Martina Demmel klettert Klondike Cat (11-

Die jungen Wilden im Interview [ Martina Demmel ]

Erst vor gut drei Jahren begann Martina Demmel zu klettern. Eine Freundin nahm sie damals mit in die Halle. Inzwischen hat die 18-jährige Oberbayerin, die bis zu ihrem 15. Lebensjahr Skirennen fuhr, eine beeindruckende Ticklist: In diesem Mai kletterte sie ihre erste 8c („Odd Fellows“) in Franken. Das war ihr aber offensichtlich nicht genug, in den folgenden Tagen kamen noch ein paar andere 8c´s und 8b´s („Roof Warrior“ (8c), „Cross the universe“ (8b+), „King of the Bongo” (8c), „Cringer“ (8b+), „Battle Cat“ (8c)) dazu. Mittlerweile konnte sie sechs 8c´s klettern und projektiert mit Shangri-la im Schlaraffenland gerade ihre erste 8c+. Die Einzelzüge hat sie schon drauf, hat aber im Durchstieg noch einige Hänger. „Momentan ist es zu warm für diese Tour – wahrscheinlich probiere ich sie erst im Herbst wieder richtig“, sagt Martina. Ob es wirklich noch so lange dauert? Schaun mer mal…

Ks.com: Vor etwa einem Jahr hast du gesagt, eine 8c zu klettern, wäre für dich ein großer Traum. In diesem Frühjahr war es soweit. Was hast du dir in diesem Moment gedacht?

Martina Demmel: Also, dass es so schnell geht mit meiner ersten 8c, hat mich echt selber überrascht. Was ich mir gedacht habe? Was nun als Nächstes kommt. Wenn man sein Ziel erreicht hat, steigt automatisch die Erwartung.

Martina Demmel klettern Klondice Cat 8c Frankenjura

Bei der einen 8c ist es damals nicht geblieben – du hast in den folgenden Tagen noch ziemlich abgeräumt. Lief es damals einfach richtig gut?

Nach der ersten 8c hatte ich ja mein Ziel erreicht. Dann dachte ich mir, ich schaue mir eine neue Tour an… und das lief dann unerwartet schnell ziemlich gut. Also so richtig erklären kann ich das ehrlich gesagt auch nicht. Vielleicht lag es ja auch daran, dass ich wegen Corona nicht wie eigentlich geplant im Ausland unterwegs war, sondern in Franken bei meinem Freund war. Und da hatte ich keinen Druck, eine Tour zu klettern, weil ich ja wusste, da komme ich auf jeden Fall wieder hin.

Du hast erst vor drei Jahren mit dem Klettern begonnen. Wie schafft man es, so schnell so gut zu werden?

Zu Beginn habe ich vor allem Verschneidungen gemacht, die gefallen mir. Ich habe aber nie gesagt, etwas ist nicht mein Style, das mache ich nicht. Sondern ich habe versucht, alles zu probieren, an meinen Schwächen zu arbeiten und möglichst breit aufgestellt zu sein. Und ich bin viel im Onsight geklettert: ich habe gelernt, eine Tour schnell zu lesen und schneller durchsteigen zu können.

Früher hast du Skifahren als Leistungssport gemacht, heute kletterst du 8c´s am Fließband. Hast du dir das alles hart erarbeitet, oder bist du einfach ein Riesen-Talent?

Hart erarbeitet nicht. Ich habe mir nie so viele Erwartungen gemacht, vielleicht lief es auch deshalb so schnell so gut. Ich hatte einfach immer total viel Spaß am Klettern. Am Anfang hatte ich keine Kraft, war aber ziemlich beweglich und habe viel mit den Füßen gearbeitet. Deshalb habe ich auch eine ziemlich gute Fußtechnik, hooke beispielsweise nach wie vor sehr gerne hoch an – auch wenn ich mittlerweile vieles durch Kraft ersetzen kann.

Wie trainierst du?

Im ersten Jahr war ich auch in der Halle, inzwischen klettere ich eigentlich nur am Fels. Das ist, finde ich, das beste Training. Ansonsten dehne ich viel, arbeite an meiner Beweglichkeit, mache Körperspannungsübungen und mit dem Theraband Ausgleichsübungen. Krafttraining mache ich aber nicht, ich denke, dass ich durchs Klettern genügend Kraft bekomme. Momentan läuft es damit zumindest ganz gut.

Was ist deine Stärke – und was deine Schwäche?

Meine Stärke ist das Lesen von Routen, ich bin ganz gut im Onsight-Klettern. Was mir eher schwer fällt sind Dynos – also Züge, wo man sich überwinden muss, einfach loszuziehen.

Gehst du vor allem mit Jungs zum Klettern?

Ja,  hauptsächlich sind das Jungs. Es ist halt oft so, dass mit Mädels öfter alles etwas entspannter läuft und auch mehr geratscht wird, was auch nicht schlecht ist. Jungs sind oftmals konzentrierter und fokussierter, geben mehr Gas. Und das Umfeld steckt einen natürlich an.

Dein Lieblingsklettergebiet?

Also ich hatte nach meinem Abschluss im vergangenen Jahr viel Zeit zum Klettern und habe einige neue Gebiete kennengelernt. Ceüse hat mir besonders gut gefallen, dort gibt es tolle Touren und eine Hammer-Sicht auf das Tal. Ansonsten Siurana, Arco und Ötztal. Ich hoffe, dass ich in diesem Sommer noch in einige andere Gebiete komme. Ich mag es, mit Freunden unterwegs zu sein, viele Orte zu sehen. Das Klettern ist für mich nicht nur ein Sport, es ist eine Lebensart.

Gehst du auch zum Bouldern?

Ich bin viel mehr in Lead-Klettergebieten unterwegs. Bouldern finde ich schon interessant, aber ich mache gerne mehr Meter.

Ich habe auch schon Mehrseillängentouren gemacht und Trad-Klettern ausprobiert. Das fand ich echt cool: Exen auszulassen und zu wissen, jetzt sollte man mal lieber nicht stürzen…

Liebäugelst du auch mit Plastik?

Felsklettern macht mir am meisten Spaß. Aber Wettkämpfe interessieren mich schon. Ich bin ja früher beim Skifahren auch oft bei Wettkämpfen gestartet. Aber ich würde, wenn ich die Wahl hätte, und zwischen einem Tag am Fels und einem in der Halle mit einer oder zwei Wettkampfrouten den am Fels wählen. Dafür würde ich momentan keinen ganzen Tag opfern. Ich bin Anfang Juli zu einem Lead-Lehrgang des Bundeskaders eingeladen. Mal schauen, wie mir das taugt.

Und wie geht es nun bei dir weiter?

Im Juli werde ich Zuhause jobben und dort klettern gehen: Nassereith beispielsweise, Ötztal oder andere Gebiete in Österreich. Im August und September bin ich dann in Ceüse mit Freunden unterwegs. Und danach beginne ich meine Ausbildung als Physiotherapeutin.

    Text: Gudrun Regelein f. Kletterszene, Martina Demmel 

    Foto: Christian Seitz

  • Beitragsdatum 29. Juni 2020