Grünten – DAV kritisiert Ausbau
Nach den Planungen einer Unternehmerfamilie aus der Region soll das bestehende, seit zwei Jahren allerdings stillgelegte Skigebiet am Grünten umfassend modernisiert und für den Sommerbetrieb ausgebaut werden. Geplante Investitionssumme rund 30 Millionen Euro. Der DAV lehnt dieses Vorhaben nicht kategorisch ab, sieht es jedoch in mehreren Punkten sehr kritisch.
Der Grünten ist ein markanter, 1738 Meter hoher Berg, der isoliert den Allgäuer Alpen vorgelagert ist und daher als „Wächter des Allgäus“ gilt. Seit jeher ist er beliebtes Ziel für Wintersportler, Wanderer, Kletterer, Mountainbiker und andere Outdoor-Sportlerinnen und –Sportler. Gleichzeitig ist der Grünten aber auch ein Landschaftsschutzgebiet und im Gipfelbereich als europäisches FFH-Gebiet geschützt. Das auch von Teilen der einheimischen Bevölkerung gerne besuchte Skigebiet liegt auf seiner Nordseite in einer Höhenlage zwischen 875 m und 1640 m. Durch Schneemangel und zu geringe Nachfrage rentierte sich das Pistenskifahren in den letzten Jahren nicht mehr, so dass die Lifte seit 2017 stillstehen. Das Skitourengehen erlebte am Grünten seither einen steilen Aufschwung. Der Grünten ist derzeit von Erholungssuchenden ganzjährig gut besucht – auch ohne Lift.
„Walderlebnisbahn“ im Sommerbetrieb
Geplant ist nun, das Skigebiet zu modernisieren: Sieben alte Lifte mit Dieselantrieb sollen durch drei neue elektrisch betriebenen Anlagen ersetzt werden. Die vorhandene Beschneiungsanlage soll ausgebaut werden, so dass die Pisten zumindest zwischen Berg- und Mittelstation flächig beschneit werden können. Zudem ist eine neue Winter-Rodelbahn geplant. Für den Sommerbetrieb ist eine „Walderlebnisbahn“ (Rollglider) vorgesehen. Dazu soll eine etwa drei Kilometer lange Stahlkonstruktion in zwei parallel verlaufenden Strängen durch den Wald von der Berg- zur Talstation geführt werden. Daran soll man in unterschiedlichen Geschwindigkeiten (mit ca. 15 oder 50 km/h) an Gurten hängend talwärts gleiten können. Bergauf geht es in Zehnerkabinen der neuen Gondelbahn, die ganzjährig betrieben werden soll. Die alte Grüntenhütte soll einer neuen Hütte weichen, die Kapazität des Parkplatzes an der Talstation auf 650 Stellplätze verdoppelt werden.
Kein zweites Riedberger Horn
Der Deutsche Alpenverein steht diesen Planungen sehr kritisch gegenüber, auch wenn einige Aspekte des Vorhabens positiv zu bewerten sind. Fest steht, dass das betroffene Areal nicht über das bereits erschlossene Gebiet hinausreichen wird. Im oberen Teil soll es sogar mit dem Abbau des Gipfelliftes eine Verkleinerung der Pistenfläche geben. Somit ist die geplante Erschließung am Grünten nicht mit den ursprünglichen Plänen einer Skigebietsverbindung am Riedberger Horn zu vergleichen, die ja bekanntlich nicht mehr weiter verfolgt werden.
Aus Sicht des DAV ist die geplante„Walderlebnisbahn“ eine Infrastruktur, die nicht in einer Bergregion gebaut werden sollte. Erlebnisinstallationen dieser Art in den Bergen, bei denen die Landschaft zur Kulisse wird, lehnt der DAV ab. Doch gerade auf diese Anlage setzt die Unternehmerfamilie. Vor allem sie soll den erhofften Gewinn des gesamten Erschließungsvorhabens erwirtschaften. Sehr kritisch sieht der DAV den Ausbau des Winterskibetriebes incl. dem Ausbau der technischen Beschneiung mit Bau oder Erweiterung eines Beschneiungsteichs in einer Höhenlage von dann maximal 1500 Metern über dem Meer. Dies v.a. angesichts der zu erwartenden weiteren Klimaerwärmung, noch dazu an einem Berg, der den milden Westwinden besonders ausgesetzt ist. Auch die geplante Vergrößerung des Parkplatzes verbunden mit dem dann deutlich erhöhten Verkehrsaufkommen, in einer Zeit, in der CO2-Reduktion ganz oben auf Tagesordnung steht, kann der DAV nicht mittragen.
Erlebnisinstallationen konterkarieren nachhaltigen Tourismus
Mit Sorge sieht der DAV, dass mit der „Grünten-Bergwelt“ analog zur „Alpsee-Bergwelt“ – einem nahegelegenen Liftgebiet mit ähnlicher Erlebnisinstallation, die von derselben Unternehmerfamilie betrieben wird – ein weiteres spektakuläres Angebot insbesondere für Tagestouristen aus dem süddeutschen Raum geschaffen werden soll, dass die Ziele einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten touristischen Entwicklung konterkariert. Zumal bei der An- und Abreise der potentiellen Gäste ganz auf den Pkw-Verkehr gesetzt wird.
Positiv zu bewerten sind, dass ein Besucherlenkungskonzept gekoppelt mit Sanierung und Rückbau von Wegen und Pfaden Bestandteil der Planungen ist, dass in der Gastronomie verstärkt auf regionale Produkte und im Ganzen auf Familienfreundlichkeit gesetzt werden soll. Auch die alten Liftanlagen sollen abgebaut werden. Von Vorteil ist, dass die Unternehmer in der Region zu Hause sind und angeben, mit Natur und Landschaft sorgsam umgehen zu wollen. Sie versichern, dass – sollte das Vorhaben realisiert werden – Skitourengeher, Wanderer, Kletterer, Mountainbiker und alle anderen Bergsportlerinnen und Bergsportler am Grünten weiterhin willkommen sind. Dass der Grünten als attraktives Zielgebiet für naturnahen Bergsport erhalten bleibt, ist dem DAV besonders wichtig.
Zusammenfassend spricht sich der DAV für den Erhalt der ganzjährigen Erholungsmöglichkeiten in naturverträglichen Bahnen aus. Dies ist in der momentanen Planung für das Grüntengebiet nicht gegeben. Die Modernisierungen müssen zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen und dürfen nicht dazu führen, dass Bergerlebnisse künstlich inszeniert werden.
#unserealpen: Kampagne unterstützt die Einschätzungen
Am 4. Dezember 2018 starteten die Alpenvereine AVS, DAV und ÖAV die gemeinsame Kampagne „Unsere Alpen“. Sie möchten damit in einer breiten Öffentlichkeit deutlich machen, wie einzigartig, vielfältig und wertvoll die Alpen sind – und dass dieser Natur- und Kulturraum massiv bedroht ist. Am Beispiel der Pläne am Grünten zeigt sich einmal mehr, wie wichtig diese Kampagne ist. Wer die Kampagne unterstützen möchte, kann dies zum Beispiel auf Instagram tun und unter #unserealpen ein Bild sowie seinen Kommentar posten.