Start in die neue Wandersaison: Achtung auf alpine Gefahren und winterliche Bedingungen
Nach warmen und vergleichsweise schneearmen Monaten hat sich der Winter doch noch von seiner strengen Seite gezeigt – während es in den Tälern frühlingshaft wird, ist in höheren Lagen der Alpen noch reichlich Neuschnee gefallen. Der Verband Deutscher Berg-& Skiführer e.V. (VDBS) warnt daher vor Risiken, die speziell in den ersten Wochen der jungen Wandersaison nicht zu unterschätzen sind. „Altschneefelder und Nassschneelawinen sind Gefahren, die Ungeübten oftmals nicht bewusst sind, jedoch nicht unterschätzt werden dürfen“, erklärt Dr. Dirk Schulte, Vorstandsmitglied des VDBS. „Eine gute Vorbereitung, Bewusstsein über mögliche Risiken und richtige Ausrüstung sind unerlässlich.“ Im Zweifel wird die Begleitung durch professionelle Führer des VDBS empfohlen.
Auch wenn es die teils frühlingshaften Temperaturen in den Tälern nicht mehr vermuten lassen, liegt in den deutschen Alpen derzeit noch reichlich Schnee. Auch vermeintlich einfache Wanderungen können somit schnell in knietiefem Schnee enden – Lawinen- und Absturzgefahr werden so sehr schnell akut. „Wir raten dazu, sich in Zurückhaltung zu üben und die Wandersaison lieber etwas später beginnen zu lassen“, betont Dr. Dirk Schulte. „Zur Tourenvorbereitung gehört derzeit unbedingt, sich beispielsweise bei Lawinenwarndiensten oder auch mithilfe von Webcams über die Schneebedingungen zu informieren und im Zweifel auf niedrigere Ziele auszuweichen.“
Altschneefelder sind vor längerer Zeit gefallener, oftmals durch die Tagestemperaturen aufgetauter und nachts wieder gefrorener Schnee.
Im Gegensatz zu frisch gefallenem Schnee sind sie morgens also hart gefroren. Insbesondere in nordseitigen, also schattigen Gebieten, können sie sich hartnäckig halten – warmen Temperaturen im Tal zum Trotz.
„Die Hauptgefahr auf Altschneefeldern besteht in den Vormittagsstunden, wenn sie nach einer kalten Nacht noch hart gefroren sind“, erklärt Schulte. „Sie können auch an sich einfache Wanderwege unpassierbar machen, ihr Überqueren ist oft mit großer Ausrutsch- und Absturzgefahr verbunden.“ Wanderer sollten sich daher bereits im Vorfeld ihrer Tour mit der Exposition der Route vertraut machen und im Zweifelsfall auf südseitige Wanderungen ausweichen. Diese sind über einen längeren Zeitraum der Sonne ausgesetzt, das Auftreten von Altschneefeldern ist dort in der Regel unwahrscheinlicher. Auch niedrigere Gipfelziele können eine gute Alternative sein. Je nach Schneelage können Altschneefelder bis in das späte Frühjahr auftreten, in Hochlagen auch bis in den Sommer.
Wegezustand klären
Sicherungen wie Drahtseile oder Trittstifte und -spangen können nach dem Winter beschädigt sein. „Diese kleinen Helferlein werden unter normalen Bedingungen oft kaum wahrgenommen, können jedoch einen Wegabschnitt unpassierbar machen“, erklärt Schulte. „Wegpassagen können so schwieriger oder im Extremfall sogar unpassierbar werden.“ Hier helfen Informationen von alpinen Beratungsstellen oder im Zweifel die fachkundige Begleitung von VDBS Berg- und Wanderführern.
Bewusst unterwegs sein
„Neben einer guten Vorbereitung empfehlen wir allen, auch während ihrer Tour immer mit offenen Augen und Ohren die Umgebung zu beobachten. Dazu gehört, sich über die Tageszeit im Klaren zu sein, zu der Altschneefelder möglicherweise passiert werden müssen“, erklärt Schulte. „Sind sie morgens noch hart gefroren, können sie im Tagesverlauf aufweichen. Die Altschneefelder sind dann zwar einfacher zu passieren, dafür besteht eine zunehmende Gefahr, dass sie aufgrund des schon erwärmten Bodens als Ganzes abrutschen.“
Gutes Schuhwerk ist unerlässlich
Harte Altschneefelder werden am sichersten durch das Treten von Trittstufen oder Anlegen von Spikes gequert. Dabei empfiehlt der VDBS das Tragen von Wanderschuhen der Kategorie C: „Diese verfügen über eine stabile verwindungsarme
Sohle, ein starkes Profil und ein sehr festes Schnürsystem. Eine griffige und robuste Sohle, eine feste Fersen- und Zehenkappe, und ein effizientes Schnürsystem machen den Schuh zu einem festen, verlässlichen Partner. Stabile Kanten an der Ballen- Innenseite geben Sicherheit beim Antreten in schwierigem Terrain. Die Torsionssteifigkeit der Sohle sollte mit dem Anspruch der Tour zunehmen, um den Fuß zu entlasten und Ermüdung vorzubeugen. Gerade mit schwerem Gepäck ist dies notwendig“, erklärt Wolfgang Büche, Sales & Marketing Manager von Scarpa.
Lawinengefahr – auch im Frühling
Während auf nordseitigen Wanderungen bis in den Frühsommer Altschneefelder lauern können, besteht die potenzielle Gefahr in südseitigen Expositionen aus Nassschneelawinen. Diese Lawinenart tritt vorzugsweise im Frühling auf und resultiert aus der Durchfeuchtung der Schneedecke durch den Wärmeeintrag. Wanderer sollten daher im Vorfeld prüfen, ob noch ein Lawinenlagebericht für die geplante Region ausgegeben wird, der im Detail über die Gefahr informiert. Bei der Routenplanung ist abermals die Zeit ein entscheidender Faktor: Wenn schneebedeckte Hänge gequert werden müssen, sollte dies unbedingt am frühen Vormittag und idealerweise nach einer kalten Nacht geschehen. So ist die Schneedecke in aller Regel weniger durchfeuchtet und die Lawinengefahr deutlich geringer.
Im Zweifel: Umkehren
„Oben war man erst, wenn man wieder unten ist – es steckt viel Wahrheit in diesem Spruch“, sagt Dirk Schulte. „Wer sich unsicher ist und die herrschenden Verhältnisse nicht kompetent beurteilen kann ist oftmals am besten beraten, die Tour abzubrechen und umzukehren. Das ist sicher keine Schande, sondern eine sehr vernünftige Reaktion, die im Zweifelsfall vor gefährlichen Situationen schützt.“ Darüber hinaus bieten sich für Unerfahrene professionell geführte Touren an, die von VDBS Führern begleitet werden.