»Land of the cold Sun« Winterbergsteigen in Marokko

Faiçal Bourkiba hat Jahre damit verbracht im Atlasgebirge zu wandern, zu klettern und an der Nordseite des Tazarhart entlang zu gehen (3450m).

Diese wunderschöne massive 550 Meter hohe Wand hat scharfe Felsen, dünnes Eis und fünf tiefe Rinnen, die bis zum Grad hinauf reichen. Die Wand faszinierte Faiçal und weckte seine Neugier. Er wusste jedoch auch, dass das jenseits seines Könnens lag. Mit dem Gefühl seine Kletterambitionen in einem realistischen Rahmen halten zu müssen, versuchte er dieses Massiv an der Nordseite des Tazarhart zu vergessen.

Faiçal Bourkiba lebt in Marokko, das bekannt ist für blauen Himmel, Sonne, Wandern und Kletterurlaub an warmem Fels. Jedoch sind die Alpinen Disziplinen im Winter nahezu unentdeckt. Es gibt keine Rettungsdienste und eine nur sehr kleine Kletterszene. Wenn einem etwas passiert, bleibt man einfach in den Bergen zurück. Das erhöht noch mal das Risiko, was das Erschließen von Routen und Erlernen neuer Techniken umso gefährlicher macht. Trotz dieses Risikos konnte Faiçal die Wand nicht vergessen.

Ein paar Wochen bevor Covid alle Türen in Marokko verriegelte, verbrachte er zwei Wochen im Atlasgebirge und kletterte einige leichtere Eislinien. Die Bilder von diesem Trip veröffentlichte er auf seinem Instagram-Account, worauf Jeff Mercier folgenden Kommentar schrieb.

Ich hoffe, dass ich sie eines Tages entdecken kann???

Nachdem die beiden ins Gespräch kamen zeigte sich Jeff erstaunt, dass es in Marokko überhaupt Eis gibt, während es gleichzeitig in den Alpen schmilzt. Da Faiçal die Begeisterung für die auffallende Wand bisher noch immer nicht verlassen hatte, erzählte er Jeff von seinem ambitionierten Projekt. Daraufhin machte Jeff ihm ein Angebot, das er nicht ausschlagen konnte.

Ich kann kommen und dir helfen es zu klettern, wenn du willst! Es wäre schön sich das Seil mit einem motivierten Einheimischen zu teilen.

Mit Jeff an Board begannen sich für Faiçal die Türen des Winteralpinismus in Marokko zu öffnen. Endlich wurde sein Traum Realität.

Am besten erzählt euch Faiçal Bourkiba wie es ab da weiterging:

Wir mussten uns nicht nur mit der herrschenden Pandemie auseinander setzen, sondern auch mit den marokkanischen Behörden. Aufgrund der Abgelegenheit der Route benötigt man eine Genehmigung. Allerdings ist das Eisklettern für die Behörden eine völlig fremde Idee. Es hat einen Symbolcharakter nach Erlaubnis und Rat der Menschen zu fragen, deren Gegend man besucht.

In unserer Kultur ist es wichtig als Gast höflich zu sein und Respekt zu zeigen. Wir wohnten in einem Familien-Schutzhaus in Tizi Oussem, das Brahim gehört. Brahim kennt die Gegend gut und kann das Wetter mit ziemlicher Genauigkeit voraus sagen.

Jeff kam am Freitag, den 3. November in der Schutzhütte an. Wir checkten die Wetterlage, die uns nur schlechte Nachrichten brachte. Kalte Winde, mit einer Abkühlung bis -26 Grad Celsius. Glücklicherweise war das Wetterfenster am nächsten Tag vielversprechend. Wir erreichten die Basis des Kletterspots am frühen Samstag. Zu meiner Überraschung sagte mir Jeff ich solle mich ausrüsten, da die Bedingungen günstig seien.

Jeff kletterte die ersten 150 Meter hart und schnell. Ich folgte hinterher und kämpfte mit ihm mitzuhalten. Die Route war physisch fordernd und technisch mit einigen schwachen Eisstellen. Jeff gab mir von oben Ratschläge wo ich meine Pickel auf den felsigen Abschnitten platzieren könnte.

Die Griffe und kleinen Leisten halfen mir durch einige schwierige Züge und Passagen. Jeffs Züge, seine Crampon-Platzierungen und seine mentale Stärke zu sehen war eine unglaubliche und surreale Erfahrung. Der mentale Part war eine echte Herausforderung, die mich am unteren Ende von Jeffs Seil wundern ließ wie ich selbst das schaffen sollte. Ich begegnete der Herausforderung mit meiner Fähigkeit mit solchen schwierigen Situation umzugehen, d.h. als ich dran war mit Klettern, kletterte ich einfach und steckte in jeden Pickelschlag und jede Crampon-Platzierung alles was in mir steckte.

Als wir oben ankamen und die Kletterei hinter uns lag war ich von Emotionen überwältigt.

Ich hatte mir in meinen wildesten Träumen nicht vorstellen können eine solche Route zu klettern. Doch hier war ich, oben auf dem Couloir de Glace mit einem der besten Alpinisten. Das Leben ist verrückt. Wir kletterten weiter bis zum 3990 Meter Gipfel. Nach all dieser Zeit war das Projekt endlich vollendet. Das Gefühl der Freude trieb mir die Tränen in die Augen. Ich fand die Route schwierig und kämpfte insbesondere mit dem mentalen Teil, dem Umgang mit Angst und Selbstzweifeln. Auf unserem Weg zurück zur Hütte bemerkte Jeff das Potential der Region und fragte ob wir nicht noch ein paar mehr Routen erschließen wollten, da wir ja noch eine ganze Woche vor uns hatten. Schlussendlich erschlossen wir 3 Multi-Pitch-Routen im hohen Atlas Gebirge.

  • Couloir de Glace (oben genannt) -500m- AD/M4
  • IBID -300m- PD+
  • Le Jardin De Brahim -50- M6

Die Herausforderungen des Kletterns in Marokko

Mein regelmäßiger Kletterpartner ist Adnane. Wir haben uns 2018 kennengelernt, als ich seine gebrauchte Winter-Daunenjacke kaufen wollte. Da kamen wir ins Gespräch. Wir merkten, dass wir die gleichen Werte und Ziele hatten und begannen zusammen zu klettern. Wir hatten keinerlei Zugang zu Kursen und lernten über YouTube-Tutorials und Instagram. Das Problem ist, dass es in Marokko weder Schulen noch Kletterführer gibt von denen man lernen kann. Unsere Führer können bergsteigen, aber die meisten nicht klettern. Es gibt keine offiziellen Outdoor-Geschäfte in Marokko, außer einiger großer Sport-Geschäfte, die Zubehör in schlechter Qualität verkaufen.

Mit einem Durchschnittsgehalt von 350 Euro pro Monat ist es schwer neue Ausrüstung aus dem Ausland zu kaufen.

Deshalb kaufen Kletterer stattdessen auf öffentlichen Märkten oder sparen Monate um sich ein neues Stück Ausrüstung zu kaufen. Ich habe zu Ausrüstung recherchiert, sodass ich weiß wonach ich suche – von technischen Informationen bis hin zu qualitativ hochwertigen Markennamen.

Die Energie, die ich hier hinein steckte, half mir gute Ausrüstung von Jacken, über Zelte und Eispickel. Ich fand sogar vier Eisschrauben und DMM Cams auf diesem Wege. Natürlich ist dieses Zubehör gebraucht, aber mit den wenigen Optionen habe ich keine andere Wahl als Secondhand-Ausrüstung zu kaufen.

Hier ist ein Beispiel für die Preise, die ich auf dem Markt für Ausrüstung zahle:

  • Hose: 5 Euro
  • Daunenjacke: 10 Euro
  • Hardshell: 3 Euro
  • Midlayer 2 Euro
  • Crampons 30 Euro
  • Eispickel: 20-40 Euro

Die Zukunft des Kletterns in Marokko

Ich bin so passioniert was das Klettern in meinem Land anbelangt. Das Atlasgebirge ist unbekannt, wild und gefährlich, aber voller Möglichkeiten. Ich arbeite daran das Klettern in Marokko, indem ich jüngere Generationen betreue und Kletterer aus anderen Ländern einlade unseren Winteralpinismus kennen zu lernen. Ich betreue Teenager des Club Alpin Francaise de Cassablanca, doch was mich noch mehr begeistert ist die jüngere Generation, die im Atlasgebirge lebt. Sie sind fit genug und mit gutem technischen Training und dem Vertrauen in die Ausrüstung können wir sie dazu amspornen das weiterzuführen, was wir begonnen haben. Es wird seine Zeit brauchen, aber ich hoffe, dass die Behörden und Touristen-Verbände daran arbeiten, dass es leichter wird an Genehmigungen heran zu kommen.

Es wäre großartig wenn in den nächsten Jahren ein Rettungsdienst etabliert werden würden.

Das würde helfen das Klettern in Marokko zu einer risikoärmeren Destination für ausländische Kletterer zu machen. Diese Veränderungen könnten helfen Kletterer und Abenteurer aus anderen Ländern anzuziehen. Im Gegenzug können wir mehr Routen erschließen, haben besseren Zugang zu Ausrüstung und die Kletterszene könnte sich weiter entwickeln.

Unser unentdecktes Terrain steckt voller Möglichkeiten.

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Video-Link: https://youtu.be/DJwP62_Zcfw