David Lama gibt ein Statement zu seiner Expediton am Cerro Torre
David Lama war über den Winter in Patagonien am Cerro Torre (Kompressor Route) unterwegs. Da er bei dieser Expedition wohl ein paar Bolts gesetzt hat und bei der Abreise, Material in der Route hinterließ gab es heftige Kritik aus der Bergsport– & Kletterszene. Dies war wohl auch der Grund, warum man nicht viel bzw. nichts von diesem Projekt in den Medien lesen konnte.
[Ks.com: Link zu ein paar Kritiken aus dem WWW: UK Climbing, GraveSports, Kairn, Alpinist ]
Folgendes schreibt David zu den Kritiken auf seinem Blog.…
Über die letzten Monate wurden mein Sponsor Red Bull und ich mit einigem an Kritik konfrontiert. Konkret ging es um die Filmproduktion von meinem Projekt am Cerro Torre und das Zurücklassen von Material am Berg.
Nach meinen Alpinprojekten in den Dolomiten und am Mont Blanc und den Wettkämpfen in Chamonix und Arco ist es nun höchste Zeit, ein paar Gedanken zu diesem Thema niederzuschreiben.
Ich, sowie auch alle anderen am Projekt beteiligten Personen, sind äußerst unglücklich über den jetzigen Stand der Dinge. Folgende Zeilen sollen einerseits einen Einblick in die Zukunft meines Projekts bieten, vor allem aber die Situation bis zum jetzigen Zeitpunkt aus meiner Sicht schildern, um jenen einen Einblick zu geben, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen möchten:
Im Dezmber 2008 brachte mich ein Freund auf die Idee, den Cerro Torre über die Kompressor Route frei zu klettern. Ab dem Zeitpunkte ließ mich dieser Gedanke nicht mehr los. Ganz im Gegenteil, je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr wurde dieses Projekt in meinem Kopf zu einer Art Vision.
Da so eine Expedition eine kostenspielige Angelegenheit ist, war ich froh Partner an meiner Seite zu haben, die stehts ein Ohr für meine Träume und Visionen haben. Vor allem Red Bull zeigt sich begeistert von diesem Projekt und eine hochwertige Dokumentation wurde angestrebt. Ich war begeistert über den Stellenwert der meinem Vorhaben beigemessen wurde. Sowohl Red Bull als auch ich wussten jedoch um die Schwierigkeit, die Logistik am Berg für die Produktion zu bewerkstelligen, denn ungleich zu manch anderen Shootings, würde es in diesem Terrain für mich unmöglich sein, neben meiner eigenen Kletterei auch noch an die Sicherheit der Crew zu denken. Ich war froh, dass auch Red Bull das so sah und die Sicherheit der Crew zur Aufgabe eines Bergführerteams, bestehend aus drei Personen, machte. So waren die Aufgaben klar verteilt und ich konnte mich auf meine Kletterei fokussieren – die Crew auf die Dokumentation.
Für die Bergführer war natürlich das Wichtigste die Sicherheit für das Team zu garantieren. Mir war besonders wichtig, den Berg möglichst wenig zu belasten und andere Kletterer bei ihren Versuchen nicht zu belästigen.
Es erschien unserem Lead Guide deshalb am sinnvollsten eine Fixseillinie vom Highpoint bis zum Fuß der Schulter einzurichten. Hierfür wurden oberhalb der Schulter zwölf Bohrhaken und unterhalb der Schulter vierzehn Bohrhaken gesetzt, die sich zum größten Teil weit abseits der eigentlichen Route befinden. Die bereits bestehende Abseilpiste von der Schulter war wegen Eisschlags zu gefährlich.
Die wichtigste Vorgabe an uns selbst war aber den Berg nach Abschluss der Produktion wieder sauber zu belassen. Schon während der Produktion wurden alte, von anderen Kletterern zurückgelassene Seile abmontiert, ins Tal mitgenommen und entsorgt. Mit unserem eigenen Material hätte es gleich passieren sollen. Mit viel Schlechtwetter hatten wir natürlich gerechnet, mit derartigen Neuschneemassen, dass wir es aber über ein Monat lang nicht einmal auf die Schulter schaffen würden, nicht. Aus diesem Grund wurden noch vor unserer Abreise, argentinische Guides engagiert, die unsere Fixseile und deponierten Sachen von der Schulter ins Tal holen sollten, sobald es die Bedingungen wieder erlauben. Ein Haulbag und die Bohrhaken sind alles, was nicht geborgen werden konnte. Dies wird aber auf jeden Fall in der kommenden Saison entfernt. Das Material, das im Nipo Nino, einem Camp zwischen El Chaltén und der Schulter, gelagert war, wurde von uns selbst geholt.
Die kritischen Stimmen aus der Szene haben uns auf keinen Fall kalt gelassen. Bohrhaken sauber zu entfernen und sie überhaupt erst gar nicht zu setzen sind zwei Paar Schuhe. Die Kritik hat mich zum Denken angeregt und ich muss eingestehen, dass vor allem durch die Gespräche mit befreundeten Alpinisten meine Sichtsweise der Dinge geschärft wurde.
Es stimmt, dass der Fels in vielen Abschnitten durch Risssysteme usw. Platz für mobile Sicherungen vorgibt, an denen sich die Kameraleute hätten hochjumarn können. Aber das ist alles leicht zu behaupten wenn man nicht derjenige ist, der die Verantwortung für die Leben derer trägt, die sich an diesen Placements nach einem gewaltigen Sturm Meter für Meter hocharbeiten. Ich möchte diese Verantwortung nicht tragen und verstehe deshalb auch die Entscheidung unseres Lead Guides eine limitierte Anzahl an Bohrhaken eingesetzt zu haben.
Bohrhaken hin oder her; für viele liegt der Grund für Kontroversen schon bei der Frage, ob man eine solche Produktion überhaupt an so einem Berg machen sollte. An dieser Frage scheiden sich die Geister. Filmprojekte und Photoshootings werden immer ein Teil des Profikletterns und somit auch Teil meines Lebens sein. Ich habe auf jeden Fall meine Konsequenzen aus der Kritik gezogen und deshalb auch mit Red Bull beschlossen, dass bei einem kommenden Versuch eine andere Taktik gewählt wird und keine weiteren Bohrhaken für die Produktion gebohrt werden. Diese Entscheidung wird sich auf die Produktionsqualität auswirken, doch ich bin froh, dass Red Bull diesen Entschluss mit mir trägt. Sollte das Filmprojekt in dieser Form aber nicht mehr umsetzbar sein und die Produktion abgebrochen werden, würde sich an meinen Plänen, den Cerro Torre erneut frei zu versuchen, nichts ändern…
Text; David Lama, kletterszene.com