Fontainebleau 2012 – Spinnterman! Es wird Regen geben!

Ich wurde gebeten, einen „Artikel“ über die diesjährige Bleaufahrt zu verfassen. Hm, fies wie ich finde, das nicht im Voraus anzukündigen, denn dann hätte ich wenigstens versuchen können, die Ereignisse extern — also nicht in meinem Gehirn — verewigen zu können. So wird es nun etwas schwierig, die einzelnen Bruchstücke, die sich schemenhaft zwischen den ausgeprägten Erinnerungslücken manifestieren in einen stringenten Zusammenhang zu bringen… nun gut, ich werd’s versuchen. Zusammenfassend möchte ich aber vornewegschicken – spinntermann, war des witzig!

Nach dem letztjährigen Versuch, auf die geziemende Wirkung der Frauen zu verzichten, wurde in diesem Jahr die Anwesenheit einiger weiblicher Wesen — immer mit der Hoffnung auf die o.g. W irkung — geduldet. Leider war deren Einfluss weitaus weniger ausschlaggebend als erhofft.

Nach der pünktlichen (ja, der Ese war dabei! ( Anm. d. Red.) ) Abreise am Samstag um 8:30 Uhr in Freising dauert die 8-stündige Anreise auch dieses Mal wie immer 10 Stunden. Nach Regen und Schnee landen wir dann doch unverhoffter Weise bei trockenen Strassen in Poligny bei Fontainebleau in unseren zwei nebeneinander angemieteten Gîtes. Am Abend der Ankunft wird noch etwas zu essen eingekauft, gekocht und das Gebiet für den ersten Klettertag am plattigen Sandstein herausgesucht. Dass schon an diesem Abend mindestens ein 10-Liter-Kanister Rotwein ganz nebenbei vernichtet wird scheint mir nicht erwähnenswert.

Am ersten Tag geht es dann zur langsamen Eingewöhnung nach Mont d’Olivet, wo sich die Gruppe in den orangenen Parcours, den blauen Parcours und die Sich-langsam-Eingewöhner (Chiller) aufteilt. Bei wunderbarem Sonnenschein testen wir alle vorsichtig wieder das Einsetzen der Füße (bis auf Jam, der versucht sich in neuen Plattenhangeltechniken) und Ese experimentiert am Setup seiner neuen Kamera, mit der die unglaublichen Leistungen der Senioren in Ton und Bild dokumentiert werden sollen (siehe unten). Später wird noch ein Gebietswechsel nach Rocher Gréau vollzogen, meiner Meinung nach einzig und allein zu dem Zweck, den Froschschenkelvertilgern noch kurz zu zeigen, wie man Überhänge richtig klettert/hangelt.

Am Abend gibt es leckeres Essen, danach wird geschafkopft, brettgespielt oder einfach nur abgehangen. Wie jeden Abend kommen uns auch wieder Tommi und seine Kids besuchen, die uns mit einer unglaublichen Feinfühligkeit niemals für möglich gehaltene Details über unsere  Mütter offenbaren (mir für meinen Teil wurde dadurch einiges klar!) Natürlich verschwinden auch heute wieder auf wundersame Weise etliche Liter Wein. Erinnerungslücke – Bett – Montag morgen.

Montag: vereinzelte Personen erheben sich mit einem kleinen schmerzhaft stechenden Schmerz in Augenbrauengegend… (Wetterumschwung?). Eier satt zum Frühstück, dann, nichts wie los, Bewegung soll ja helfen. Heute geht es bei leichter Bewölkung jedoch trotzdem gutem Wetter zum Elephanten. Gerdschi, Lukas, Rainer, Jam, Tom machen krasse Sachen (ähm, habe ich schon erwähnt, dass ich nicht klettern kann?! – das wäre an dieser Stelle vielleicht der richtige Zeitpunkt!), der Rest sucht sich bewältigbare Boulder und hat Spaß.

Abends gibt es wieder lecker Essen und anlässlich zu Rainers Geburtstag gibt’s um Mitternacht Kuchen, Gesangseinlagen und Geschenke. Gerdschi plaudert aus dem Nähkästchen um uns als alter Hase, die Gewohnheiten der Bleausaren etwas näher zu erläutern, schwärmt von Brasilien, Bas Cuvier und anderen Stadtteilen unseres Urlaubsortes. Im Laufe des feucht-fröhlichen Abends (es verschwinden wieder viele Liter Wein) entsteht der Gruppentanz „Tatatatata – Hey!Tatatatata – Hey!“, der noch die gesamte Woche immer wieder zum Einsatz kommen wird. Aus soziopolitischen Gründen möchte ich die Hintergrunde nicht näher erläutern, deshalb….Erinnerungslücke – Bett – Dienstag morgen.

Dienstag: Auch am Dienstag begrüßt uns morgens wieder ein blauer Himmel mit Sonnenschein und Jonny hat wie jeden Morgen, fürsorglich wie eine Mutter ohne Brust , unser täglich Frühstücksbaguette herangeschafft. Nach der obligatorischen Eierladung am Morgen teilt sich die Gruppe dann in zwei Lager. Die Checker (subjektive Sichtweise eines dem Klettern nicht mächtigen Mädchens) fuhren mit ihrem Kameramann Ese  nach Petit Bois, während die Anderen unter geduldiger und ausdauernder Anleitung des Trainers Tom (Superchecker) sich (nicht besonders erfolgreich) in abgespeckten Platten versuchten. Am Abend das übliche Programm – kurzum: Gutes Essen – Erinnerungslücke – Bett – Mittwoch morgen.

Mittwoch: Bei abermals wunderbarem Sonnenschein geht’s auf nach Apremont, wo den ganzen Tag wieder kräftig geklettert wird. Heute Vollgas, weil, morgen ist Ruhetag! Anlässlich des bevorstehenden Regentages beginnt am Abend die Vorbereitung, damit der nächste Tag auch mit Sicherheit im Bett liegend, dem Regen lauschend verbracht werden kann und niemand auch nur ansatzweise auf die Idee kommen könnte, klettern gehen zu wollen. Nach dem gewohnt ausgezeichneten Abendessen, Erinnerungslücke, wird gegen 22:00 Uhr das Gesellschaftsspiel ‚ Mäxchen‘ in großer Runde gestartet. Zunächst scheint alles harmlos, doch als Herr Irmler die Würfel mit der Ansage „57“ übergibt, wird schon klar, dass die Wirkung des Spiels langsam einzusetzen scheint. Erinnerungslücke.

Ese geht um ein Uhr schafen! – Man glaubt es nicht, die Welt dreht sich trotzdem weiter – und so wäre auch hier endlich eine empirische Studie erbracht! Was allerdings noch mehr verwundert ist, dass sich der Wein in (gefühlt) genau der selben Geschwindigkeit leert. Diese Erkenntnis kann aber auch einer nicht mehr ganz neutralen Sichtweise geschuldet sein.

Auch Dr. Gerdschi will sich zu früher Abendstunde heimlich aus dem Staub machen, um weiteres Übel zu verhindern und schleicht sich wankend unter die Dusche. Als sein Polnischer bemerkt wird, wird er zunächst von außen in der Dusche eingeschlossen, aus der er sich aber Dank Elinas H ilfe befreien kann. Ca. 20 M inuten später befindet sich eine brasilianische Tanztruppe in seinem Bett – mit der ausgereiften Performance “ Tatatatata-Hey! Tatatatata-Hey! “ des mazedonischen Frontman und seiner Crew. W ieder rüber in die Party Gîte — und da ging es dann richtig los. Der Gruppentrainer Rainer Z. bringt mit seinem detailliert elaborierten Trainingsplan „Pfiati Norgerl“ selbst Profisportler und Profimachos ins Wanken. Das Gruppenoutfit: oben ohne (mit kleinen Ausnahmen) und Wade. (von näheren Erläuterungen möchte ich auch hier absehen, aber lasst eurer Fantasie ruhig freien Lauf). Die sukzessiven Aus-dem-Staub-mach-Versuche der einzelnen verbliebenen Partygäste wurde stets mit lauten Suchrufen „Ja wo isser denn? Ja komm her! Feiner isser – pfiati Norgerl!“ zu unterbinden gewusst. Die Party endet um acht Uhr morgens und nach einigen (Total)Ausfällen. Spinnterman, bin i fertig! Von einigen Beteiligten wurde berichtet, dass deren desolate Situation von Anderen ausgenutzt werden sein soll (geh weg du Drecksau, auauaua, lass mi in Ruh!) – was aber aus Mangel an Beweisen hier nicht belegt werden kann. Erinnerungslücke – Bett – Donnerstag ( Nach)mittag.

Donnerstag: RUHETAG – Ruhetag – RUHETAG… (manch einer wurde an diesem Tag gar nie nicht gesichtet) – für Einige – die anderen, die die Party nicht bis zum Ende ertragen konnten, gönnten sich einen Bummel-Einkaufs-Kaffee-Tag in Bleau. Am Abend kehren auf wundersame Weise die Lebensgeister wieder in (manche) Körper zurück – übliches Abendprogramm mit ausgezeichnetem Katerschweinsbraten und sich auf wundersame Weise leerenden Weinkanistern… Erinnerungslücke – Bett -Freitag morgen.

Freitag: leider regnet es immer noch, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir starten noch einen verzweifelten Versuch, etwas Trockenes zu finden — leider erfolglos. Der letzte Abend des Gruppenausflugs bricht an. Nach dem leckeren Abendessen deutet sich zunächst ein ruhiger Abendverlauf an — doch weit gefehlt! Wie auch immer es dazu kam, ist mir bislang noch schleierhaft und nicht mehr rekonstruierbar (Erinnerungslücke?!), doch auch dieser Abend endet erst wieder um 4 Uhr morgens, nach der vollständigen Leerung von Ese’s Handtasche (so nennt er liebevoll die zugegeben handlichen, französischen Weinkanister). Erinnerungslücke – Bett – Samstag morgen.

Am Samstag in der Früh wird dann noch schnell geputzt. In manchen Räumen ist da schon auch mal mehr zu tun, aber gut, wir waren ja auch eine ganze Woche da und wo gehobelt wird….! Gerdschis Behausung ist natürlich vorbildlich sauber, was dem Vermieter bei der Abnahme derart imponiert, dass er in der anderen Hütte gar nicht anders kann, als das das ein oder andere Auge oder Nasenloch zuzudrücken.

So, das war’s – an mehr kann ich mich nicht erinnern…! Wir fahren wieder heim… ‚z’kurz war’s, schad‘ is, schee war’s, aba — mir kemma wieda!

Besetzung: Jonny, Jam, Gerdschi, Elina, Ese, Luise, Lukas, Rainer, Tom, Tommi (mit Kids), Sebastian, Jens, Barbara

Anm. zum Video: Dass das Mitführen eines solchen Ton-und Bildaufzeichnungsgerätes im Laufe einer Woche durchaus auch Nachteile mit sich bringen könne, wurde dem ein oder anderen Teilnehmer erst im Nachhinein bewusst! Glücklicherweise wurde außerhalb der Klettervideos rein gar nichts gefilmt (offizielle Version)…

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Video-Link: http://vimeo.com/53550734

Text: Barbara f. kletterszene.com / Fotos: Ese und Gerhard / Video: Ese