Jernej und Julija Kruder gewinnen den Red Bull Dual Ascent 2023
Der Red Bull Dual Ascent fand zum zweiten Mal am imposanten Verzasca-Staudamm statt. Die spektakuläre Kulisse befindet sich im atemberaubenden Verzascatal in unmittelbarer Nähe des Lago Maggiore in der Südschweiz, umgeben von einigen der besten Boulder- und Klettergebieten Europas.
In einem spannenden Finale sicherten sich die slowenischen Geschwister Jernej und Julija Kruder den Sieg über den Titelverteidiger Alberto Ginés López und seine ukrainische Teamkollegin Jenya Kazbekova. Der Sieg der Geschwister Kruder markierte den Höhepunkt eines intensiven Wettbewerbs, der die Athleten durchaus an ihre Grenzen brachte.
Petra Klingler und Louna Ladevant gewinnen das kleine Finale
Die Schweizerin Petra Klingler und ihr Französischer Teamkollege Louna Ladevant machen vor dem Startschuss des kleinen Finals keinen Hehl aus ihrer Strategie:
Wir riskieren alles.
Dass sie es ernst meinen, zeigten sie auf den ersten beiden Seillängen, die sie in Rekordtempo durchstiegen. Ihre Kontrahenten Domen Škofic und Vita Lukan legen unbeeindruckt ein ähnliches Tempo an den Tag. Nach 12 Minuten haben beide Teams bereits zwei Seillängen hinter sich gebracht. In diesen Tempo kletterten die beiden Teams bis zum vierten Stand. Dort zeichnen sich erste Ermüdungserscheinungen ab: Louna massiert Petras Unterarme und auch Vita versucht den aufkommenden Pump abzuschütteln. In der fünften Seillänge drückt die Slowenin nochmals deutlich aufs Gas. Kurz vor dem Umlenker liegt sie deutlich vorne.
Doch dann rutscht ihr Fuss und sie fällt vom grossen Volumen. Kaum abgelassen, steigt sie gleich wieder in 7c+ Seillänge ein. Domen Škofic veranstaltete in der fünften Seillänge eine regelrechte Aufholjagd und erreichte nur eine Minute nach Louna Ladevant den letzten Stand. Bis zum Ausstieg vermag er diesen Rückstand gar in einen 15-sekündigen Vorsprung zu drehen. Vita Lukan nimmt die sechste Seillänge als erste in Angriff, gekennzeichnet von den Anstrengungen der Extrarunde in der Fünften. Immer weiter zieht es ihre Ellbogen hoch – Ein unverkennbares Indiz für maximalen Pump. Wenig später kann sie sich nicht mehr in der Wand halten und fällt raus. Petra Klingler weiß als jahrelange Wettkampfkletterin aus dieser Situation Profit zu schlagen und kämpft sich Zug um Zug nach oben. Nach einem ausgiebigen Schüttler springt sie in die Schlüsselstelle und kann mit letzter Kraft den Schwung abfangen. Es ist geschafft, sie und Louna gewinnen Bronze.
Zwei spektakuläre Aufholjagden
Für die Zuschauer bleibt wenig Zeit, sich von diesem Mega-Duell zu erholen. Mit Jernej und Julija Kruder sowie Alberto Ginés López und Jenya Kazbekova stehen die Finalisten am Fusse des Staudamms, bereit für den Sieg alles zu geben. Dieser liegt für die beiden Teams zu diesem Zeitpunkt genau 344 Klettergriffe entfernt. Auf den ersten zwei Seillängen klettern beide Seilschaften schnell und dynamisch. Nach 10 Minuten 45 Sekunden steigt Jenya Kazbekova bereits in die dritte und längste Seillänge ein und dies, ohne zu pausieren. Am weiten Dynamo nach rechts folgt der Schock: Sie kann die Griffe nicht halten und fliegt aus der Wand. Was dann folgt, ist eine Ausdauer-Demonstration sondergleichen: Ohne zu pausieren steigt Jenya erneut in die Seillänge ein und klettert bis zum Umlenker durch. Als Alberto nachsteigt, liegt er nur 16 Meter hinter Jernej Kruder. Seine Aufholjagd setzt er in der vierten Seillänge fort, sodass sich vor der zweitletzten Seillänge beide Teams gleichauf sind. Jenya klettert als erste weiter und meistert die erste Schlüsselstelle ohne Probleme. Julija steigt mit deutlichem Rückstand in die fünfte Seillänge ein. Doch dann rutscht Jenyas Fuss unerwartet und sie legt einen gewaltigen Abflug hin.
Es folgt eine zweite spektakuläre Aufholjagd. Alberto erreicht die Ausstiegsplattform nur wenige Sekunden vor Jernej. Wie schon im kleinen Finale haben es die Kletterinnen in der Hand.
Beide kommen sturzfrei bis zum finalen Dynamo kurz unterhalb des Ausstiegs. Jenya probiert ihn als erstes und hält den Griff, Julija kurz stürzt bei ihrem Versuch. Die Sache scheint gelaufen. Doch wenige Sekunden später fällt Jenya überraschend aus der Wand und das nur wenige Zentimeter vor dem letzten Griff. Ihre Kraftreserven sind ausgeschöpft. Sie entscheidet sich für den Strafpunkt und steigt spontan zu Alberto aufs Podest. Sie lässt sich eine gute Viertelstunde Zeit, bevor sie die 8b-Seillänge ein letztes Mal in Angriff nimmt. Kontrolliert arbeitet sie sich hoch, bis sie erneut unter dem Dynamo steht und diesen wenig später souverän überwindet. Die Geschwister Kruder besiegen Vorjahressieger Alberto Ginés López und Jenya Kazbekova in einem epischen Finale, das die zweite Ausgabe des Red Bull Dual Ascents fast schon Kultstatus verleihen könnte.
- Jernej Kruder (SLO) and Julija Kruder (SLO),
- Alberto Ginés López (ESP) and Jenya Kazbekova (UKR),
- Petra Klingler (SUI) and Louna Ladevant (FRA),
- Domen Škofic (SLO) and Vita Lukan (SLO),
Video-Link: https://youtu.be/dOqKLVPiUDo