„Hat mir die Augen fürs Klettern am Limit geöffnet“ | Justus Jäger klettert seine erste 9a

Justus Jäger Black Label Stefan Riedl

Mit seiner Begehung von Black Label (9a) am Schneiderloch erfüllt sich der Erlanger Justus Jäger einen Kindheitstraum früher als gedachtund legt einen Meilenstein in seiner jungen Kletterkarriere.

Justus Jäger gehört nicht nur in seiner Heimat, dem Frankenjura, zu den derzeit stärksten und vielseitigsten Nachwuchstalenten am Fels. Der 17-Jährige aus Erlangen ist allein im letzten halben Jahr mehrere 8Bs im Tessin, in Fontainebleau oder daheim am fränkischen Kalk gebouldert, wo er auch schon einige 8c-Routen wie One Piece, Master of the Universe oder He’s looking at you kid abhaken konnte.

Passend also, dass Justus jetzt daheim im Frankenjura mit Black Label (9a) seine erste 9a überhaupt geklettert ist – ein Meilenstein in der Karriere des 17-Jährigen, der nach einigen intensiven Jahren im regionalen Wettkampf-Kader jetzt den Fokus ganz auf schwere Felsprojekte legt.

Black Label am Schneiderloch im Oberen Ailsbachtal liegt in bester Gesellschaft zwischen den Klassikern Corona (9a+) und Pantera (9a) und wurde 2013 von Markus Bock erstbegangen. Justus Jäger, der „klettert seitdem er denken kann“, fasziniert die Route schon länger, nachdem er ein Video der Begehung von Markus Jung im Jahr 2017 gesehen hatte. Wir haben mit Justus über sein bisher längstes Projekt gesprochen.

Justus – herzlichen Glückwunsch zu deiner ersten 9a! Wie kam es dazu?

Justus Jäger: Ich fand die Route schon länger interessant, seitdem ich mir die Begehung von Markus Jung angeschaut habe. Als Moritz Perwitzschky letztes Frühjahr Corona (9a) projektiert hat, stand ich dann zum ersten Mal vor Black Label und fand die Linie ziemlich ansprechend.

Ich wollte mich selbst mit einem Projekt herausfordern und alles geben.

Ich habe mir die Route auch deshalb ausgesucht, weil ich mich selbst mal mit einem längeren Projekt herausfordern wollte. Man muss dazu sagen, dass ich meine schwersten Routen bis dahin immer in maximal drei Sessions geklettert bin – dieses Mal wollte ich mehr investieren.

Wann hast du angefangen, die Route ernsthaft zu projektieren?

Im Frühjahr 2024 war ich insgesamt drei Mal dort und konnte Black Label einmal in zwei Teilen klettern – also isoliert ziemlich knapp bis zur Restposition und den Teil bis zum Top nochmal separat. Das war aber mega wackelig und ganz schön an meinem Limit.

Dann kam der Sommer und es wurde zu warm für die kleinen Leisten, deswegen bin ich erst im Herbst wiedergekommen. Nach zwei oder drei Sessions habe ich dann gemerkt, dass meine Form zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht ausreicht. Nach einem Versuch am Tag war ich total platt.

Wie bist du damit umgegangen?

Ich habe dann beschlossen, früher als geplant in die Bouldersaison zu starten – mit Trips ins Tessin und im Winter dann vor allem mit viel Training. Ich habe in der Zeit super viel Zeit und Energie in strukturiertes Training gesteckt, was mich unerwartet schnell deutlich stärker gemacht hat. Das hat mich dann neu für Black Label motiviert.

Hast du die Fortschritte aus dem Training in der Route schnell gemerkt?

Auf jeden Fall. Als ich dieses Frühjahr zurück am Schneiderloch war, bin ich bis zu meinem Durchstieg gar nicht mehr im unteren Teil der Route gefallen, der mir vorher echt schwergefallen ist.

Ich wollte mich selbst mit einem Projekt herausfordern und alles geben.

Die größte Herausforderung war dann eher der mentale Aspekt, weil ich mir sicher war, dass ich das nach dem Wintertraining auf jeden Fall klettern kann. Gleichzeitig wusste ich: Bald wird es wieder wärmer und ich will nicht wieder bis zum Herbst warten.

Wie hat es dann letztlich geklappt?

Ein wichtiger Unterschied zum letzten Jahr war, dass ich dieses Jahr mehr Versuche pro Tag investieren konnte. Im Endeffekt ging es beim Durchstieg darum, alles zu geben und den Fokus zu behalten. Krass war, dass ich die Route in meinem schlechtesten Go geklettert bin und mir bei der Crux am Mono die Füße gekommen sind.

Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass sich das alles irgendwann lohnt.

Du schreibst auf Instagram, dass du lange davon geträumt hast, 9a zu klettern. Was bedeutet dir die Erfahrung neben dem Schwierigkeitsgrad?

Black Label war eine prägende Erfahrung für mich, bei der ich viel über das Projektieren gelernt habe. Die Route hat mir die Augen fürs Klettern am Limit geöffnet – mental und physisch. Sie bedeutet mir auch deshalb viel, weil sich meine Disziplin im Training klar ausgezahlt hat. Ich hatte schon den ganzen Winter über das Gefühl, dass sich das alles irgendwann lohnt und dass jede Entscheidung zu etwas Gutem führt. Ich denke das hilft mir in Zukunft noch mehr zu erreichen.

Du hast einige Jahre lang Wettkämpfe geklettert, bist jetzt aber primär am Fels unterwegs. Bleibt es erstmal dabei?

Auf jeden Fall. Bei den Wettkämpfen hatte ich nie das Gefühl, dasselbe Potenzial auszuschöpfen zu können wie am Fels. Ich habe schon immer recht viel trainiert, aber die Ergebnisse im Wettkampf waren nie so spürbar. Vor eineinhalb Jahren habe ich dann entschieden, dass ich einfach lieber rausfahre – am Fels kann ich mit 100 Prozent Herz für die Projekte trainieren, die mir wichtig sind.

Gibt es schon Pläne für dieses Jahr, von denen du erzählen kannst?

Im Sommer fahre ich wahrscheinlich nach Frankreich und im Winter und Herbst möchte ich wieder ins Tessin. Was Projekte hier in Franken angeht, überlege ich gerade noch – es gibt hier sehr viele harte Touren, aber gerade solche historischen Klassiker finde ich besonders interessant. Die halten mich sicher noch lange genug beschäftigt.

Danke, Justus!

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Video-Link: https://youtu.be/TH-8yQdx2AE?si=hyjRIj3pT4GpVOG9