Janja Garnbret gewinnt erneut, Adam Ondra holt sich nach Bronze beim Bouldern Gold im Lead 


Tag 2 der Medaillenentscheidungen der Kletter-EM in München: Auch am Sonntag kamen trotz brütender Hitze erneut etwa 5000 kletterbegeisterte Zuschauer zum Königsplatz, sie sahen ein extrem spannendes Boulder-Final bei den Damen. Hannah Meul vom Team Germany holte sich vor heimischem Publikum, das sie frenetisch feierte, Silber. Bei den Herren gewann Adam Ondra in einem schnellen Finale hauchknapp vor dem Slowenen Luka Potocar.

Harsche Kritik am Routenbau des Boulderwettkampfs kam mittlerweile von Athletenseite. Der Deutsche Yannick Flohé bezeichnete diesen gegenüber der dpa als „Scheiße“.

Bouldern Damen

Hannah Meul ging auf die Knie, sie lächelte strahlend – und vergönnte ihren Fans, die sie während des Finales unglaublich gepusht hatten, eine kleine Abkühlung mit der Wasserpistole. „Ich bin unendlich dankbar für diese Riesenparty. Es hat mir Flügel gegeben.“ Das Finale sei „atemberaubend, überwältigend und einfach gigantisch“ gewesen. „Es ist einfach unglaublich, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“, sagte Deutschlands derzeit beste Kletterin. „Ich habe jede Minute an der Wand und auf der Matte genossen.“ Es sei super aufregend, sich Europameisterschafts-Silbermedaillengewinnerin zu nennen. „Es ist verrückt. Es hört sich unglaublich an und ist bei mir noch gar nicht richtig angekommen.“Dass sie mittlerweile zur absoluten Weltspitze gehört, hat die 21-Jährige am Sonntag mit dem Gewinn der Silbermedaille sehr deutlich bestätigt. In der laufenden Weltcup-Serie konnte Hannah bereits zwei Silbermedaillen feiern. Im Finale in München holte sich Janja vor Hannah mit 2 Tops und 4 Zonen zwar erneut Gold, aber die „Queen“ lieferte nicht – so wie von ihr gewohnt – gnadenlos ab.

Im ersten Boulder, den nur Hannah und die drittplatzierte Oriane Bertone aus Frankreich toppen konnten – struggelte die Slowenin am Start, sie erreichte „nur“ die Zone. Bei diesem musste man zunächst auf zwei riesigen 

Volumen aufzustehen, um dann mit viel Gleichgewichtsgefühl den Minigriff in der Platte zu erreichen. Den zweiten Boulder toppte Janja dann allerdings wieder als einzige Finalistin, und das sogar im Flash, sie zeigte erneut, was sie für ein unglaublich hohes Kraftpotenzial hat. Er bot einen sehr harten Einstieg, bei dem die Kletterinnen absolut aufgespannt und ohne Tritt mit der rechten Hand überkreuzt zu einem Slopergriff ziehen mussten. Nur die Französin Fanny Gibert erreichte hier noch die Zone. Den senkrechten dritten Boulder toppten dann wieder sowohl Janja als auch Hannah – beide im Flash. Den vierten Boulder, bei dem zunächst am Startgriff Schwung geholt werden musste, um zum nächsten Griff zu springen, sah dann wieder kein Top. Die Zone aber reichte bereits Janja für Gold – und Hannah für Silber. Oriane, die erst 17-jährige Französin, konnte zwar so wie auch Hannah 2 Tops und 3 Zone für sich verbuchen, brauchte dafür aber mehr Versuche – und belegte Platz 3. 

Today was tough“, sagt Janja nach dem Wettkampf. „I started off pretty badly with the first boulder, not doing it, but I didn´t panic. I just said to myself, ´look, you have three boulders in front of you, anything can happen´ and I continued to have fun.

Lead Herren

Nach nur 45 Minuten war dieses Finale vorbei, es war eine sehr schnelle Runde. Für die Finaltour brauchten die acht Starter vor allem Bizeps und Körperspannung. Nach einem eher traditionell geschraubten Halbfinale überlegten sich die Routesetter für diese Runde eine boulderlastige Route, mit Sprüngen, Kompressionszügen und Kopfüber-Passagen. Zwei deutsche Herren – Yannick Flohé und Alexander Megos – hatten den Sprung ins Finale geschafft, beide galten als Favoriten. Yannick war als dritter Starter an der Reihe, er kletterte flüssig, ihm schien die Tour zu liegen. Jeder Zug nach oben wurde von den Zuschauern frenetisch bejubelt. Bei 29+ war dann aber für den 23-Jährigen Schluss, er konnte einen offenen Untergriff nicht halten. Alex startete nach ihm, er überkletterte diese Passage, beim Hochziehen zu einem auf ein Volumen geschraubten Minigriff verfehlte er diesen aber ganz knapp – Sturz bei 30+.

Zu diesem Zeitpunkt belegte Alex noch Platz 1, Yannick Platz 2. Aber vier Finalisten warteten noch auf ihren Start, und alle vier kamen höher als die beiden. Alberto Ginés López (Spanien) setzte mit 35+ eine neue Bestmarke, die von Luka Potocar (Slowenien) dann gleich noch einmal verbessert wurde: er kämpfte sich bis 37+ hoch. Auch der Tscheche Adam Ondra kletterte bis zu diesem Zug. Laut Reglement würde nun eigentlich die Platzierung im Halbfinale über das Ranking entscheiden. Doch auch dort hatten beide die gleiche 

Wertung, wegen seiner kürzeren Kletterzeit in der Finaltour schob sich Adam vor Luka. Als letzter Starter betrat der Weltmeister Jakob Schubertdie Bühne. Er hatte im Vorfeld bereits gesagt, dass er sich im Lead eine Medaille holen wolle. Würde ihm das gelingen? Jakob kletterte zunächst stark, er ließ einige knifflige Stellen leicht aussehen. Doch dann passierte es. Er fiel bei Zug 34+, was Platz 4 bedeutete. „Ich habe gleich gewusst, wo ich die Medaille liegengelassen habe. Bei einer Stelle habe ich einfach zu lange für die Lösung gebraucht und dadurch zu viel Kraft verbraucht. Im Klettern, vor allem im Vorstieg, geht es um Effizienz. Sobald einem solche Fehler unterlaufen, klettern man plötzlich fünf Züge weniger weit“, sagte Jakob nach dem Finale. „Es ärgert mich, dass ich die Stelle nicht gut gelöst habe. Vielleicht war ich auf dieser Finalroute auch insgesamt nicht ganz so fit, die drei vorne haben es sich verdient und waren in dem Moment einfach besser.“ Die drei waren Adam, der Gold, Luka, der Silber und Alberto, der Bronze gewann.

 Mit der Goldmedaille im Leadklettern habe ich mein Saisonziel erreicht. An diesen Wettkampf werde ich mich noch lange erinnern. München war super,

sagte Adam kurz nach seinem Sieg

Kritik am Boulder-Routenbau

Deutschlands derzeit erfolgreichster Kletterer, Yannick Flohé, hat den Routenbau beim Boulder gegenüber der dpa heftig kritisiert: „Das war ein einziger Haufen Scheiße„, sagte er. Yannick war am Samstag überraschend in seiner Paradedisziplin im Halbfinale gescheitert, er schaffte nicht den Sprung ins Finale. Im Halbfinale hätte ein Boulder komplett rausgeschraubt werden können, weil diesen keiner getoppt habe, sagte Yannick. Auch im Finale habe es einen Boulder gegeben, bei dem die Athleten nicht einmal zum Zonengriff kamen. Die Finalboulder kritisierte er als zu schwierig und teilweise „nicht wettkampftauglich“. Alex Megos sagte gegenüber dpa: „Die gesamte Boulder-Runde war einfach zu schwer geschraubt.“

Ergebnisse der Europameisterschaft in München

Damen Bouldern:

1. Janja GARNBRET  • SLO 
2. Hannah MEUL   • GER 
3. Oriane BERTONE  • FRA 

4. Chloe CAULIER   • BEL 
5. Eliska ADAMOVSKA  • CZE 
6. Fanny GIBERT   • FRA 
7. Ayala KEREM   • ISR 
8. Jessica PILZ  • AUT 
9. Camilla MORONI  • ITA 
10. Vita LUKAN   • SLO 

13. Petra KLINGLER  • SUI 

16. Alma BESTVATER  • GER 
17. Franziska STERRER  • AUT 
18. Stasa GEJO • SRB 

23. Roxana WIENAND  • GER 

25. Afra HÖNIG  • GER 

27. Sandra LETTNER  • AUT 

29. Eva-maria HAMMELMÜLLER  • AUT 

31. Johanna FÄRBER  • AUT 

40. Leonie LOCHNER  • GER 

44. Andrea KUEMIN  • SUI 

48. Sofya YOKOYAMA  • SUI 

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Herren Lead:

1. Adam ONDRA  • CZE 
2. Luka POTOCAR  • SLO 
3. Alberto GINÉS LÓPEZ  • ESP 

4. Jakob SCHUBERT  • AUT 
5. Alexander MEGOS  • GER 
6. Yannick FLOHÉ  • GER 
7. Domen SKOFIC  • SLO 
8. Filip SCHENK  • ITA 
9. Sascha LEHMANN  • SUI 
10. Martin STRANIK  • CZE 

25. Nino GRÜNENFELDER  • SUI 

28. Mathias POSCH  • AUT 

30. Philipp MARTIN  • GER 

33. Stefan SCHERZ  • AUT 

37. Nicolai UZNIK  • AUT 
38. Sebastian HALENKE  • GER 

50. Georg PARMA  • AUT 
51. Dimitri VOGT  • SUI 

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Europameisterschaft Livestream Zeiten

https://www.youtube.com/watch?v=Uz2qTjF6TWs
  • Credits Text Gudrun Regelein f. kletterszene.com
  • Credits Fotos Philipp Gueland/ Munich 2022
  • Beitragsdatum 15. August 2022