Petrohrad – Berichte und Fotos [PADani 2010]

Aufgrund akuten Zeitmangels unsererseits haben wir diesmal gleich zwei Berichte von unseren Mitfahrern beigesteuert bekommen, vielen Dank an dieser Stelle an Lisa Knoche und Thomas Franze. Und ein paar Worte von unserer Ronja Kellner gibt es auch noch (wird nachgereicht…). Nur kurz von meiner Seite: Das ist einfach ein tolles Event, das Gebiet war spitz(e), die Teilnehmer gechillt, ich habe sehr viele nette Leute kennengelernt, die ich vorher nur per Mail kannte und das Wetter war auch gut. Was will man mehr?

Lisa Knoches Bericht über das PADani 2010

thomas-k-padani-5Bereits seit 2003 existiert neben dem berühmten Melloblocco noch ein weiteres, kleines aber feines Boulderfestival an den Felsen von Petrohrad. Nach zahlreichen begeisterten Berichten der letzten Jahre folgte dieses Mal auch ich der Einladung nach Tschechien und schloss mich einem Team des DAV Freising an. Mit im Bus saßen „7 Hardmover und noch so einer“ (vgl. Ese [Ese: Ja, da steh ich auch dazu]): mein Bruder Thomas (Ex-Wettkampfkletterer), Ronja Kellner (Jugendnationalkadermitglied), Thomas Franze (Soulmoves-Süd Veteran), Ernst Wander (auch nicht ganz unbekannt), sowie Gerhard, Rainer und Ese.

Bei unserer Ankunft wunderten wir uns noch über den relativ leeren Campingplatz, der gleichzeitig das „Basecamp“ des Festivals ist. Der Menschenmenge begegneten wir erst am Samstagmorgen im Bouldergebiet „Mlýnský Vrch“, das von einem Team um Petr Resch extra für das Festival neu erschlossen und geputzt worden war. 400 Boulder klingt nach sehr viel, doch wenn sich diese 400 Boulder an circa 50 Blöcken befinden, und 300-400 Leute darauf anrennen, entsteht ein gewaltiges Gedrängel. Dazu kommen extrem rauer, körniger, teilweise noch bemooster Granit und Temperaturen von etwa 25° C. Von dem Plan, schwer zu klettern, hatte ich mich innerlich schon verabschiedet…

Der Schock verging nur langsam, doch dann lernte ich die Vorzüge von bouldernden Menschenmengen kennen: luxuriöse Crashpad-Ausstattung, zahlreiche Spotter, und von allen Seiten Tipps, welche Boulder man unbedingt noch machen muss, inklusive den entsprechenden Bewegungsanleitungen. Nach der ersten 7b war das Versagen in der Aufwärm-6b vergessen und wir zogen den ganzen Tag kreuz und quer durchs Gebiet. Ernst beteiligte sich an der „Sammler-Wertung“, die derjenige gewinnt, der am Samstag die meisten Boulder klettert. Mit 45 (!!!) Bouldern verpasste er nur knapp den Sieg. Der Sieger hatte nur fünf Boulder mehr auf seinem Konto.Lisa Knoche Padani Petrohrad 2010

Obwohl ich deutlich weniger Klettermeter hinter mir hatte – schließlich hatte ich mich auf eher schwere Boulder im 7. Franzosengrad konzentriert – war ich abends vollkommen fertig und hatte nur noch den Wunsch zu schlafen. Die Liveband auf dem Campingplatz ließ einem aber nur die Wahl zwischen frierend rumstehen oder zu Rockmusik abgehen. Tja…

Wider Erwarten ging am nächsten Tag an den Blöcken doch noch etwas und wir gaben um 15:00 unsere doch ganz gut gefüllten Laufzettel ab. Die acht schwersten gekletterten Boulder gingen in die Wertung ein. Mit vier 7B, drei 7A+ und einer 7A durfte ich mich bei den Damen über Platz zwei freuen. Ronja zählte noch zur Kategorie der (gemischten!!!) Jugend und ließ mit drei 7B, einer 7A+ und einer 7A ihre Konkurrenz hinter sich. Da es leider keine Extra-Punkte für Flashs gab, landeten die beiden Thomas (Franze und Knoche), trotz vieler schneller Begehungen bis 7B+, bei den Herren nicht auf den vorderen Rängen.

Am Sonntag um 16:00 war alles vorbei und der Wald leerte sich schlagartig. Ausgepowert, mit rosa Fingerkuppen, aber glücklich machten auch wir uns wieder auf den Heimweg. Für eine sehr faire Startgebühr (inklusive Campingplatz, Boulderführer und Party) hatten wir ein spannendes und lustiges Wochenende erlebt. Petrohrad sieht mich bestimmt wieder, auch ohne Festival!

Thomas Franzes Bericht über das Boulderfestival in Petrohrad

ronja-padani-1

Freitag Nachmittag sind wir  in Freising in den Bus gestiegen und losgeheizt – Gerd kannte als Fahrer keine Gnade.  Zurücklehnen,

Entspannen, von harten Bouldern träumen. Eine schöne 8A, die genau auf meinen Körper und meinen Kletterstil zugeschnitten ist und die nur ich klettern kann – ein schöner Traum, ich lege meine Matten zurecht, setz mich an den Einstieg – viele Zuschauer herum, ich hebe ab – aaaaaaah – Puh. Das war knapp. Wenn der Gegenverkehr nicht auf null abgebremst hätte, wären wir jetzt einem gewagten Überholmanöver unseres Fahrers zum Opfer gefallen. Jetzt brauch ich erst mal ein Bier auf den Schreck.  Mist – Ese hat’s schon leer getrunken. ks.com: [haha :)]

Angekommen in Petrohrad, bauen wir die Zelte auf, grillen und kümmern uns um zwei kleine Fässer Bier, um gegen 12 im Zelt zu verschwinden. So – jetzt kann ich mich wieder meinem Traum widmen.  Konzentration ist weg, morgen weiterträumen.

Am Morgen weckt uns die Sonne und nach einem individuellen Frühstück – die sportliche Jugend versuchts mit Milch und Müsli, die etwas älteren beschränken sich auf Kaffee und Zigarette – geht’s zum Treffpunkt.

Mann – ist das eine krasse Gegend! Ein Hügel, übersäht mit Granitblöcken, einer runder als der andere – als wenn der Erschaffer der Blöcke auch Boulderer war.  Nicht nur mir kribbelt’s in den Fingern. Wir wollen Fels anfassen, schnell muss es gehen, wir können nicht mehr warten. Schuhe an, Chalkbag auf, eine leichte Linie suchen. Leichter gesagt als getan. Das hier sieht einfach aus, soll auch nur 5 sein. Puh, das fühlte sich aber gerade schwer an. Ups, die Haut – bleib an den Fingern! Nächster Boulder, 5C – flash versaut, kann ja mal vorkommen, ich bin beruhigt, als es den anderen auch nicht besser geht. Dritter Boulder – noch ne 5C. Klimmzug, Mantel – ha, geflasht. Verdammt – ich blute, einen Cut mitten in der Handefläche gezogen. Irgendwie zerplatzt mein schöner 8A Traum gerade zum zweiten Mal. Das fängt ja gut an. Zur Abwechslung gehe ich mal um den Block herum und schaue, was Adam Ondra macht. Hm, er kämpft gerade eine 8B nieder. Die Gesetze der Schwerkraft scheinen nicht zu gelten – mit dem Grip hat er auch keine Probleme.

Thomas Franze Padani Petrohrad 2010Inspiriert und motiviert gehe ich zum nächsten Boulder. Ein schöner 6B-Highball. Lassen wir die tschechische Dame vor, sie scheint zu wissen, wo sie hinwill. Beim Spotten bekomme ich aber Angst um sie und lasse danach Lisa den Vortritt. Ich will ja niemanden erschlagen.

Was nun?

Ich streune durch das Bouldergebiet und finde in einem tiefen Loch meinen Traumboulder. Dach, Griffe, weite Züge, 7B – anschauen, machen, den Kumpels zeigen. Da gibt sich dann aber auch keiner die Blöße, einer nach dem anderen und auch die Mädels rocken da durch.  An der nächsten 7B habe ich keine Idee. Thomas, Gerd und Rainer auch nicht. Müssen erst Ronja und Lisa kommen und den Boulder lässig vorklettern. Das überzeugt und motiviert und setzt Kräfte frei.

Ab und zu sehen wir den Ernst, der im Collector – Modus Boulder sammelt – zack, zack, zack, alle 20 Boulder eine Banane, alle 5 Boulder einen Schluck Limo. Hut ab!

Ein paar Boulder später versammeln wir uns mit ziemlich dünnhäutigen, teilweise auch blutenden Fingern wieder auf dem Campingplatz.  Disko –  oder wie die Tschechen sangen „Vestiwahal“, Lagerfeuer, ein Kasten Bier und leckere tschechische Würste. Bei der Tombola konnte ich mein Talent zu Trostpreisen voll auspielen und gewann immerhin: ein paar Socken. Glücklicherweise hörte die Band dann auch irgendwann mit spielen auf, da wir alle irgendwie ziemlich breit waren und etwas Schlaf benötigten.

Alle? Nein – nicht alle. Ernst – noch immer im Collector-Modus machte dann gegen 4 das Licht aus. Der 8a-Traum: diesmal verhinderte eine lange Schlange an Boulderern weitere Aktivitäten.Axel Perschmann Padani Petrohrad 2010

8 Uhr, nächster Morgen: Milch, Müsli, Kaffe, Kippen – jedem das seine. Alle jammern – dünne Haut. Aber duschen und Haarewaschen muss sein – Kopfschüttel! Heute geht das Aufwärmen besser, ein schöner Kinderblock wird dreimal umrundet – herrlich, das macht Spaß. Als nächstes geht’s gleich zu einem der fotogensten Blöcke überhaupt. Ein richtiger Gipfel, Bergsteiger müssten schon schauen, wie sie ohne Matten da hoch kommen, das leichteste war ein 7m Fingerriß 5B.  Schön sitzt es sich hier oben – schau, eine Abseilöse. Räusper – wie geht’s hier eigentlich wieder runter? Hat jemand ein Seil mit? Blöde Frage!  Also auf dem Hintern die Reibung runterwackeln, zur kahlen Kiefer rüberspreizen und die letzten 4 m die Kiefer runter rutschen. Yes – Überlebt!

Auf der Rückseite von dem Block gab es noch einen schönen 7A-Highball, an dem ich wieder der Jugend den Vortritt lies. Ein Mantel in 5m Höhe – ich muss nicht jeden Boulder machen – hat mir erst der große WT in einem Forum erzählt. Wobei, WT hätte sich diese Linie nicht entgehen lassen.

Tja, der Rest lässt sich abkürzen. Ein paar schöne Boulder später gab es die Siegerehrung, bei der Lisa und Ronja verdient ganz vorn landeten und von uns Jungs – auch verdient -nichts zu sehen war. Keiner von uns hatte über 1000 Punkte. Der Gewinner aber über 11.000 – Adam Ondra konnte an dem Wochenende immerhin eine 8B+ ,  drei 8B und diverse 8A+ und 8A bouldern – da ist es fast peinlich, die Bedingungen (zu warm, zu wenig Haut) zu beklagen. Auf alle Fälle war das mal ein richtig schönes Bouldergebiet, was ich weiter empfehlen kann. Besonders gut hat mir die enspannte Atmosphäre gefallen, trotz der Massen war es eine angenehme Ruhe und eine gute Stimmung.

Ergebnisse Männer

  1. Adam Ondra    11.200 Punkte (FA von Stix SD (8B+), drei weitere 8B, 8As, etc …
  2. Rostislav Štefánek    4.430
  3. Marin Spilka    3.540

Ergebnisse Frauen

  1. Agnieszka Ostrzalek    830 Punkte
  2. Lisa Knoche    770 Punkte
  3. Jitka Mázlová    570 Punkte

Ergebnisse Jugend (gemischt)

  1. Ronja Kellner    637 Punkte
  2. Michal Štepánek    600
  3. Karolína Nevelíková    400

Kinder (gemischt)

  1. Kuba Kohout    35 Punkte
  2. Marek Jeliga    18,5
  3. Jindra Resch    10

Lisa wird von folgenden Firmen unterstützt: Scarpa und NiHiL Climbing

[Wenn der Gegenverkehr nicht auf null abgebremst hätte, wären wir jetzt einem gewagten Überholmanöver unseres Fahrers zum Opfer gefallen: Wenn der DAV Freising einen Vereinsbus mit 100 PS gekauft hätte, würde man nicht gefühlte 100 Km für’s Überholen benötigen. 5Km freie Gegenfahrbahn reichen aber erfahrungsgemäß doch nicht für ein gut überlegtes Überholmanöver.]

Text: Lisa Knoche, Thomas Franze, kletterszene.com / Fotos: Gerhard Wust, Ronja Kellner, Thomas Knoche