James Pearson schlägt für Bon Voyage den Grad E12 vor

James Pearson hat längst bewiesen, dass er ein herausragender Kletterer ist.
Im Februar 2023 hatte er sein langjähriges Trad-Projekt in Annot (Frankreich) durchstiegen und es „Bon Voyage“ getauft.
Mit dem Vorschlag seiner Bewertung für die Schwierigkeit der außergewöhnlichen Linie hielt er sich allerdings zurück. Bis jetzt!
Warum es den Briten einiges an Überwindung gekostet hat die E12, den härtesten britischen Grad zu vergeben?
Weil es nicht sein erstes Mal ist.

15 Jahre ist es her, da kletterte der gerade 38 gewordene „The Walk of Life“, einer Erstbegehung, an der Nordküste von Devon im Vereinigten Königreich. Sein Bewertungsvorschlag: E12.
Der darauffolgende Medienrummel war groß, James wurde in das Aushängeschild einer neuen Generation britischer Kletterer und wurde nicht nur für sein Können am Fels, sondern auch für seine Tapferkeit und seinen Mut gefeiert.

Direkt oder indirekt, indem ich den bis dato nicht vergebenen Schwierigkeitsgrad von E12 vorgeschlagen hatte, habe ich für alle hörbar geschrien, dass dies die schwierigste Trad-Route ist, die jemals geklettert wurde.

James Pearson

Als damals der schottische Kletterer Dave MacLeod, der Erstiegener zwei der schwersten Routen seines Heimatlandes The Walk of Life wiederholte, erklärte er, dass die Route seiner Meinung nach näher am E9 liegt als der E12. 

Jame Pearson

Das Trad-Klettern in Großbritannien wird von sehr hohe Standards bestimmt. Beginnend bei der Ethik des hakenlosen Ansatzes bis hin zu der Tatsache, dass an den berühmtesten Wänden häufig unangemessen niedrige Schwierigkeitsgrade vergeben werden, so dass die Routen vortäuschen, einfacher zu sein, als sie tatsächlich sind.
Die Zurückhaltung bei der Vergabe der zweiten E12 seines Lebens ist also durchaus nachvollziehbar.

Jame Pearson

Damals Anfang der 2000er herrschte eine Zeit der Popkultur mit ganz anderen sozial akzeptierten Regeln. Während wir oft nostalgisch auf vergangene Jahrzehnte zurückblicken, waren die 2000er Jahre eine Zeit, in der es in Ordnung war, Menschen öffentlich zu demütigen, zu beschämen oder sozial zu manipulieren… Fernsehsendungen wie THE BIGGEST LOSER, THE MOMENT OF TRUTH oder THERE’S SOMETHING ABOUT MIRIAM liefen rauf und runter.

Jame Pearson

Sponsorenverträge standen auf der Kippe, das Image des gefeierten Kletter-Wunders war im Eimer, James musste sich neu erfinden. Das tat er, reflektierte tief über sich selbst, sein Ego, lernte seine heutige Partnerin Caro kennen, arbeitete an seinen Schwächen.

Ich weiß, dass ich nicht mehr derselbe Kletterer bin, nicht einmal mehr derselbe Mensch wie vor 15 Jahren. Ich bin Ehemann, Vater und habe Hunderte von schwierigen Routen auf der ganzen Welt geklettert, und doch bin ich irgendwie immer noch derselbe Junge, der über ein Stück Felsen spricht und und nach Zustimmung fragt.
Ich weiß, dass am Ende des Tages das einzig wirklich Wichtige ist, dass ich viel Spaß beim Klettern an einem fantastischen Stück Fels hatte! Ich weiß all diese Dinge, aber die Vergangenheit verfolgt mich immer noch.

Jame Pearson

Während der Herbstsaison bekam James in Annot von Jacopo Larcher, Sébastien Berthe und Ignacio Mulero Gesellschaft, die alle einige Zeit in der Route verbracht haben.
Unter Berücksichtigung ihres Feedbacks, auch wenn es keine zweite Begehung gab, wagte James schließlich, es auszusprechen.

Ich weiß auch, dass ein Leben, in dem man etwas tut, das man liebt, ein unglaubliches Geschenk ist, und ich werde nie aufhören, dafür zu kämpfen. Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich merke, dass ich mutig sein muss, und dass ich meine Gefühle zeigen muss, auch wenn das Risiko besteht, dass ich verletzt werde…
Bon Voyage – Ich glaube, es könnte E12 sein.

Jame Pearson

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Video-Link: https://youtu.be/j1wxrpEQxhM?si=qpyD5lqiO3xH7BFo

  • Credits Text Hanna Rexer f. kletterszene.com
  • Credits Fotos Mono Raph Fourau
  • Beitragsdatum 16. Dezember 2023