Lukas Irmler und Friedi Kühne stellen neue Slackline-Weltrekord auf

Ihr denkt, ihr habt schon alles gesehen, was die Slack- und Highline-Spezialisten Lukas Irmler und Friedi Kühne auf Lager haben? Mit ihrer jüngsten Aktion haben die beiden Ausnahmesportler die Grenzen des Machbaren buchstäblich nach oben verschoben und dabei einen neuen Weltrekord für die höchste Slackline aufgestellt, die je gelaufen wurde – und zwar zwischen zwei Heißluftballons. Ein Erfahrungsbericht.

Für die spektakuläre Aktion wurde die Slackline noch am Boden zwischen den Körben der beiden Heißluftballons gespannt. Die beiden Weltrekordanwärter sind kurz vor dem Start sichtlich aufgeregt – nicht zuletzt wegen der suboptimalen Wetterbedingungen. Dann heben sie unter brüllendem Lärm der Gasbrenner ab. Es dauert nicht lange, da erreichen sie die Wolkendecke, die sich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgelöst hat.

Als wir die Wolkendecke durchfahren, scheint sich uns ein Tor zu einer anderen Welt zu öffnen. Unter uns liegt ein grauer Tag, durch den sich einige Sonnenstrahlen kämpfen. Jetzt erscheint die Wolkendecke wie ein Boden aus Watte. Nur die Alpen ragen aus ihr hervor und liegen uns zu Füßen. Blauer Himmel und strahlender Sonnenschein, der uns wärmt. Über den Wolken scheint die Freiheit am Ende also wirklich grenzenlos zu sein.

Lukas Irmler

Plötzlich wandern die Bergspitzen von der linken auf die rechte Seite. “Wir fangen an uns zu drehen!”, ruft Pilot Thomas. Je weiter die Ballons steigen, desto schneller drehen sie sich. Denn durch die Verbindung beider Ballons entsteht eine Unruhe, sie drehen sich um ihre eigene Achse.

Was im Freizeitpark eine beliebte Attraktion ist, ist hier ein echtes Problem. Als die Piloten kurz davor sind, die Line zu lösen und die gesamten Aktion abzubrechen, kommen die beiden Athleten auf eine Idee: Sie ziehen aus beiden Ballons im gleichen Moment an der Slackline, um den Fliehkräften entgegenzuwirken. Ein erster Versuch schlägt fehl, ein zweiter ebenfalls. Erst der dritte zeigt Erfolg: die Ballons drehen sich deutlich langsamer. Ein vierter Zug an der Slackline – diesmal helfen auch alle anderen in den Körben mit. Ein Tauziehen in über 2.000 Metern Höhe: „3, 2, 1, ZIEHT!“ Und tatsächlich stehen plötzlich beide Ballons still.  

Jetzt wird es ernst: Slackline über den Wolken

Lukas Irmler ist als erstes an der Reihe. Er schwingt sich mit einer gekonnten Bewegung auf die jetzt in 2.500 Meter Höhe aufgespannte Slackline. Dort bleibt er kurz sitzen, hält inne, atmet einmal tief durch. Dann steht er auf. 

Der erste Schritt nach vorne, dann der zweite. Als er den Fuß nachzieht, rutscht er weg, verliert das Gleichgewicht – und fällt in über zwei Kilometern Höhe von der Slackline. Natürlich ist Lukas Irmler mit einem Gurt an einem Sicherheitsseil unterhalb der Slackline gesichert; was gerade passiert ist, zeigt aber selbst dem erfahrenen Athleten, dass dieses Vorhaben eine Nummer größer ist als alles, was er jemals getan hat. Aber er hat sich nicht umsonst monatelang auf diesen einen Tag vorbereitet.

Und so steht er erneut auf und setzt einen Fuß vor den anderen. Er lässt immer mehr Strecke hinter sich, der Heißluftballon vor ihm rückt in greifbare Nähe. Unter ihm endlose Leere. 

Die Insassen beider Körbe halten allesamt die Luft an. Und plötzlich: lautes Gejubel von beiden Seiten, tosender Applaus. Lukas hat es geschafft! Er ist ohne Unterbrechung vom einen Ballon zum anderen gegangen.

Doch das ist nur die Hälfte der Tagesagenda. Friedi Kühne hat die Strecke noch vor sich. Doch auch er hat die letzten Monate nur für diesen Tag, diesen einen Moment, trainiert. Die Willenskraft steht ihm ins Gesicht geschrieben. Und so schwingt auch er sich mit einer leichtfälligen Bewegung auf die Slackline, steht auf und fängt an, über die Line zu gehen.

Die Spannung ist greifbar. Und trotzdem entsteht der Eindruck, die Höhe mache Friedi Kühne überhaupt nichts aus. Als wäre es nichts anderes als beim Aufwärmen eine Stunde zuvor zwischen zwei Bäumen im Garten, einen halben Meter über dem Boden.

Kurz bevor Friedi den Ballon erreicht, verliert er die Balance. Lukas steht zwei Meter vor ihm im Korb und feuert ihn an. Er fängt sich, macht die letzten zwei Schritte und ist am gegenüberliegenden Ballon angekommen.

Jaaaaa! Wir haben es geschafft! Wir haben es beide geschafft, Mann!

Nach monatelanger Vorbereitung und mehrfachem Verschieben haben die beiden es endlich geschafft. Die Erleichterung ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Lukas Irmler und Friedi Kühne sind die neuen Weltrekordhalter für die höchste Slackline, die je über Grund gelaufen wurde. Mit ihren 2.500 Metern knacken sie außerdem den bisherigen Rekord aus Brasilien. Der lag bei 1.900 Metern.

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Video-Link: https://youtu.be/aF1mpKF2UoQ?si=EjBlu9UFUvWCfN2_

  • Credits Text Jochen Schweizer, kletterszene.com
  • Credits Fotos Jochen Schweizer
  • Beitragsdatum 15. November 2024