Roland Hemetzberger klettert Nebuchadnezzar — die erste 9a Neuseelands

Es ist ja durchaus so, dass deutsche Klettererer — vor allem in den 80ern und 90ern des vergangenen Jahrhunderts — ihre Spuren in der Kletterwelt hinterlassen haben. Güllich, Albert, Zak, Huber, Glowacz, etc. Die Liste kann man sicher ohne große Mühe noch durch einige Namen erweitern. Die Routen hießen damals Punks in the Gym oder Eternal Flame undsoweiterundsofort. In der jüngeren Zeit macht sicherlich Alex Megos  von sich reden, aber auch andere starke Jungs sind in der weiten Welt unterwegs und hinterlassen dort ihre Routen und Boulderprobleme.

So auch Roland Hemetzberger, der junge Bayer aus Prien, der sich gemeinsam mit Stefan Kuehn in Neuseeland rumtreibt und dort die Gegend „unsicher“ macht. Stefan Kuehn, nicht nur mitreisender Sicherungspartner, sondern auch Fotograf und Filmer hat glücklicherweise die Eskaladen (Oh — welch‘ Wortspiel!) dokumentiert und Rolo hat das Wort verfasst:

Es war September 2015 — ein unglaublicher Trip nach Madagaskar liegt hinter mir. Im Gepäck sind tolle Erinnerungen, viele Klettermeter und neue Freundschaften, darunter waren ein neuseeländisches Paar, die mich mit tollen Fotos aus ihrer Heimat begeisterten. Gletscher, Regenwälder, Küstenlinien alles unmittelbar nebeneinander, zudem mit großartigen Klettermöglichkeiten. Nach ausgiebiger Recherche war klar, das wird ein gutes Ziel. Also Reisepartner gefunden und Flüge, die unser Budget sprengten, gebucht.

Klettern-Neuseeland-Hemetzberger-Kuehn (10)Nach einer sehr intensiven Klettersaison 2015 mit dem Höhepunkt meiner bisher schwersten Tour Outro (9a+) am 25. Dezember sollte das Klettern bei dieser Unternehmung eher im Hintergrund stehen. Eigentlich…

Denn nach zwei Wochen quer durch Neuseeland juckte es mich als getriebener Kletterer, langsam aber sicher in den Fingern. Und die Antwort der kletternden Locals war immer die gleiche: „Go the Milford Sound area.“ Eigentlich kein schlechtes Ziel, denn auf der Südinsel liegt der 15 Kilometer lange Fjord und eines der wichtigsten Touristenattraktion Neuseelands. Klettern an einem der schönsten Plätze der Welt, warum nicht ?

Die Leute der lokalen Klettercommunity vor Ort waren extrem nett und hilfsbereit und gaben uns freundlicherweise Topomaterial, etliche Empfehlungen und zeigten mir noch im Projektstatus schlummernde Traumlinien. Ein offenes Projekt von Derek Thatcher, das er auf den Namen „Nebuchadnezzar“ getauft hatte, zog mich in seinen Bann: goldener, perfekter Gneiss, leicht überhängende, fingerlastige Kletterei, perfekt!

Nachdem „das Projekt“ gefunden war, wurde auch etwas der Haken an der Sache hier klar: Dieser Teil von Neuseeland, der Milford Sound, liegt in einer der regenreichsten Gegenden der Erde. Aber wir hatten Glück und das Wetter war auf unserer Seite, doch die Tage vergingen wie im Flug. Und es war klar, dass sich das Wetter bald ändern würde.

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Nach einem Ruhetag fühlte ich mich gut und wenn alles passt, könnte ich sie vielleicht heute schaffen: Mittags, nach einen sporadischen Aufwärmprogramm, hatte ich bereits drei Versuche in das Projekt gesetzt, ohne Erfolg… Doch an Aufgeben war nicht zu denken. So entschied ich mich zurück in unser Camp zu fahren und mich zu erholen. Neue Runde, neues Glück, gleicher Tag! Und in vollem Anmarsch: die Schlechtwetterfront…

Gegen 18:00 stand ich wieder am Einstieg, es begann bereits zu nieseln, der Wetterbericht sollte recht behalten, somit war mir klar, dass es heute meine letzte Chance ist. Wieder kletterte ich in zwei weniger guten Versuchen bis zur ersten Schlüsselstelle, und wieder verhinderte eine Mischung aus Unkonzentriertheit und Pech das Weiterkommen.

Ziemlich ungeduldig und mit einem bereits durchnässten Sicherungspartner kletterte ich in meinem nächsten Versuch bis zum Stand, zumindest fast. In einem 7er-Gelände schenkte ich meine Begehung noch her… sowas ist unbegreiflich ärgerlich. Das war’s nun, der Regen wurde immer stärker, das Licht immer weniger und die Energie gleich
Null.

Mein Freund Stefan wollte mich nochmal motivieren doch in aussichtslosen Lagen fällt es eben schwer an sich zu glauben. Trotzdem mussten ja irgendwie die Exen aus der Wand, also ein letztes mal an’s scharfe Ende vom Seil. Zehn Minuten später clippte ich den Stand, sturzfrei… in meinem 7. Versuch.

Ich weiß nicht warum, Ich weiß nicht wie, doch es klappte. Das Projekt „Nebuchadnezzar“ wurde besiegt! Zur Bewertung 8c+ oder 9a freue ich mich auf die Meinung von den Wiederholern, denn am Ende reduziere ich die Reise nicht auf irgendeine Begehung. Es ist das Gesamtpaket, das den Trip unvergesslich macht und da passt halt die Phrase: „Der Weg ist das Ziel“.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=YKxN1S9EYaw