Trad-Klettern: Eine coole Spielform des Kletterns [Heiko Queitsch im Interview]

Trad-Klettern ist das eigentlich traditionelle Klettern, bei dem eine Route nur mit mobilen Sicherungsgeräten – Keilen und Co – begangen wird. Das wurde und wird noch immer vor allem in Großbritannien, den USA und im Elbsandstein praktiziert. Die beiden Kletterlegenden Wolfgang Güllich und Kurt Albert kletterten im Frankenjura schon früh clean, also ohne Haken zu benutzen. Es war dann aber der Franke Heiko Queitsch, der gemeinsam mit Frank Kretschmann und Alexander Neubauer in den frühen Jahren des 21. Jahrhunderts das Greenpointing – in Anlehnung an das Rotpunkt-Klettern – einführte. Ein Auschecken auch an vorhanden Bühlern ist dabei zwar erlaubt, die Sicherungsmittel werden dann aber normalerweise erst während des Durchstiegs gelegt. Heiko, 43 Jahre, klettert selbst seit etwa 32 Jahren. Er hat die Kletterschule „Frischluft“ in Franken – und bietet dort seit einiger Zeit auch Trad-Kurse an. 

Ks.com: Trad-Klettern: ist das momentan ein Trend – in Deutschland und im Frankenjura?

Also es ist nicht das Gros der Kletterer, die das machen – das ist nur ein kleiner Prozentsatz. Trad-Klettern ist natürlicher anspruchsvoller als nur eine Hakenreihe zu clippen. Aber es gibt inzwischen immer mehr Kletterer und natürlich auch Kletterinnen, denen es Spaß macht, ihre Routen selbst abzusichern.

Wie nachgefragt sind denn deine Kurse?

In diesem Jahr waren die sehr nachgefragt. 2025 habe ich auch einen Trad-Kletter-Kurs in der Pfalz im Programm, der ist schon jetzt fast ausgebucht. Also das läuft supergut.

Für welche Kletterer ist das reizvoll? Für diejenigen, die schon alles gemacht haben und jetzt Neuland betreten wollen?

Das ist eine Disziplin, die für fortgeschrittene Einsteiger genauso geeignet ist wie für Zwölferkletterer, das ist für alle reizvoll. Trad-Klettern heißt ja auch nicht automatisch, dass es unbedingt gefährlicher ist. Ich biete die Kurse jetzt seit vielen Jahren an, da finden sich Teilnehmer, bei denen eine 6- das Limit ist, es gibt aber auch welche, die Zehner klettern. Es gibt auch solche, die seit 30 oder sogar 40 Jahren klettern und seit Langem auch Friends oder Keile legen – aber noch nie dort reingefallen sind. Die erfahren dann erstmals in den Kursen, dass man den mobilen Sicherungsgeräten unter Belastung auch wirklich vertrauen kann. 

Lernt man beim Trad-Klettern noch mehr, beispielsweise den Fels zu lesen?

Das ist definitiv eine coole Spielform des Kletterns: Weg vom reinen Festhalten, hin zum kreativen Tun. Beim Trad ist es eine andere, aktivere Herangehensweise. Wenn du vor einer nackigen Wand stehst, musst du eine Linie, einen Weg finden – und das ist natürlich deutlicher spannender als einer Hakenlinie zu folgen. Dass du als Trad-Kletterer onsight in eine Linie gehst, passiert aber eher selten. Normalerweise wird sich erst einmal abgeseilt und geputzt – und abgecheckt, wo was gelegt werden könnte. Das macht – gerade, wenn du an deiner persönlichen Leistungsgrenze kletterst – das Ganze überlebbarer. Im Gritstone wird beispielsweise geheadpointed: Die Route wird sich im Toprope angeschaut, ausgecheckt – genauso wie die Sicherungsmittel -, danach wird die Tour geklettert.

Welches Gestein ist geeignet?

Kalk ist geeignet – auch wenn immer wieder kolportiert wird, dass er nicht hält. Beziehungsweise schlechtere Reibungseigenschaften hat. Daneben Gneis, Granit, rauer Sandstein und Basalt. Je rauer die Oberfläche ist, umso besser… dann halten die Sachen besser. Im Sandstein finden sich oft filigrane Strukturen, die einer Belastung nicht standhalten, im Elbsandstein nimmt man deshalb häufig Knotenschlingen. 

Ist Trad-Klettern gefährlicher als Sportklettern? Braucht man dafür eine höhere Eigenverantwortung?

Gefährlicher ist es nicht. Aber man wird anders abwägen, sich überlegen, was bei einem Sturz passiert, wie sehr man dem gelegten Material dann vertrauen kann. Jeder kann aber selber entscheiden, wo er einsteigen möchte und wie er seine Route absichert und wo seine Grenzen sind. Es ist definitiv spannend, ohne Haken hochzuklettern. Auch anspruchsvoller: beim Greenpointing legst du – wie beim Clean Climbing – ja alle Sicherungen aus der Kletterstellung. Also man muss sich sicher mehr mit der Route auseinandersetzen. 

Es gibt immer wieder Diskussionen um das Einbohren beziehungsweise Übersichern am Fels… sind beispielsweise Haken bei Rissen notwendig?

Mein Wunsch an die Community wäre, Risse nicht einzubohren und es bei dem Umlenker zu belassen. In der Pfalz beispielsweise ist es nach wie vor so, dass du am Fels keine Hallenverhältnisse finden wirst. Dort wirst du keine Risse mit Haken entdecken und auch sonst sehr viel selber absichern müssen.

Gehst du selbst eigentlich noch oft Trad-Klettern? 

Ich mache jedes Jahr ein bisschen was. Seitdem ich selbstständig und Papa bin, wäge ich aber mehr ab und riskiere weniger. Aber an Genusstagen klettere ich beispielsweise 15 leichte Touren ohne Haken. Es gibt in Franken auch neue Trad-Erstbegehungen von mir: Nadelkissenriss und Nadelkissenriss direkt am Albrecht-Dürer-Fels. Wer drin war, versteht den Namen (lacht) – zumindest braucht man viel Tape.

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