Das Ziel der beiden Belgier: Die etwa 600 Meter lange Tour frei zu klettern – im ground-up Stil und an einem Tag. Mit ihrem erfolgreichen Durchstieg (und einem Flash für Sébastien) treten sie in die Fußstapfen des Erstbegeher-Trios bestehend aus den Pou-Brüdern und Kico Cerdá, das Rayu im Jahr 2020 ebenfalls in einem über 12-stündigen Kraftakt befreit hat.
Gute Bedingungen, wenige Haken
Ursprünglich sieht der Wetterbericht gar nicht mal so gut aus, als Siebe und Séb am 19. August ihren Ascent an der Südseite des Peña Santa (2.596m) starten. Trotzdem hält das Wetter während der ersten zehn von insgesamt 14 Seillängen gut durch – genauso wie die beiden Belgier. Die ersten sieben Pitches liegen zwar „nur“ höchstens im mittleren siebten Franzosengrad, sind aber dafür häufig mit einem oder zwei (oder gar keinem) Haken abgesichert: Ein Sturz kostet hier also potenziell mehr als einen vergeigten Flash.
Dann schließlich der elfte Abschnitt, die Crux von Rayu: Um Sébastians Flash-Chancen zu erhöhen, investiert Siebe einen Onsight-Versuch und kehrt mit Beta zu (dem mittlerweile ziemlich durchgefrorenen) Séb zurück. Der flasht daraufhin den letzten schwierigen Teil der Route – und Siebe folgt mit einem perfekten zweiten Go. Um 19:30 Uhr stehen beide auf dem Gipfel des Peña Santa.
One move left. Elbows are high, I manage to stick the final hold, in extremis! I can’t believe I am still on the wall, clipping the chain of what I would call a nice “flash-team effort”. Happy, proud and grateful.
Sébastien Berthe über die Crux von Rayu auf Instagram
Downgrade auf 8b+
Nach der ersten Freude über den erfolgreichen Ein-Tages-Durchstieg diskutierten Siebe und Séb über den ursprünglich vorgeschlagenen Grad von 8c. Die beiden einigten sich auf eine Abwertung auf 8b+, betonten allerdings, dass der Crux-Pitch von Rayu vermutlich größeren Kletter*innen etwas mehr entgegenkommt.
Rayu’s amazing crux pitch was proposed as 8c by the first ascensionists. We had the feeling that it could be a bit easier though. […] Compared to the recent sportclimbs I’ve done, it felt closer to 8b+. The rests are too good and the moves are probably too easy to make it a proper 8c.
Sébastien Berthe über die Schwierigkeit von Rayu
Das laut Séb „wunderbare Projekt“ wurde bisher selten wiederholt, bekam aber auch schon einen weiblichen Team-Ascent von Sasha DiGiulian und Matilda Söderlund, die sich nicht zur Schwierigkeit geäußert haben. Ob die beiden Belgier mit ihrer Bewertung näher dran sind als die Erstbegeher (oder eben einfach viel zu stark) wird die Zukunft hoffentlich zeigen.
