Luis Gerhardt und Florian Wientjes bouldern 8C im Tessin und Stefano Ghisolfi befreit The Lonely Mountain (9b)
Bevor die Klettersaison durch einen festlichen Braten und Geschenke unterbrochen wird, gibt es noch den ein und die andere Motivierte aus der Kletterszene, die ihre Projekte gerne noch abhaken würden. Mit Florian Wientjes, Stefano Ghisolfi und Luis Gerhardt hätten wir da drei Herren am Start, denen dies gelang.
Florian Wientjes punktet mit dem Big Day
Die Jugend hat ja immer wieder Flausen im Kopf, doch was ursprünglich nur aus einer dummen Idee heraus entstand, wurde zur Wirklichkeit. Von Anfang an: Florian Wientjes war in letzter Zeit einige Male im Tessin, leider nicht immer zu den besten Konditionen. In seiner Verzweiflung probierte er mal zwei oder drei Boulder an einem Tag und zog dann zum nächsten weiter, weil keiner davon so richtig trocken war. So gewöhnte Flo sich schon fast daran den Tag bei Big Paw (8B+/C) zu starten nur um zu merken, dass die Griffe eher feucht als trocken waren und im Anschluss zu Big Kat 8B+ weiter zu ziehen. Beide Boulder wurden zwar eifrig projektiert, aber an einen Durchstieg war nicht zu denken. Dann änderte sich endlich der Wetterbericht und mit dem trockenen Wetter kam auch die ersehnte Reibung.
Doch aus alten Gewohnheiten kommt man manchmal eben nur schlecht raus. Deshalb startete Flo wieder einmal bei Big Paw und zog nach ca. 2,5 Stunden und mit einem ziemlich knapp vergeigten Go weiter zu Big Kat (8B+) nur um hier nach weiteren 2,5 Stunden völlig leer gepumpt am Ausstieg zu fallen. Anstatt Trübsal zu blasen kam Flo eine Idee: Big Day bzw. Big Paw und Big Kat an einem Tag zu klettern. Zwei Wochen später landete Mr. Wientjes wieder im Tessin und gleich am ersten Tag war der Big Day zum greifen nah. Zuerst versemmelte er Big Paw, indem er zwar das Crux-Zweifingerloch erreichte, aber leider nicht mehr die Spannung halten konnte. Danach lief es bei Big Kat leider nicht viel anderes und so tropfte Flo in Summe vier Mal am leichteren Ende des Boulders ab. Zum Glück war das verlängerte Wochenende noch nicht vorbei und so startete er nach einem Ruhetag erneut einen Versuch. Diesmal lief es rund, nach einem ausgiebigen Warm-up vermasselte er erneut einen Versuch bei Big Paw und wurde etwas nervös, doch der Tag war ja noch jung. Zwei Stunden später konnte Flo sich dann zusammen reißen und hielt endlich die Pocket von unten fest. Überglücklich und eigentlich schon zufrieden ging es für Mr. Wientjes weiter an Big Kat und auch wenn es wieder einige Versuche brauchte bis er am Mantle ankam, waren diesmal noch Reserven übrig und die Begehung von Big Kat somit auch in der Tasche. Alles in allem ein durchaus erfolgreicher Tag, bei dem wir uns in der Redaktion jedoch dennoch ob die Jugend heutzutage zu viel Strom übrig hat.
Stefano Ghisolfi klettert The Lonely Mountain (9b) in Arco
Stefano Ghisolfi bohrte letztes Jahr im Juni sein erstes eigenes Projekt ein. Nachdem die Haken gesetzt waren, hatte er jedoch den Eindruck, dass er es etwas übertreiben hatte und glaubte nicht daran diese Linie klettern zu können. So entschloss er sich etwas rechts davon weitere Haken zu setzen, die am selben Umlenker endetet.
Stefano konzentrierte sich dann auch nur noch auf die rechte Hakenreihe und konnte diese dann auch schon im Januar 2021 unter den Namen Erebor (9b) in sein Tickliste mit FA eingetragen. Die Route hat durch Laura Rogora sowie Adam Ondra auch schon ihre ersten Wiederholungen abbekommen, wie wir wissen. Nachdem Stefano das erste der beiden Projekte geklettert ist und durch seine Bibibliographie (9b+) Wiederholung auch ordentlich Selbstvertrauen aufgetankt hatte, schien auf einmal die zweite Linie machbar zu sein. So ging es mit vollem Tatendrang ins nächste Projekt.
Er boulderte direkt den mittleren Teil der Route aus, denn die ist mit seinen dynamischen Zügen aus einer Verschneidung an extrem kleine Leiste die Crux der Route und fühlte sich extrem schwer an. Über die Tage des Ausboulderns verfeinerte Stefano seine Beta so sehr, dass von der Anfänglichen Version fast nichts mehr übrig blieb.
Am 19. Dezember sollten dann aber alles zusammen passen und das Projekt unter den Namen The Lonely Mountain als Erstbegehung in die Tickliste eingetragen werden.
War Gihsolfi Anfangs der Meinung, dass The Lonely Mountain (9b) deutlich schwieriger sein würde als Erebor (9b), hat mit dem 9b Bewertungsvorschlag fast das Gefühl, dass er lieber auf der sicheren bzw. härteren Seite der Bewertungsskala bleiben möchte. Was aber, wenn man die jüngste Entwicklung bei der Schwierigkeitsgrad-Diskussion mit Adam, Jakob, Alex und auch Stefano anschaut, verständlich ist.
Wir werden sehen, was die Wiederholer*innen dazu sagen werden. Zudem haben alle Nachfolger*innen die Möglichkeit die ausgetüftelte Beta per Video zu erarbeiten, was einem zwar das Routenklettern nicht abnimmt, aber das Ausbouldern doch deutlich verkürzt.
Luis Gerhardt besiegelt alte Rechnungen
Die Tessin-Saison scheint in vollem Gange zu sein, denn auch Luis Gerhardt konnte auf seine freundliche und zurückhaltende Art mal wieder zeigen wo der Hammer hängt. Als erstes musste Casavino (8B+) dran glauben, eine alte Nemesis von Luis. Der Block steht in Brione und dürfte unter den 8B+ Bouldern definitiv einer der attraktivsten sein. Keiner der Griffe schmerzt, die Linie ist top und die Züge zuerst äußerst athletisch, gefolgt von einem durchaus technischen Finish. Besonders einer der zwei Seitwärtssprünge hatte Luis vergangene Saison ganz schön Probleme bereitet. Doch dieses mal ging es relativ flott und so konnte er endlich den Sprung vom Start aus abfangen, den Rest hatte Luis perfekt eingeschliffen und stellte somit kaum ein Hindernis dar.
Aber da im Tessin nun einmal fast unendlich viele schwere Boulder herumstehen ist es durchaus selten, dass man nur ein Projekt offen hat. In Luis Fall war es Der mit dem Fels tanzt (8C). Schon unzählige Male war er im zweiten Teil gefallen – an sich ein 8A+ Boulder, welchen er quasi im Schlaf klettern konnte. Doch ihn von Anfang an zu klettern war ein anderes Spiel. Diesmal hatte Luis jedoch eine Geheimwaffe im Schlepptau: die zusätzliche Motivation, die ihm der Durchstieg von Casavino eingebracht hatte. Auch das zweifache Abtropfen vom Mantle konnte die Motivation nur geringfügig dämpfen. Also riss sich Luis noch ein letztes Mal zusammen und sammelte all seine Energie für einen letzten und erfolgreichen Go. Mit beiden Bouldern in der Tasche konnte sich der Bursche schon einmal einen sauberen Start in die Saison holen und wir sind mal gespannt was da diesen Winter noch so alles kommt.
Klatsch und Tratsch aus der Kletterszene
Schöffel ruft Teile seiner Sommerkollektion zurück.
Bei der Qualitätskontrolle stellte Schöffel fest, dass ein Teil der Sommer und Winter 2021 Kollektion mit einem fehlerhaften Sonnenschutzwert UPF (Ultraviolet Protection Factor) gekennzeichnet ist. Das bedeutet, dass die angegebenen UV-Werte nicht verlässlich sind. Die Ware hat abgesehen von der unrichtigen UV-Kennzeichnung jene hohe Qualität, die ihr aus dem Hause Schöffel kennt. Das Problem geht zurück auf Messfehler eines international renommierten Labordienstleisters, die wir sehr bedauern.
Ob Dein Schöffel Produkt von der unrichtigen Kennzeichnung betroffen ist, kannst Du mithilfe der Artikelnummer und der unten verfügbaren Abfrage herausfinden. Die Artikelnummer findest du auf der eingenähten Pflegeanleitung.
- Weitere informationen bekommt ihr auf der >> Seite von Schöffel <<
Beginner To 9a In 4 Years – Martina Demmel
In der Im letzten Teil der Video Reihe >> Living Legends << traf sich Epic TV mit der jungen Oberbayerin Martina Demmel, die einen durchaus kometenhaften Aufstieg in der Kletterszene hingelegt hat. Martina begann im Alter von 15 Jahren mit dem Klettern, und 4 Jahre später gelang ihr die Wiederholung von Joe-Cita (9a) in Siurana und bekam schon eine der seltenen Chancen auf eine Interview mit kletterszene.com.