Klettern in Marokko [Thodra-Schlucht im Atlasgebirge]

„Far near where ever you are“ – Der Titanic Song dringt in voller Lautstärke aus dem Radio unseres alten Mercedes-Taxis, das mit ungeahnter Höchstgeschwindigkeit die Passstraßen des Hohen Atlas hinunter rast. Nach diesem Song, ist es allerdings ganz schnell mit der westlichen Musik vorbei und den Rest der Fahrt werden unsere Ohren (genauso wie unsere Nerven durch die riskanten Fahrmanöver unseres Fahrers) mit ungewohnter Zwölftonmusik strapaziert. Gleich nach unserer Ankunft am Flughafen in Marrakech besorgten wir (Jan, Thomas, Markus, Daniel und Giovanni) uns ein altersschwaches Taxi, mit dem wir nun zu unserem ersten Ziel der Thodra-Schlucht auf der Rückseite des Hohen Atlas gelangen wollen.

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In der Schlucht angekommen schlagen wir in einem Guesthouse auf der Dachterasse unsere Zelte auf. Ende Februar können die Temperaturen hier nachts und im Schatten noch recht kühl sein. Die Schlucht übertrifft mit ihren riesigen, ocker/orangefarbenen, Kalkwänden und der guten Absicherung unsere kühnsten Erwartungen. Nach einem engen Durchlass weitet sich die Schlucht und wir besuchen zunächst den supersteilen Sektor Can Güllich. Ob Güllich wirklich hier war, finden wir nicht heraus aber die anspruchsvolle und fordernde Klettererei hätte sicher auch ihm gefallen.

Schnell tauchen wir in den gewohnten Rhythmus aus Schlafen, Klettern und Essen ein. Unser Herbergsvater verwöhnt uns jeden Abend mit marokkanischen Spezialitäten und er hilft auch bei anderen Fragestellungen wie z. B. dem ungewollten Teppichkauf gerne weiter.

Nach ein paar Klettertagen in den verschiedenen und wirklich lohnenden Sektoren haben wir dringend eine Pause nötig und wir beschließen die nahe gelegenen Ausläufer der Sahara zu besichtigen. Dank der Vermittlung unseres Gastgebers finden wir leicht eine Transportmöglichkeit und einen Guide sowie ein Kamel, die uns durch die Wüste führen sollen.

Noch am Abend laufen wir durch die scheinbar endlosen Dünen zu unserem ersten Beduinen-Lager, welches sich malerisch zwischen den großen Sanddünen einbettet. Im Morgengrauen brechen wir auf und stapfen über die Dünenkämme – ähnlich wie auf Graten – durch die fantastische und zunehmend heißer werdende Landschaft. Von der letzen großen Düne können wir bereits auf die Ausläufer der algerischen Berge sehen. Nach einem kurzen Wüsten-Fussballspiel mit der Dorfjugend kehren wir abends an den Rand der Wüste zurück.

Nach einigen weiteren Tagen in der Gorges du Thodra, lassen wir es uns nicht nehmen, in einer nahe gelegenen Schlucht selbst eine Route ein zu bohren. „Vater Abraham“ benannt nach unserem Fahrer Abraham (der uns irgendwie an Hightower aus Police Academy erinnert), bewegt sich ungefähr im Grad 7c. Leider gelingt uns der Durchstieg bis zum Abend nicht mehr. Kletterer welche die Route versuchen wollen werden sich an zwei kleinen Dächern erfreuen, die durch eine delikate Platte miteinander verbunden sind.

Schneesturm und Nebel, Orientierung gleich null. Wir sind heilfroh, dass wir einen Guide dabei haben, der sich bereit erklärt hat uns mit seinem Maulesel – das ähnlich wie unser Kamel in der Wüste unter chronischen Verdauungsproblemen leidet – über den hohen Atlas in die Thagia-Schlucht zu führen. Nach 3 Tagen auf Mulipfaden, Kälte und Schnee kommen wir an unserem Zielort an, wo wir erst einmal von der örtlichen Polizei empfangen werden. Uns ist nicht ganz klar worum es geht, aber wir sollen bei einem Freund des Polizeipräsidenten übernachten. Wir weigern uns und kampieren direkt am Wandfuß in unserem Zelt. Am nächsten Tag gönnen wir uns eine interessante 6-Seillängen-Tour, die sich konstant an griffigem, plattigen Fels im Bereich 6b/c bewegt. Nach einem weiteren Regentag in der Schlucht machen wir uns auf den Rückweg nach Marrakech.

Die Metropole mit dem legendärem Djemna el Fna (dem Platz der Geköpften) empfängt uns mit lärmenden und schillerndem Leben. Straßenstände, Wasserverkäufer, Schlangenbeschwörer, Souvenirhändler ergeben eine Unzahl an unvergesslichen Eindrücken. Nicht nur wegen der unzähligen Traum-Klettereien sondern auch wegen den zahlreichen Begegnungen mit der gastfreundlichen Bevölkerung wird uns dieser Trip noch lange in Erinnerung bleiben.

Fakten:

Anreise: Zahlreiche Fluglinien bieten Direktflüge nach Marrakech [KS.com: Ich hab 90,-€ (+40,-€ Surfbrett Aufschlag) für Frankfurt Hahn -Marrakech und zurück bezahlt (stand. 2010). 2019: waren es Nürnberg – Marrakech 140,-€

Beste Jahreszeit:
Wir fanden Mitte Febrauar, Anfang März ideale Bedingungen (trocken, kühl) vor. In der Sonne kann es hingegen sehr schnell heiß werden. Da die unterschiedlichen Sektoren aber alle Expositionen bieten, findet man immer ein schattiges Plätzchen.

Weiterfahrt:
– Öffentliche Verkehrsmittel oder Taxi (preiswert). Bitte beachten, dass das Taxi erst losfährt, wenn es voll (also 6 Leute + Fahrer) ist
– oder mit einem Mietauto (welches man nicht zwangsläufig braucht)

Übernachten Thodraschlucht:
Wir empfehlen das Guesthaus am Eingang der Schlucht, da man hier bei Bedarf auch auf der Dachterasse sehr preiswert zelten kann.
Klettern: Zahlreiche Sektoren, mit insgesamt mehreren hundert Routen. Alle Sektoren sind bequem in zwei bis maximal 30 Minuten zu Fuß zu erreichen. Topos kann man problemlos in der Schlucht beim dortigen Bergführer erwerben. Wer 6a aufwärts klettert findet hier ein reiches Betätigungsfeld. Absicherung gut bis sehr gut.

Übernachten Thagia-Schlucht:
Der „Camping-Platz“ in der Schlucht ist preiswert und man wird bei Bedarf mit Brot versorgt. Auch gibt es einen kleinen Laden, wo man sich mit dem nötigsten eindecken kann.

Klettern:
Zahlreiche, z. T. auch lange Touren mit kurzen Zustiegen. Trotz der guten Absicherung sollte man den Grad 6b/c gut drauf haben, da es in diesem Bereich erst so richtig losgeht.

Sehenswertes:
Marokko bietet eine Vielzahl an Natur- du Kulturhighlights. Uns hat besonders das Wüstenfeeling in der Erg Chebbi im Süden und natürlich das bunte Marrakech gefallen.

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Video-Link: https://youtu.be/2Ri-oqBho5U