Robert Jasper gelingt „Shark’s Fin“ Erstbesteigung am Ende der Welt
Zwischen Magellanstraße und Kap Hoorn trotzt ein spektakulärer Gipfel den Stürmen, wegen der diese Küsten von Seefahrern gefürchtet werden: der Monte Giordano alias ‚Shark’s Fin’. Bergsteiger wagen sich nur selten hierher, und so kam es, dass dieser grandiose Berg nicht nur unbestiegen, sondern völlig unbekannt war: das Wetter an der Südspitze Feuerlands ist so miserabel, dass der Gipfel kaum je zu sehen ist. Im April 2012 gelangen Extrembergsteiger Robert Jasper, Bergführer Jörn Heller und Bergfotograf Ralf Gantzhorn die Erstbesteigung.
Die Kletterei blieb nur ein Teil des sechswöchigen Abenteuers, das mit der Anreise per Segelyacht ab Puerto Williams begann, der südlichsten Stadt der Welt. Volle drei Wochen brauchte der erfahrene Skipper Osvaldo Escobar, um das Team mit der Segelyacht ‚Polarwind’ die 300 Seemeilen an den Berg zu bringen. Wetter und Windstärken setzten dem Unternehmen ab dem ersten Tag zu, knapp eine Woche musste die Mannschaft unterwegs auf einer winzigen unbewohnten Insel im Orkan ausharren, bis sie die Weiterfahrt riskieren konnte. Auch die zum Anlanden avisierte Bucht am Fuß der ‚Shark’s Fin’ erwies sich als zu gefährlich. Um zu verhindern, dass die Orkane die ‚Polarwind’ in einer „sicheren“ Bucht gegen die Felswände schleuderten, vertäuten die Bergsteiger ihr schwimmendes Basislager von Beibooten aus mit Seilen an den Klippen.
Der Weg zum Berg führte durch subpolaren Regenwald, Sümpfe und Gletscherspalten – natürlich bei Schlechtwetter. Ein erster Versuch scheiterte. Jörn Heller brach sich an Bord eine Rippe, die ihm für den Rest des Trips das Atmen erschwerte. Das geplante Basislager am Wandfuß war wegen der permanenten Stürme nicht zu halten, so blieb das Team weiter auf engstem Raum an Bord.
Als das Barometer eine Winzigkeit stieg, riskierten die drei kurz vor der Abreise einen letzten Versuch, bei dem die Schnelligkeit des eingespielten Teams sich als Schlüssel zum Erfolg erwies. Kurz nach Mitternacht am siebten April erreichten sie im Mondlicht den Gipfel, auf dem Rückweg warteten auf Robert Jasper als Seilersten Schwierigkeiten bis M7. Nach 27 Stunden erreichte das Team wohlbehalten das Boot.
Der Gipfel ist so unbekannt, dass ihn einige Karten zwar ausweisen, mit Höhenangaben und Namen einander aber widersprechen – in unserer technisierten Welt etwa so selten wie ein Einhorn. Wegen der spektakulären Form, die an eine Haiflosse erinnert, tauften Robert Jasper, Jörn Heller und Ralf Gantzhorn ihn ‚Shark’s Fin’. Ihr GPS wies eine Gipfelhöhe von 1517m aus, fünfhundert Meter weniger als auf den chilenischen Karten. Aber nichts war den Bergsteigern bei diesem Abenteuer so nebensächlich wie die Höhe des Gipfels.
Nach der Erstbegehung von Ironman, einer der schwierigsten Mixedrouten der Welt, war es bereits der zweite große Erfolg des langjährigen Topalpinisten Robert Jasper in diesem Jahr.
Fakten:
- Berg: Chilenische Seekarte: Monte Buckland, 2040m; Karte des Feuerlandpioniers Alberto M. de Agostini (1959): Monte Giordano, 2042 m; Höhe nach GPS: 1517m
- Koordinaten S 54°27`11s ,W 070°12`11s
- Erstbesteigung: Robert Jasper, Jörn Heller, Ralf Gantzhorn vom 06–07.04.2012 in 12 Stunden Aufstieg; Gesamtzeit vom Boot und zurück 27 Stunden.
- Route: „Shark`s Fin Ridge“ (Westgrat ), bis M7.
- Gebiet: Cordillera Darwin, Feuerland / Chile.
- Charakter: Äußerst anspruchsvolle kombinierte Gratkletterei; bei schlechtem Wetter Rückzug sehr problematisch.
Text: Malte Roeper,kletterszene.com Foto: Robert Jasper