Der Alpinist

Während sich das Klettern zu einem absoluten Trendsport entwickelt, klettert Marc-André Leclerc allein, weit weg vom Rampenlicht. Die Besteigungen abgelegener Steilwände, die der 23-Jährige unternimmt, gehören zu den gewagtesten Solo-Touren der Geschichte. Dennoch zieht er kaum Aufmerksamkeit auf sich. Ohne Kameras, ohne Seil und ohne Spielraum für Fehler sind Leclercs Bergbesteigungen der Inbegriff des Solo-Abenteuer

Als sich die Filmemacher Peter Mortimer ( Regisseur u.a.v. Dawn Wall) und Nick Rosen daran machten, einen Film über Marc-André Leclerc zu drehen – einen der inspirierendsten, aber unauffälligsten Extremkletterer unserer Zeit – wurde ihnen schnell klar, dass der Film selbst eine wilde Verfolgungsjagd werden würde. Denn es fällt Peter schwer, mit Leclerc Schritt zu halten und zugleich werden dessen Solo-Touren immer umfangreicher und kühner.

Einige Top-Bergsteiger staunen über Leclercs Leistungen, andere hingegen sind besorgt und meinen, er gehe zu große Risiken ein. Dann begibt sich Leclerc auf ein historisches Abenteuer in Patagonien, das die Möglichkeiten des Solo-Bergsteigens neu definiert.

Anfangs hatte Leclerc Vorbehalte, Kameras in seine Welt zu lassen. Aber er war immer offen für Neues. Er selbst war von Filmen über seine Idole Alex Honnold und Ueli Steck inspiriert worden. Das war eine seiner Hauptmotivationen, um den Filmdreh zuzusagen. 

Wenn diese Leute nicht ihre Geschichten erzählt hätten, wie hätte ich dann jemals von ihnen erfahren? Warum sollte ich es also nicht weitergeben, wenn es vielleicht dazu beiträgt, dass einige Leute über den Tellerrand hinausblicken und den Traum am Leben erhalten.

so Marc-André Leclerc zu Mortimer und Rosen als Erklärung warum er bei diesem Projekt mit macht.

Auch wenn er Peter und Nick an sich heran ließ, spielte Marc-André immer noch nach seinen eigenen Regeln, und kein Filmdreh würde daran etwas ändern. Sie sollten bald lernen, wie schwer es war, ihm auf den Fersen zu bleiben. Im April 2016 gelang Leclerc eine seiner beeindruckendsten Begehungen: die Erstbegehung einer Route mit dem treffenden Namen „Infinite Patience“ am kanadischen Mount Robson. Die anstrengenden Seillängen in ausgesetztem Eis und die sich schnell ändernden Bedingungen können einen Kletterer unvorbereitet treffen. Marc-André bereitete sich intensiv, aber heimlich vor und schaffte die Besteigung, ohne die beiden Filmemacher zu informieren – nur um ihnen später zu gestehen, dass er seine Ideale nicht verraten wollte.

Doch Leclerc nahm sich dann die Zeit, die Begehung mit einem Kamerateam im Schlepptau zu wiederholen. Nachdem er bereits die Genugtuung hatte, es nach seinen Vorstellungen geschafft zu haben, war er für alles zu haben.

Bei seiner nächsten großen Besteigung – der bahnbrechenden Winter-Solo-Besteigung des Torre Egger in Patagonien – der selbst im Sommer als der härteste Gipfel der westlichen Hemisphäre gilt – ließ Leclerc das Filmteam etwas näher herankommen. Diesmal erlaubte er einem befreundeten Bergsteiger, ihn bei einem besonders anstrengenden und problematischen Solo, das noch niemand gesehen hatte, mit der Kamera zu begleiten.

Bei seiner nächsten großen Besteigung – der bahnbrechenden Winter-Solo-Besteigung des Torre Egger in Patagonien – der selbst im Sommer als der härteste Gipfel der westlichen Hemisphäre gilt – ließ Leclerc das Filmteam etwas näher herankommen. Diesmal erlaubte er einem befreundeten Bergsteiger, ihn bei einem besonders anstrengenden und problematischen Solo, das noch niemand gesehen hatte, mit der Kamera zu begleiten.

Von den Kameraleuten bis zu den Riggern war fast jeder, den wir hinzuzogen, einer seiner Kletterpartner. Man hatte das Gefühl, dass er einfach nur mit seinen Kumpels Spaß hatte. Das ist eine der Grundlagen unserer Art, Filme zu machen: Es geht um den Kletterer, nicht um uns.

sagt Peter Mortimer

Im März 2018, als die Dreharbeiten zu DER ALPINIST kurz vor dem Abschluss standen, erreichte die Filmemacher die Nachricht, dass Marc-André Leclerc in Juneau, Alaska vermisst wurde. 

Marc-André Leclerc hatte er beschlossen, mit dem erfahrenen Kletterer Ryan Johnson eine brandneue Route durch die Nordwand des Main Tower der Mendenhall Towers zu testen. Sicher ist nur, dass die beiden den Tower ohne Zwischenfälle bestiegen hatten. Leclerc postete ein seltenes Live-Foto auf seinem Instagram-Account, das scheinbar makelloses Wetter zeigte. Dann schrieb er Harrington eine SMS, in der stand, dass alles gut gegangen war. Doch danach tauchten Leclerc und Johnson nicht wie geplant in Juneau auf.

Die Bergrettung von Juneau, sucht nach Spuren der beiden Bergsteiger fand aber nur die Skier genau dort, wo sie sie am Anfang zurückgelassen hatten. Es war nun klar, dass Marc-André und Ryan nicht vollständig abgestiegen waren. 

Wir hofften gegen jede Vernunft, dass es eine wundersame Rettung geben würde. Stattdessen mussten wir acht Tage lang warten, bis das schlechte Wetter aufhörte.

sagt Mortimer.

Auf das Warten folgte eine schockierende Entdeckung: ein orangefarbenes Seil, das aus den schweren Schneemassen ragte. Was genau passiert war, wird ein Rätsel bleiben, aber man war sich einig, dass Leclerc und Johnson beim Abseilen zum Ausgangspunkt von einer Lawine erfasst worden waren. Wahrscheinlich wurden sie tief in das Innere des Gletschers geschleudert.

Leclerc war erst 25 Jahre alt.

In ihrer tiefen Trauer zogen sich Mortimer und Rosen für einige Zeit zurück um Leclercs kurzes, aber glückliches Leben und alles, was er hinterließ, zu verarbeiten. Als die Heilung langsam einsetzte, waren sich alle Beteiligten einig, dass der Film fertiggestellt werden sollte. Wie könnte man Leclercs Vermächtnis besser würdigen, als der Welt sein fröhliches Gemüt, seine Hartnäckigkeit, seine Prinzipien und seine unerschrockene Leidenschaft näher zu bringen?

  • Kinostart: Der Dokumentarfilm über den Solo-Kletterer Marc-André Leclerc – DER ALPINIST – ist ab 17. Februar 2022 im Kino.
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Video-Link: https://youtu.be/a3KNNC_OUAw
  • Credits Text ANNA RILZ / public insight OHG, Kletterszene.com
  • Credits Fotos MR FilmPressKit-online Gmbh
  • Beitragsdatum 8. Februar 2022