Alexander Megos im Gespräch
Natürlich vermisse ich den Fels
Aber bei den Olympischen Sommerspielen 2020 in Tokio teilnehmen zu können, wäre für den Ausnahmekletterer „eine sehr große Ehre“.
Ob es wirklich nur Glück war, dass es für Alexander Megos bei den beiden ersten Weltcups im Bouldern richtig gut lief, sei mal dahingestellt. Er zumindest schrieb auf seinem Instagram-Account vor dem Halbfinale in Moskau: „To me bouldering always feels like it comes down to luck, whether or not I do well.“ Zumindest war Alex als einziger deutscher männlicher Athlet in beiden Halbfinals dabei – und das als nicht erklärter Boulderspezialist. Bundestrainer Urs Stöcker hält Alex für einen der weltweit besten Kletterer. Auch wenn er noch daran arbeiten müsse, die Lösung (eines Boulderproblems, Anmerkung Ks.com) auch konsequent umzusetzen. „Da hat er aber schon Fortschritte gemacht“, sagte Stöcker in Meiringen. Wie groß diese Fortschritte inzwischen geworden sind, wird sich bei dem kommenden Weltcup in Chongqing zeigen. Ks.com sprach mit Alex vor seinem Abflug nach China.
Ks.com: Alex, erst einmal Glückwunsch zu diesem Start in die Saison. Hast du selber damit gerechnet?
Alexander Megos: Vielen Dank! Direkt damit gerechnet, dass ich es gleich ins Halbfinale schaffe, habe ich natürlich nicht, zumal ich bei den beiden Boulder-Weltcups letztes Jahr zwei Mal knapp am Halbfinale vorbeigeschrammt bin. Umso mehr freue ich mich, dass es direkt bei beiden Weltcups geklappt hat.
In Meiringen bist du gerade noch so ins Halbfinale reingerutscht, warst in Moskau dann aber auch wieder dabei und hast einmal den 16. und einmal den 15. Platz belegt. War also kein Zufall…
Natürlich ist die Kletterleistung in diesem Fall kein reiner Zufall, dennoch gehört eine gute Portion Glück dazu, einen guten Tag zu erwischen und keine allzu großen Fehler zu machen. Ich denke, je mehr Erfahrung man bei solchen Wettkämpfen sammelt, desto berechenbarer wird es hoffentlich auch. Davon bin ich aber noch etwas entfernt.
Gab es einen Moment bei den beiden WCs, wo du von dir selber überrascht warst?
Ich war nach der Quali in Moskau überrascht, dass ich als Siebter in meiner Gruppe weitergekommen bin. Ich hatte beim Klettern das Gefühl, dass man noch einen Boulder mehr hätte klettern müssen, um weiterzukommen. Dem war aber zum Glück nicht so.
Du hast nach Meiringen gesagt, dass du noch am „Lernen“ bist: Zwar weißt, was du machen musst, aber noch daran arbeiten musst, es auch zu machen. Wie setzt du das um?
Der Schlüssel liegt, denke ich, einfach in der Erfahrung. Insofern hoffe ich, dass mehr Wettkämpfe und mehr Wettkampf-Boulder auch eine stetige Verbesserung mit sich bringen. Eine Garantie gibts dafür leider nicht. Da hilft nur ausprobieren.
Ist das Bouldern die anspruchsvollste Wettkampfdisziplin? Weil man halt in ganz kurzer Zeit die Lösung finden muss – notfalls auch mit Knieeinsatz wie bei dir in der Quali in Moskau – und auch nur begrenzt Versuche hat?
Man kann nicht sagen, dass die eine Disziplin anspruchsvoller als die andere ist. Sicher hat jeder seinen Schwerpunkt und seine Paradedisziplin, dennoch ist jede der drei Disziplinen anspruchsvoll und verlangt vollen Einsatz.
Jetzt geht’s in China weiter, Mitte Mai dann vor heimischen Publikum der WC in München. Hast du Erwartungen oder fährst du einfach mal hin?
Generell habe ich für mich herausgefunden, dass es ohne eigenen Erwartungsdruck am besten geht. Deshalb versuche ich, den ganzen Prozess unabhängig vom Ergebnis zu genießen und gebe einfach mein Bestes.
Hast du dein Training eigentlich wegen Tokio 2020 und der Olympia-Qualifikation komplett umgestellt?
Mein Training hat sich natürlich sehr verändert, seitdem ich Wettkämpfe starte. Volumen und Weiterleiter an Slopern gibts draußen am Fels nicht, weshalb ich sowas bis dato auch nicht sehr häufig trainiert habe. Um bei Wettkämpfen eine bessere Chance zu haben, muss man natürlich auch Wettkampf spezifisch trainieren.
Eine Baustelle von dir ist sicher Speed. In Moskau warst du 84.: Das ist nicht unbedingt deine Lieblingsdisziplin, oder?
Meine Lieblingsdisziplin ist es sicher nicht, dennoch ist es nun mal Teil des Wettkampfs und ich werde versuchen, mich um ein paar Plätze zu verbessern. Sollte ja hoffentlich nicht so schwer sein, wenn man 84. wird (lacht).
Freust du dich auf die Lead-WCs?
Ich freue mich auf jeden Wettkampf! Ob Lead, Bouldern oder Speed. Einen Großteil des Wettkampferlebnisses machen die Leute aus, die man auf den Wettkämpfen trifft. Jeder Wettkampf kann auch unabhängig vom Ergebnis eine super Erfahrung werden und eine coole Zeit mit Freunden sein.
Das ist jetzt zwar noch sehr früh: aber würdest du für die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 noch ein Jahr „opfern“?
Falls ich wirklich das Privileg haben sollte, bei den Olympischen Spielen dabei zu sein, dann kann man hier sicher nicht von Zeit „opfern” sprechen. Das wäre eine sehr große Ehre für mich und alles andere als verschwendete Zeit.
Was reizt dich am Wettkampfklettern?
Der Reiz am Wettkampfklettern ist für mich der, dass man es zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt auf den Punkt bringen und seine Leistung abrufen können muss, um erfolgreich zu sein. Beim Klettern im Wettkampf müssen schnell Entscheidungen getroffen werden, um eine Lösung für den Boulder oder die Route zu finden.
Vermisst du den Fels nicht?
Natürlich vermisse ich den Fels. Ich versuche, auch jetzt während der Wettkämpfe immer wieder Tage am Fels mit einzubauen, um an der frischen Luft zu sein und Zeit mit Freunden in der Natur zu verbringen.