Erste Barfuß-9A: Charles Albert begeht Boulderprojekt L’Ombre du Voyageur

Wir kennen ihn als zurückgezogenen Gesellen, der immer mal wieder in Bouldergebieten auftaucht und ohne Schuhe die härtesten Blöcke wegzieht, die es so gibt: Charles Albert aka „Barefoot Charles“ hat bereits mit Barfuß-Begehungen von schweren Linien wie Délire onirique (8C) oder No kpote only (8C+/9A), aber auch mit irrwitzigen Aktionen wie der Rainbow Rocket-Wiederholung ohne Crashpads (!) für Aufsehen gesorgt.

Am 18. Oktober gelang dem Franzosen nun die Begehung seines Langzeit-Boulderprojekts in Salève nahe der Schweizer Grenze, das den Namen L’Ombre du Voyageur trägt – und die legendäre Schwierigkeit 9A. Es ist Charles‘ zweiter Vorschlag in diesem Grad für einen Boulder dessen Erstbegehung ohne Kletterschuhe stattfand.

Hello, I’m happy to announce my long term crack project is done, it is now „L’ombre du voyageur“ 9A/V17.

Charles Albert via Grimper Magazine auf Instagram

4 Jahre harte Arbeit

L’Ombre du Voyageur („Der Schatten des Reisenden“) liegt in einer Höhle unweit des Mont Salève, der wiederum nur sechs Kilometer von Genf entfernt ist. Die Linie folgt einem etwa zehn Meter langen Deckenriss der Höhle und wurde vor langer Zeit vom Schweizer Urgestein Elie Chevieux entdeckt, der damals sogar schon einen 7A-Boulder am Höhlenausgang definierte.

Über Umwege gelang die nicht ganz so geheime Höhle schließlich zu Charles Albert, der von dem Deckenriss sofort angefixt war. Nach einigen Abstechern nach Salève eröffnete Charles 2019 mit Voyageur Face à la Mer de nuage (8B) eine erste schwere Linie im letzten Drittel des Risses. Die darauffolgenden Jahren reiste der Franzose immer wieder in den Osten des Landes, um an der einen Linie zu arbeiten, die den ganzen Riss abdeckt: L’Ombre du Voyageur.

Diesen Oktober, vier Jahre nach den ersten Versuchen im Projekt, fügten sich alle Puzzleteile zusammen und Charles gelang der Durchstieg.

Eine Frage der Hilfsmittel?

Dass L’Ombre zu den weltweit schwersten (Riss-)Bouldern gehören dürfte, ist klar. Unklar ist die Antwort auf die Frage, die sich seit Charles‘ News zwangsläufig stellt: Inwiefern ändert sich die Schwierigkeit des Boulders, wenn der bzw. die Kletter*in dabei Schuhe trägt? Ist der Grad 9A wirklich gerechtfertigt?

Seine Herangehensweise macht Charles Albert innerhalb der Outdoor-Boulderelite zum Außenseiter und Pionier, aber vor allem zu einem sehr besonderen Einzelfall bei der Erschließung von Linien, die an die Grenzen des Menschenmöglichen gehen. Der 26-Jährige verzichtet in seinem minimalistischen Stil außerdem nicht nur auf Schuhe, sondern auch auf Kniepads – die bei Rissen eine unbestreitbar große Hilfe sind.

Trotzdem ist sich der gebürtige Bleausard sicher: Diese Linie ist schwerer als alles, was er bisher geschafft hat. Um nicht zuletzt auch potenzielle Wiederholer*innen zu motivieren, entschied sich Charles also für die Bewertung 9A auf der Fb-Boulderskala (anstelle einer Routenbewertung, wie wir es manchmal bei längeren Bouldern sehen). Wir sind unglaublich gespannt, wie es mit diesem ganz besonderen Boulder weitergeht.

Die ganze exklusive Story über Charles und L’Ombre du Voyageur (9A) veröffentlichte das Grimper Magazin.

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Video-Link: https://youtu.be/cVSC9vIb-PU?si=LJQS2WmrVDakPPN2

  • Credits Text Julia Gürster f. kletterszene.com
  • Credits Fotos KS.com /Archiv, Mellow
  • Beitragsdatum 14. November 2023