Nicolas Jean und Benjamin Védrines erreichen den Gipfel des Jannu East

Ende Oktober gelang den französischen Alpinisten Nicolas Jean und Benjamin Védrines die erste dokumentierte Besteigung des bislang unberührten Ostgipfels des Jannu (Nepal) – im reinen Alpinstil.

Ende August 2025 brachen die französischen Bergsteiger Nicolas Jean und Benjamin Védrines in die abgelegene Kangchenjunga-Region im Osten Nepals auf. Ihr Ziel: der bislang unbestiegene Ostgipfel des Jannu. Geplant war eine neue Route über die 2.250 Meter hohe, nahezu senkrechte Nordwand – im reinen Alpinstil, ohne zusätzlichen Sauerstoff, ohne Fixseile und ohne externe Unterstützung.

Es war nicht ihr erster Versuch: Bereits im Herbst 2024 musste eine erste Expedition vorzeitig abgebrochen werden, nachdem ein Teammitglied Anzeichen eines Hirnödems zeigte. Diesmal waren Jean und Védrines allein unterwegs – schnell, leicht und hoch fokussiert. Sie überließen nichts dem Zufall und unterzogen sich einer intensiven Vorbereitung, um dieser extremen Herausforderung gewachsen zu sein und einen Gipfel zu erreichen, den zuvor noch niemand bezwungen hatte.

Ambitionierte Ziele sind für die beiden Bergsteiger kein Neuland

Im Frühjahr 2025 sorgten sie mit zwei herausragenden Leistungen für Schlagzeilen. Im Mai durchquerten sie das gesamte Mont-Blanc-Massiv ausschließlich über steile Wände in nur drei Tagen. Im Juni folgte die Besteigung aller vier Mont-Blanc-Wände in einem einzigen Durchgang – 7.900 Höhenmeter in nur 21 Stunden. Ihre technische Präzision, mentale Stärke und Geschwindigkeit haben ihnen bereits einen festen Platz in der alpinen Szene verschafft.

Sorgfältige Akklimatisierung und ein unberührter Gipfel als Vorbereitung

Am 6. September erreichten Nicolas Jean und Benjamin Védrines das Basislager auf der Nordseite des Jannu auf 4.700 Metern Höhe. Begünstigt durch stabile Wetterbedingungen nutzten sie die Zeit für eine optimale Akklimatisierung, bevor sie sich der Nordwand zuwandten. Im Rahmen ihrer Vorbereitung gelang den beiden Alpinisten am 26. September die Erstbesteigung des Anidesh Chuli (6.808 m) über dessen Nordgrat – ein bislang unbestiegener Gipfel.

Am 15. Oktober erreichten Nicolas Jean und Benjamin Védrines nach zweieinhalb Tagen Aufstieg den Gipfel des Jannu East. Es ist die erste dokumentierte Besteigung dieses bislang unberührten Gipfels – ein historischer Moment für den Alpinismus.

Trotz starker Schneefälle in der Region öffnete sich ein ideales Wetterfenster – alle Voraussetzungen für den Start des Aufstiegs waren erfüllt. Am Sonntag, dem 12. Oktober, brachen Nicolas Jean und Benjamin Védrines auf, begannen den Zustieg und verbrachten ihre erste Nacht am Fuß der imposanten Nordwand. Es folgten zwei weitere Nächte direkt an der Wand – das erste Biwak auf rund 6.200 Metern, das zweite auf 6.900 Metern Höhe.

Am 15. Oktober erreichten Nicolas Jean und Benjamin Védrines nach zweieinhalb Tagen Aufstieg den Gipfel des Jannu East. Es ist die erste dokumentierte Besteigung dieses bislang unberührten Gipfels – ein historischer Moment für den Alpinismus.

Am Gipfel war die Freude groß – wenn auch eher zurückhaltend. Die letzten 500 Höhenmeter waren besonders kräftezehrend: lockerer, hüfthoher Schnee auf sehr steilen Hängen, nahezu unpassierbare Passagen und eine komplexe Suche nach dem tatsächlichen Gipfel. Was wir zunächst für den höchsten Punkt des Jannu East hielten, entpuppte sich als Nebengipfel – der Hauptgipfel lag etwas weiter westlich. Es war mental und körperlich extrem fordernd, doch gemeinsam entschieden wir uns, weiterzugehen und die ausgesetzte, verschneite Gratpassage rund 150 Meter westwärts zu queren, um die Gipfelkuppe zu erreichen. Wir waren in einem Zustand tiefer Erschöpfung, und es war entscheidend, klar und fokussiert zu bleiben – denn auch der Abstieg wurde zu einem eigenen Kampf. Am Ende bleibt eine tiefe, fast intime Zufriedenheit, denn dieser Aufstieg ist einzigartig. Er vereint alles, was für mich Alpinismus ausmacht: Alpinstil, Minimalismus, große Höhe, eine gewaltige Wand, ein unberührter Gipfel und das Streben nach Geschwindigkeit. Ohne Zweifel ist es die bedeutendste Besteigung meiner bisherigen Laufbahn. Mein Dank gilt auch den Simond-Teams für ihre Unterstützung und die Ausrüstung, auf die ich mich während des gesamten Aufstiegs voll verlassen konnte.

so Nicolas Jean

  • Credits Text Elias Lux, kletterszene.com
  • Credits Fotos Nicolas Jean, Benjamin Védrines
  • Beitragsdatum 1. November 2025