Alexander Megos Klettern

„The challenge is always different“ – Alex Megos im Interview

Alex Megos ist einer der besten deutschen Sportkletterer. Er war 2017 Vizeeuropameister im Bouldern, 2019 Vizeweltmeister im Lead und gewann 2018 seinen ersten Lead-Weltcup in Briançon (FRA). Auch am Fels hat er sich mit extrem schnellen Wiederholungen von der ein und anderen schweren Route einen Namen gemacht. Als erster deutscher Kletterer qualifizierte er sich für die Spiele 2020. Im Interview spricht er über das neue Format „Olympic Combined“ sowie die mentalen Aspekte des Sports.

Welche der drei Disziplinen bei Olympia ist für dich die Schwierigste?

Speedklettern ist für mich auch die schwierigste Disziplin, da ich sie erst seit ein paar Jahren betreibe. Ich habe keine Speedwand in der Nähe, daher habe ich viel weniger Zeit in das Speedtraining investiert als in das Lead- und Bouldertraining.

Wie wird ein „Profi“Boulderer in nur zwei Jahren zum Speedmaster?

Ich persönlich glaube, dass kein Kletterspezialist einer Disziplin in einer der anderen beiden Disziplinen in die Weltklasse aufsteigen kann, wenn er diese Disziplin zuvor noch nie betrieben hat. Ein Boulderer oder Leadkletterer wird in zwei Jahren niemals in die Weltklasse der Speedclimber vordringen können. Das gilt anders herum genauso. Mit viel Training kann man aber immerhin in den anderen Disziplinen relativ gut werden.

Warum sollte man den Fernseher einschalten, wenn die Kletterwettkämpfe in Tokio beginnen?

Klettern hat einfach viel zu bieten. Es ist eine ursprüngliche Körperbewegung wie das Rennen oder das Schwimmen. Es liegt in der Natur des Menschen, überall hinaufzuklettern. Deshalb fühlen sich viele Menschen zum Klettern hingezogen.

Die Wettkämpfe in Tokio werden besonders interessant, weil es unmöglich vorherzusagen ist, wer am Ende gewinnt. Aufgrund des Wertungssystems in der Kombination ist jeder auch vom Ergebnis des anderen abhängig. Das wird spannend bis zum Ende!

Wie hart mußt du trainieren, um Chancen auf eine Goldmedaille zu haben? Musstest Du deine Trainingsmethoden ändern?

Seit ich mit den Wettkämpfen begonnen habe, hat sich mein Training stark verändert. Davor hatte ich nur auf die Felsen hintrainiert, die ich gerade besteigen wollte. Das Training war daher sehr spezifisch auf das Projekt ausgerichtet, an dem ich gerade arbeitete. Seit ich in den Wettkampfsport eingestiegen bin, trainiere ich wesentlich vielfältiger. Man weiß nie, was bei einem Wettkampf auf einen zukommt. Man muss sich daher auf alles vorbereiten. Ich habe vor allem an meinen Schwächen gearbeitet, um bessere Leistungen zu bringen. Ich habe in mein Training mehr Speedklettern und mehr Bouldern im Wettkampfstil eingebaut. Das war wohl die größte Veränderung in meinem Trainingsalltag.

Worauf bist du beim Debüt des Kletterns bei den Spielen besonders gespannt?

Das Aufregendste ist für mich die Tatsache, dass ich Teil der größten Sportveranstaltung aller Zeiten sein werde. Ich habe 2004 in Athen zugeschaut, und seitdem waren die Spiele für mich das Symbol für das größte Ziel, das ein Sportler haben kann. Klettern ist natürlich ein wenig anders als die herkömmlichen Sportarten, weil es auch noch andere Herausforderungen als Wettkämpfe bietet. Aber der Nimbus der Spiele ist fest im Kopf der Menschen verankert.

Wenn du dir eine Route ansiehst – was siehst du und wie bereitest du dich mental darauf vor? 

Je länger man das Klettern betreibt, desto mehr sieht man, wenn man eine Wand anschaut. In Wettkämpfen muss man es beherrschen, eine Route oder einen Boulder nur kurz zu betrachten und sofort zu wissen, wie man hochklettert. Wenn ich eine Wand studiere, versuche ich die leichteste Sequenz zu finden und wie ich sie auf die effizienteste Art klettern kann. Ich achte auf Stellen, an denen ich Pausen machen kann, und versuche mir vorzustellen, in welcher Körperhaltung ich mich befinde und wie die Griffe sich anfühlen werden. Im Grunde genommen klettere ich alles im Kopf schon ab, während ich unten stehe und mir die Route anschaue.

Was ratest du Kletterneulingen im Hinblick auf die mentalen Aspekte des Sports?

Einsteiger haben wegen der Höhe oft eine mentale Blockade. Es ist für jeden zunächst beängstigend, sich nur von einem Seil gesichert hoch über dem Boden zu befinden. Aber wenn man trainiert und sich der eigenen Angst oder unbequemen Situationen stellt, lernt man, damit umzugehen. So arbeitet man an seinen mentalen Schwächen. Der Schlüssel für Fortschritte liegt darin, nie aufzugeben, wenn man körperlichen und mentalen Herausforderungen gegenübersteht.

Welche Pläne hast du für die kommenden Monate bis zu den Spielen? Worauf konzentrierst du dich sich?

In den letzten Monaten des Jahres 2019 möchte ich gerne einfach ein wenig klettern gehen und die Natur genießen. Ab Anfang nächsten Jahres werde ich mich wieder auf die Halle und das Training für die Wettbewerbe konzentrieren. Ich muss mein Speedklettern noch verbessern. Und beim Bouldern bin ich immer noch zu sehr davon abhängig, ob mir eine Wand taugt oder nicht. Ich muss also noch an einigen Schwächen arbeiten.

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Video-Link: https://youtu.be/cEHebU6RtG0
    Text: Red Bull Content Pool, Kletterszene Foto: Red Bull Content Pool
  • Beitragsdatum 23. Oktober 2019