Klettern wird olympisch – Das Wettkampfformat

shauna coxsey - Bouldern - Interview- Red Bull

Der Countdown läuft: in wenige Tagen, am 23. Juli, werden die Olympischen Sommerspiele eröffnet. Eigentlich sollten sie schon im vergangenen Sommer stattfinden, mussten damals aber Corona-bedingt verschoben werden. Das Klettern wird bei seiner olympischen Premiere in einem extra dafür geschaffenen Format, dem Olympic Combined, vom 3. bis 6. August über die Bühne gehen. Jeweils 20 Damen und Herren haben sich dafür qualifiziert – darunter die beiden Deutschen Alex Megos und Jan Hojer sowie der Österreicher Jakob Schubert und seine Teamkollegin Jessica Pilz.

Das Olympic-Combined-Format

Vor fünf Jahren, im Sommer 2016, beschloss das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Aufnahme von Sportklettern in das Olympische Programm. Der Wettkampfmodus für Tokio ist ein neues Kombinationsformat, das Olympic Combined, das sich aus den drei Disziplinen Lead, Bouldern und Speed zusammensetzt. Der Wettkampf läuft über zwei Runden: Qualifikation und Finale, die an unterschiedlichen Tagen stattfinden. Die Abfolge ist festgelegt: Begonnen wird mit Speed, danach kommt Bouldern und als letzte Disziplin Lead.

Alex Megos Kletterweltmeisterschaft 2019 Foto: Suguru Saito / Red Bull Content Pool

Die Ergebnisse aus der Qualifikationsrunde werden multipliziert und daraus ein Ranking erstellt. Kletterer A beispielsweise hat in den drei Disziplinen die Platzierungen 2, 5 und 10, die multipliziert eine Punktezahl von 100 ergeben. Kletterer B landet in allen drei Disziplinen auf Platz 6 und erhält 216 Punkte. Kletterer A hat weniger Punkte als Kletterer B und hat bessere Chancen, ins Finale einzuziehen. Die acht Athleten mit der niedrigsten Punktezahl werden dort starten

In der Qualifikationsrunde der Olympischen Sommerspiele treten die 20 Herren und 20 Damen getrennt voneinander an. Erste Disziplin ist Speed: Beim Speed wird gleichzeitig an zwei parallelen Routen geklettert, der Bahn A und der Bahn B. Insgesamt hat jeder Teilnehmer zwei Gos: einen auf Bahn A und einen auf Bahn B. 

Das Boulder-Format ist das gleiche wie das bei einem Weltcup-Halbfinale. Dort gibt es vier Boulder. Jede Kletterin und jeder Kletterer hat fünf Minuten Zeit, um den Boulder möglichst zu toppen. Hier gilt: je mehr Boulder in möglichst wenigen Versuchen gemacht werden, umso besser ist das für das Ergebnis. 

Auch die Lead-Qalifikation läuft wie ein Weltcup-Halbfinale ab. Das heißt, dass eine Tour „onsight“ geklettert werden muss. Jede Kletterin und jeder Kletterer hat sechs Minuten Zeit, um die Tour möglichst zu toppen. 

Im Finale wird wieder mit Speed begonnen. Die Startreihenfolge ergibt sich aus der Qualifikation, das heißt der Schnellste tritt gegen den Langsamsten aus dieser Runde an. Das Finale findet im sogenannten KO-System statt. Der Schnellere gewinnt und kommt weiter, der andere Teilnehmer scheidet aus. Gesamtsieger wird, wer sich bis ans Ende im KO-System durchsetzt. Im Finale treten immer zwei Athleten parallel gegeneinander an, also einer auf Bahn A, der andere auf Bahn B. 

Beim anschließenden Boulder-Finale gibt es dann drei Boulder. Diese dürfen vor dem Beginn gemeinsam zwei Minuten lang besichtigt werden. Maximal vier Minuten hat ein Finalist dann Zeit, um einen Boulder möglichst zu toppen. Bei einem Gleichstand zwischen zwei Athleten entscheidet die Vorrunde über die Platzierung. 

Die Startreihenfolge für das Lead-Finale wird dann aus den Ergebnissen vom Speed- und Boulderfinale errechnet. Derjenige mit der höchsten Punktezahl startet als Erster im Leadfinale. Im Leadfinale gibt es wie in der Qualifikation eine Tour, die vor dem Beginn gemeinsam sechs Minuten lang besichtigt werden kann. Diejenige oder derjenige, der am höchsten kommt, gewinnt. Bei Gleichstand ist hier nicht die Platzierung in der Qualifikation entscheidend, sondern die benötigte Kletterzeit im Finale: Der Schnellere liegt vorne.

Am Ende werden die Ergebnisse aus jeder Disziplin – also Lead, Bouldern und Speed – multipliziert. Derjenige mit der niedrigsten Zahl ist der Sieger und gewinnt als erste Kletterin oder Kletterer Olympia-Gold.

Das neue Olympic-Combined-Format bedeutete für die Athleten eine enorme Herausforderung: Da nun drei verschiedene Disziplinen oft parallel trainiert werden müssen, hat sich ihr Trainingspensum noch einmal deutlich erhöht. Im Wettkampf ist dann viel Schnellkraft, Maximalkraft und Ausdauer gefragt. Die Ressourcen müssen also gezielt eingesetzt werden. Das Umstellen zwischen den drei Disziplinen in relativ kurzer Zeit bedeutet zudem eine große mentale Anstrengung. Im besten Fall – bei Finalteilnahme – müssen sich die Athletinnen und Athleten sechs Mal erneut auf einen Start fokussieren.

https://youtu.be/bXcGXk3RLRI