„Einige kann das sogar ihre Karriere kosten“ – Alex Megos im Interview über den Spendenaufruf der DAV Nationalmannschaft

Es ist ein ungewöhnlicher Post, der vor ein paar Tagen bei Alex Megos und anderen Spitzenkletterinnen und -kletterern auf Insta auftauchte. „Wir brauchen eure Unterstützung – wir brauchen eure Spende!“ heißt es da. Ein Teil der Weltcup-Teilnehmer werde sich ihre Reise dorthin – oder zumindest einen Teil davon – zukünftig selber finanzieren müssen. Schnell können da mehrere Tausend Euro zusammenkommen. Nun hofft man auf die Unterstützung durch die Klettercommunitiy – und auf Spendengelder. Ks.com fragte bei Alex nach.

Alex, wieso habt ihr euch zu diesem ungewöhnlichen Schritt entschlossen?

Ich bin der Meinung, dass Deutschland als Nation auf der Weltcup-Bühne präsent sein sollte. Wir waren schon immer eine kletterstarke Nation – aber ich habe das Gefühl, dass sich das momentan in eine andere Richtung entwickelt. Ich befürchte, es wir werden abgehängt. Wir, also die Kadermitglieder, wollen Spitzenleistungen zeigen – das ist unser Ziel. Das ist derzeit aber kaum umsetzbar, die Rahmenbedingungen sind momentan sehr schwierig. Die eigentlich geplante Diskussion über eine Reform der Struktur und Förderung im Deutschen Alpenverein wurde nämlich verschoben. Der Bereich Wettkampfsport hat für dieses Jahr keine Budgeterhöhung bekommen.

Wieso das?

Für eine Budgeterhöhung hätte der Bundesverband die Mitgliedsbeiträge erhöhen müssen… die Diskussion und Entscheidung, ob man das machen will, wurde aber um ein Jahr verschoben. Das bedeutet für uns in letzter Konsequenz, dass nicht alle Kadermitglieder vollständig unterstützt werden können. Ein Teil der Weltcup-Teilnehmer wird sich ihre Reise oder zumindest einen Teil davon selber finanzieren müssen. Genauso schaut es bei Trainingsmaßnahmen aus. Und das wird für viele schwierig werden… einigen kann das sogar ihre Karriere kosten.

Wer ist betroffen?

Diejenigen, die nach den Selektions-Wettkämpfen auf den vordersten Plätzen – die genaue Zahl ist von Weltcup zu Weltcup unterschiedlich – liegen, nicht. Die bekommen die Reisen bezahlt, die anderen nicht. Und das ist natürlich bitter. Man hat sich qualifiziert, kann sich die Reise dann aber vielleicht nicht leisten, da kommen ja locker tausend Euro oder mehr zusammen. Wer dann keine Eltern oder eine Sektion oder Landesverband hat, die das übernehmen, hat Pech gehabt. Wegen unserer guten Leistungen in den vergangenen Jahren haben wir für diese Saison mehr Quotenplätze für internationale Wettkämpfe bekommen – und die Qualifizierten können die Chance jetzt vielleicht nicht nutzen und nicht starten.

Aber fließen nicht auch Gelder vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und der Spitzensportförderung des Bundesinnenministeriums?

Leider nicht, das liegt daran, dass der Hauptverband nicht förderfähig ist, weil er insgesamt sehr groß ist. Dabei hat er aber auch viele andere Aufgaben, die er ebenfalls umsetzen muss, die aber keinen leistungssportlichen Bezug haben. Die Athleten bekommen zwar je nach Kaderzugehörigkeit regelmäßig Unterstützung von der Deutschen Sporthilfe, für manche steht hier aber auch eine Reduzierung an.

Wie kamt ihr auf die Idee mit dem Spendenaufruf?

Also ursprünglich wollten wir eigentlich ein Crowdfunding machen. Dann haben wir das Ganze aber mit der Leistungssport gGmbH, abgesprochen. Die Spenden fließen jetzt auf ein gesondertes Konto der DAV Leistungssport gGmbH. Das Geld wird ausschließlich für Kletterinnen und Kletterer verwendet, die sich ihre Reise zu den Weltcups selbst nicht leisten können.

Du hast vorhin gesagt, dass nicht nur Wettkämpfe, sondern auch Lehrgänge betroffen sind… 

Ja, es ist leider so, dass nun auch teilweise die Reisekosten zu Lehrgängen übernommen werden müssen. Vor ein paar Jahren war es noch so, dass das damalige Olympia-Perspektivteam ein dreiwöchiges Trainingslager in Japan hatte, das war natürlich eine optimale Vorbereitung. So etwas konnte sich der Verband damals wegen der erhaltenen Bundesförderung noch leisten. Solche Trips wird es vorerst nicht mehr geben. Und das ist sehr schade, denn wenn man in der Weltspitze mitklettern will, braucht es optimale Trainingsmöglichkeiten. Und die haben wir in Deutschland nicht unbedingt. 

Läuft beim Leistungsklettern in Deutschland grundsätzlich etwas schief?

In den vergangenen Jahren auf jeden Fall. In anderen Nationen ist da deutlich mehr passiert, allein bei dem Angebot von Leistungszentren für die Spitzenkletterer. Wir bräuchten einfach ein höheres Budget, um adäquat trainieren zu können und dafür idealerweise auch Routenbauer bezahlen zu können. Meistens läuft es derzeit ja noch so, dass man in den Hallen bei laufendem Betrieb trainiert.

Wie ist die Stimmung im Team?

Nicht so toll. Der Druck zu Saisonbeginn war immer schon hoch, man musste sich für Weltcups qualifizieren. Aber jetzt zu wissen, dass das allein nicht reicht, sondern dass man im Kreis der Qualifizierten unter den Besten sein muss, um das vollständig finanziert zu bekommen, ist schon heftig.

Ist das bei anderen Nationen eigentlich auch so?

Also das ist ganz unterschiedlich. Bei einigen Teams läuft das auch so, bei den Engländern beispielsweise. Und die Amerikaner, die nicht im Olympia-Team waren, mussten in den letzten Jahren die Weltcups auch selbst finanzieren. 

Für diejenigen, die etwas spenden möchten, hier die Bankverbindung:

IBAN: DE76 7002 0270 0045 8236 10
BIC: HYVEDEMMXXX
Kontoinhaber: DAV Leistungssport GmbH
Verwendungszweck: „Klettern im DAV“

Ks.com: Damit alle Leser*innen die aktuelle Situation aus Sicht des Deutschen Alpenvereins (DAV) besser einordnen können, wurde uns angeboten, auch mit einem DAV-Vertreter ein Interview zu machen. Das können wir aus personellen Gründen kurzfristig leider nicht machen, werden es aber sobald wie möglich nachholen. Hier aber schon einmal ein Statement des DAV-Leistungssport-Managements zu dem Spendenaufruf von Nationalmannschaftsmitgliedern.

„Der Spendenaufruf hat in den letzten Tagen für Aufmerksamkeit in der Klettercommunity gesorgt und einige Fragen aufgeworfen. Der DAV Leistungssport möchte an dieser Stelle ein paar Dinge erklären und einordnen:weiterlesen

  • Credits Text Gudrun Regelein f. kletterszene.com
  • Credits Fotos DAV/ Hannes Huch DAV / Leon Buchholz
  • Beitragsdatum 18. März 2025