Internationale Expedition mit Hansjörg Auer, Iker und Eneko Pou und Ben Lepesant eröffnet 4 neue Routen auf Baffin Island

Unter der Führung des Österreichers Hansjörg Auer und der spanischen Brüder Iker und Eneko Pou gelungen ist, ein neues Kapitel in der Geschichte des Kletterns zu schreiben: Die Expedition eröffnete vier neue Routen im „Perfection Valley“ auf Baffin Island/East Coast, einer extrem verlassenen Gegenden, die bislang nur von Wissenschaftlern besucht wurde. Eine der Routen, „The Door“, bewerteten sie mit 8b. Sie ist vermutlich somit die schwierigste Freikletterroute in der Arktis.

Hansjörg Auer beschreibt die Gegebenheiten vor Ort folgendermaßen:

Freeclimbing an der Ostküste von Baffin Island ist bis jetzt (c) Ricky Felderer _ The North Facenoch recht unpopulär, weil es dort drei Schwierigkeiten gibt: Erstens ist der Fels dort nicht immer so gut wie an anderen Orten und nur wenige Wände bieten guten Kletterbedingungen, da viele z.B. nicht genug offensichtliche Freikletterstrukturen haben. Zweitens ist auch das Base Camp schwierig einzurichten, da die mit Eis überzogene Meeresoberfläche im arktischen Sommer schmilzt. Um aber die perfekte Kombination aus warmen Temperaturen und geringer Niederschlagsmenge zu haben, müssen die Monate Juni und Juli genutzt werden. Drittens und letztens: Wasser in den Wänden. Viele Gipfel und Türme sind mit Eis bedeckt. Die Schmelzwasser-Rinnsale bahnen sich ihren Weg natürlich über die direkten Linien nach unten.“

„Belly Tower“ und „The Door“, die schwierigste neue Routen

Nachdem die Kletterer aufgrund des schlechten Wetters 22 Tage im Base Camp zubringen mussten, konnten sie eine Erstbegehung am unbestiegenen „Belly Tower“ klettern. „Es war unsere erste Chance und die Route sah gut aus – coole Wand, erstklassige Seillänge“ sagt Eneko Pou. Das gesamte Team schloss die 16 Seillängen von „The Door“ ab – Hansjörg Auer und Iker Pou befreiten dabei die schwierigste Seillänge im Grad 8b. Vermutlich die schwierigste Freikletteroute von Baffin Island.

Drei weitere neue Routen: „Hotel Gina“, „Hotel Monica“ und „Levi is coming“

(c) Matteo Mocellin _ The North FaceFünf Tage später gelang es der Expedition weitere Routen an der „White Wall“, dem Berg direkt hinter dem Base Camp, zu eröffnen: Nach sechseinhalb Stunden erreichten Auer, der belgische Kletterer Ben Lepesant und Kameramann Matteo Moccelin den Gipfel von „Hotel Gina“, einer 320 Meter langen Route im Schwierigkeitsgrad 6b+. Die Pou Brüder und der zweite Kameramann Ricky Felderer eröffneten dort zur selben Zeit „Hotel Monica“ (ebenfalls 320 m, 6b+). „Wir sind ziemlich sicher, dass wir die ersten Menschen auf diesem Gipfel waren“, kommentiert Hansjörg Auer.

50 Tage nach ihrer Abreise, brechen Hansjörg und die Pou Brüder auf, um eine vierte Route am Mount Cook, dem zweitnächsten Berg der Gegend, zu eröffnen. Nach einem Zustieg über ca. 1.100 Höhenmeter und einer Gletscherüberquerung, erreichten sie den Fuß der Felswand. Nur 3 Stunden und 50 Minuten später, standen sie am Ausstieg „einer der schönsten Routen, die wir je eröffnet haben. Jede Seillänge war traumhaft und wir hatten beste Sicht bei der Entscheidung, welcher Line wir folgen sollten. Wir haben die Route ‚Levi is coming’ (420m, 6b+) getauft – zu Ehren unseres Guides Levi, der uns wieder sicher aus dem Perfection Valley zurück holte“, erzählt Eneko strahlend.

Nur drei Tage später wurde das Team(c) Matteo Mocellin _ The North Face von den Inuit abgeholt, die die Expeditionsteilnehmer wieder zurück in die Zivilisation brachten. Die Pou Brüder dazu: „Wir mussten lange die schlechten Wetterbedingungen abwarten und sind alle sehr erschöpft. Die letzten zehn Tage ernährten wir uns sogar nur von Suppe und rationiertem Essen, weil wir nicht genau wussten wann wir das Valley verlassen könnten. Nun haben wir einen der wildesten und unberührtesten Flecken der Erde gesehen und überlebt – eine unglaubliche Erfahrung!

Text: Nicole Trojer, kletterszene.com Foto: The North Face

  • Beitragsdatum 10. September 2012