News von der Outdoor Messe 2016

Am vergangenen Wochenende war mal wieder die alljährliche Outdoor Messe in Friedrichshafen. Der feuchte Traum eines Tech-Geeks, verbunden mit miefiger Hallenluft, Schweiß und Alkohol. Das könnte auch gut der Plot eines Ridley Scoot Films oder das Finale einer eSport-Liga sein. Aber natürlich ist das Publikum etwas anders: viele sind super-healthy, super-öko und super-nachhaltig. Selbst die fesche Bio-Optik der dargereichten Drinks spiegelt das wieder. Dass in einer 0,3 Flasche Schorle trotzdem 24g Zucker drin sind, ist dann auch schon wurscht, hauptsache es schaut gesund aus.

Und da sind wir auch schon etwas beim Thema, das vor einigen Jahren die komplette Branche beherrschte: Nachhaltigkeit oder auf neudeutsch ‚Sustainability‘. Da brachte jede Firma ihre eigenen lustigen Siegel heraus oder kauften sich diese teuer irgendwo ein. Strategic Papers und Roadmaps wurden erdacht und wieder verworfen und und und… Wir reden hier von 2009, jetzt reden wir von Produkten, die 2017 herauskommen werden. Wow, da geht echt was…

Um das nochmal klar zu machen: wir finden’s super, dass es viele kleine Firmen gibt, die nachhaltig, ökologisch und fair produzieren, aber — mal Hand auf’s Herz — bei dem Konsumenten sind das nicht nur Nischenmarken, sondern halt auch Nischenprodukte für Nischenkonsumenten, sprich die große Masse rennt immer noch in die großen orange-weißen Sporthäuser dieser Welt und kauft sich das Super-Clima-Proof-Blablubb-Shirt vom Krabbeltisch, um es dann einmal im Jahr auf der Kampenwand zu „lüften“ und dann im nächsten Jahr wieder ein neues zu kaufen. Aber das liegt ja eigentlich auch klar im Fokus der Hersteller, wobei laut Flurfunk die letztjährigen 20%-Zuwächse dieses Jahr zum ersten Mal wohl nicht erreicht werden und genau das wäre auch die Chance für alle Beteiligten zu überlegen, ob nicht langsam mal eine gewisse Sättigung erreicht ist.

Und um den Bogen zu 2009 zu spannen. Bei einigen der großen Firmen wird nun tatsächlich etwas in der Richtung gemacht. Und genau das ist dann auch das wichtige: nur so kann der Massenkonsument erreicht werden, der sich sonst — mit Verlaub — einen Scheiß drum schert, ob das Shirt nachhaltig ist, oder nicht, hauptsache es ist billig. Als zwei der „Großen“ wollen wir hier exemplarisch Patagonia und Adidas kurz herausheben (und zwar wirklich nur als pars pro toto, es gibt da sicher noch andere, die das mit etwas „Weitblick“ machen, aber zu recherchieren, ob das lustige „blaue“ oder „grüne“ Siegel nun wirklich koscher ist, liegt leider nicht in unseren Möglichkeiten).

patagonia-neuheiten-2016Patagonia beispielsweise begegnet der Übersättigung mit dem Prinzip des Repair-Cafés. Man nimmt Klamotten, die an sich in Ordnung sind und repariert diese einfach. So simpel sich das anhört, so simpel ist es auch. Schaut in euren Kleiderschrank und überlegt euch mal, wieviele Rucksäcke und Daunenjacken da rumliegen, die an sich in Ordnung sind, aber eben an irgendwo Löcher haben, ausgerissene Schlaufen oder sonstwie in ihrer eigentlichen Funktion beeinträchtigt sind. Patagonia hat da ein einfaches Mittel: die mobile Schneiderwerkstatt, die in den vergangenen Monaten durch ganz Europa fuhr (Worn Wear Tour) und ihre hoffentlich nicht letzte Station auf der Outdoor Messe hatte. Da wurden neue Reißverschlüsse eingebaut, farblich passende Patches aufgenäht und auch die alten Slacklines vom angrenzenden Slackline Tools Stand zu neuen Tragegurten umfunktioniert. Ziemich simpel und ziemlich effektiv.

adidas-neuheiten-2016Einen anderen Weg geht da Adidas herstellerseitig in Form von Upcycling. Gemeinsam mit der Organisation Parley for the Oceans haben die Herzogenauracher ein T-Shirt aus Parley Ocean Plastic entwickelt. Nach dem im Juni 2016 vorgestellten Laufschuh ist es das zweite Produkt, das aus im Meer gefundenem Plastikabfall gefertigt wurde. Parley for the Oceans ist eine Umweltorganisation und ein Kooperationsnetzwerk, das Bewusstsein für dafür schaffen will, wie sehr das Gleichgewicht der Weltmeere gestört ist und darauf abzielt, die Verschmutzung der Weltmeere mit Plastikmüll zu beenden.

 

So, jetzt haben wir erstmal genug geschimpft, es gibt ja schließlich auch noch andere Sachen auf der Messe, als die gleiche Boulderhose in neuer Farbe, nur weil in der kommenden Saison mehr die „Erdfarben“ dominieren…

Hardware auf der Outdoor Messe 2016

Wildcountry Revo

siegel-ks-com-beschtes-stueckUnd als allllllllleroberstes erstes Produkt, das wir vorstellen dürfen/können/müssen sei das neue Sicherungsgerät von Wildcountry genannt. Wir rennen seit Jahren auf die Messe, aber eine wirkliche Innovation (und in dem Fall vielleicht sogar eine Revolution) durften wir noch nicht vorstellen. Das Revo, das in den letzten fünf Jahren von den Sheffieldern entwickelt wurde, ist irgendwie Antwort auf alle Fragen, die man bei halb- und vollautomatischen Sicherungsgeräten stellen kann und merzt wirklich quasi alle Fehlerquellen aus, die bei der Bedienung passieren können.

  • Seildurchmesser? Relativ egal, alle Einfachseile von 8,5mm laufen da rein und durch die Rolle laufen sie auch alle rel. gleichmäßig. Also egal ob imprägniert, unten schon „durchgenudelt“ oben noch gut… Lediglich ab einem 11mm Kälberstrick wird das Handling etwas „zäh“.
  • Karabiner? Auch egal, es muss kein passender Karabiner dazu gekauft oder verwendet werden. Man kann das Revo zur Not auch mit einer Reepschnur an seinen Gurt binden.
  • Ablassen und „erschrecken“? Egal, ab einer Geschwindigkeit von 2m/s macht das Ding wieder zu.
  • Entriegelung aus Versehen? Egal, die Rolle blockiert, wenn es zu schnell wird.
  • Seil nicht richtig eingelegt? Egal, die Rolle macht zu.
  • Einizge Fehlerquellen: gar nicht einlegen…

Insofern haben wir uns dafür entschieden auch mal ein eigenes Gütesiegel rauszubringen. Scheint ja im Trend zu liegen und wir sagen: Klare Kaufempfehlung, weil „beschtes Stück“.

Petzl Grigri+ und neue Stirnlampen

petzl-neuheiten-2016Auch Petzl hat den Grigri überarbeitet und mit dem Grigri+ ein Sicherungsgerät rausgebracht, das versucht alle Fehlerquellen auszumerzen, die hin und wieder damit passiert sind. Der sogenannte Anti-Panik-Hebel verhindert, dass gerade beim zu ruckartigen Ablassen der Hebel ausklinkt und das Gerät blockiert. Auch der Widerstand des Bremsblocks lässt sich auf einen Toprope- und einen Vorstiegsmodus einstellen. Auch durch die Vergrößerung des Blocks im Inneren lassen sich nun alle zugelassenen Einfachseile damit verwenden, wobei die beste Bremswirkung zwischen 8,9 und 10,5 mm erreich wird. Lediglich richtig herum einlegen muss man das Seil noch und für den klassischen Linkshänder ist der neue Grigri immer noch etwas unpraktisch.
Die Stirnlampen-Serie wurde auch komplett überarbeitet, leuchtet bei allen Modellen nun fast doppelt so hell, bezogen auf die Lumen. Und eine wirklich gute Neuerung gibt es auch hier: für alle Modelle kann nun eine Akkugröße verwendet werden, den man auch einzeln kaufen kann. Zur Not kann dieser auch durch 3xAAA Batterien ersetzt werden.

Edelrid Bulletproof-Exen und Loopo-Lite

Auch die Allgäuer Kreativschmiede Edelrid hat wieder ein paar Neuheiten erdacht. Beides sehr stabil, aber sehr unterschiedlich in der Optik. Der Bulletproof-Karabiner hat ein kleines, feines Detail, das einen Seilriß verhindern soll. Das ein Seilriß bei durchgescheuerten Exen nicht so selten vorkommt, haben wir kürzlich in einem Artikel erläutert. Auf jeden Fall besitzt der Karabiner am Seillaufende ein Stahl-Inlay und verhindert so die klassischen Abnutzungserscheinungen eines reinen Aluminiumkarabiners. Gleichzeitg wurde aber im oberen Teil etwas Material eingespart, so dass der Gewichtsunterschied ausgeglichen wurde.
Und dann gibt es da noch den Loopo-Lite, den einige hämisch als Edelrid-Tanga bezeichneten (und damit auch nicht so unrecht haben :)… und man muss sagen, das Ding ist schon ein bisschen irre und sicher nur für sehr spezielle Unternehmungen gedacht, aber dafür ist es natürlich genial: ein voll zertifizierter Gurt mit allem drum und dran mit gerade mal 80g. Gerade alpine Hochtouren oder heikle Skiabfahrten stehen dabei im Fokus, für’s Sportklettern muss man ehrlicherweise sagen, ist das bisschen Dyneema nicht soooo geeignet.

Black Diamond ATC Pilot und Seile

black-diamond-neuheiten-2016Black Diamond erweitert seine Serie an Sicherungsgeräten mit einem ‚klassischen‘ Halbautomaten im Stile des Salewa Ergos. Der ATC Pilot ist ergonomisch geformt, ermöglicht ein leichtgängiges Ausgeben vom Seil und ist für Seile mit einem Durchmesser von 8,7 bis 10,5 mm geeignet. Empfohlen wird hier die Verwendung als Gesamtpaket mit einem GridLock-Karabiner von BD.
Neu hinzugekommen sind auch Seile in 4 verschiedenen Durchmessern jeweils mit und ohne Coating. Produziert werden auch diese nicht in Fernost dafür in Europa.

Noch kurz ein Satz zu den Produkt-Rückrufen: Die komplette Hardware-Fertigung wurde aus Fernost wieder zurück in die USA verlegt. Dabei kam es durch die Umstellung zu Fehlern in der Produktion. Diese sollten nun aber alle beseitigt sein.

DMM Gurte

Die Waliser erweitern auch ihr Portfolio mit komplett überarbeiteten neuen Gurten. Sämtliche Gurte sind in Wales genäht und die Stoffe dafür kommen aus England. Wahrscheinlich haben die Jungs den Brexit schon geahnt. Preislich, funktionell und vom Style-Faktor liegen die Gurte in etwa auf Arcteryx-Niveau, insofern wird es interessant, wie sich der Pfund entwickelt werden wird.  Auf jeden Fall bekommt man gewohnte Spitzen-Qualität und ein durchdachtes Design.

Neuheiten 2016 bei Kletterschuhen

FiveTen

fiveten-neuheiten-2016Neu und alt: der berühmte Anasazi Blanco kommt wieder zurück. Neues Obermaterial, neue atmungsaktivere Zunge, aber ansonsten das steife Brett, wofür ihn viele geliebt haben.

Und dann noch eine persönliche Meinung zu der neuen Sneaker-Serie, die natürlich auch alle was können, aber in erster Linie halt einfach gut ausschauen. Also wer einen schönen, stylishen Schlappen sucht, hier ist er! Einmal „normal“ als sogenannter Approach Pro (oder wie wir Fanboys ihnen nennen: Catburglar mit anderer Sohle) und einmal als „Wasserschuh“ (Eddy Pro) um damit vergnügt im Bergbächlein zu planschen ohne sich die Füße aufzuschneiden. Herrlich!

La Sportiva Kataki, Miura, Mythos

la-sportiva-neuheiten-2016Der neue Kataki ist eine Weiterentwicklung des Katana für höchste (vulgo: „högschte“) Performancem mit überarbeiteter Ferse und zwei unterschiedliche Schnürungen am Vorfuß und Spann. Das P3 System (harte Gummizwischensohle, die durch den Schuh läuft) hält beim Schuh dauerhaft die Stabilität und Vorspannung.

Ein weiterer Kletterschuh ist der neue Miura XX, der in einer Signiture Edition des Kletterers Adam Ondra erscheint. Die „XX“ steht für das 20-jährige Jubiläum. Der Miura XX besitzt dieselben Eigenschaften wie die normale Version, allerdings ist er mit dem P3 System ausgestattet.

Tatsächlich irgendwie cool ist die Neuauflage des Mythos, diesmal in der Eco-Variante. Ganze 95% des Schuhs bestehen aus recycelten Materialien. Zudem wird bei der Produktion auf ein Minimum an Umwelteinflüssen geachtet, wie metallfreie Gerbung, die Verwendung biologisch abbaubarem Leders und den Einsatz auf Wasser basierender Klebstoffe. Der La Sportiva Eco-Rubber wurde aus recycelten Gummiresten hergestellt, die beim Produktionsprozess der Kletterschuhmodelle in der eigenen Fabrik abfielen. We like!

Und es gibt einen günstigen Jugend- und Kinderschuh. Der Maverink für Jugendliche ist an den Speedster angelehnt und etwas günstiger, wegen etwaiger Wachstumsschüben und hat einen Stift dabei, mit dem sich der Teenager künstlerisch auf dem Außenleder betätigen kann. Und der Gripit ist der Schuh für die ganz Kleinen.

Scarpa Chimera und Instinct (VSR)

scarpa-neuheiten-2016Als Brutalo-Schuh dürfte der Chimera bei Scarpa ins Konzept passen. Neue Schnürung, vorne eine härtere Platte und der Drago als Leistenbasis. Wenn der Drago bei 20 Zügen noch ganz bequem war, dürfte man beim Chimera schon nach zehn auf’s verdiente Top hoffen. Aber wer Performance auf winzigen Tritten sucht, der dürfte hier ziemlich glücklich werden.

Und dann gibt es da noch genau das Gegenteil: Die Velcro-Variante des Instinct (VS), ein noch weicherer Boulderschuh, der vor allem auf die Wettkampfschiene abzielt. Eine extrem weiche Mischung und keine Zwischensohle machen den Instinct VSR zu einem perfekten Schuh, um an Volumen zu bestehen. Und der Papa von allen, der Instinct, hat einmal ein klassisches Facelift bekommen und eine leichte Überarbeitung, was Obermaterial und die innenliegenden Nähte betrifft.

Red Chli

redchili-neuheiten-2016Von Red Chili gibt es drei neue Kletterschuhe. Zum einen den Cruzer: ein komfortabler Kletterschuh mit gepolsterter Ferse, der dank des SpeedTwist schnell an und wieder ausgezogen ist. Ideal für große Wände oder lange Hallenabende.
Dann gibt es da noch den Voltage, der sich eher für’s Bouldern oder für’s kurze, knackige Steile eignet. Ein völlig neuer Leisten, der relativ viel Platz bietet und die Zehen unterstützt.
Und zu guter Letzt noch den Fusion, der die Mischung aus beiden oben genannten darstellt. Auf Basis des Spirit Velrco, der Passform und der Ausstattung mit zwei Klettverschlüssen und großem Toe-Patch für Hooks.

Klamotten und sonstiges

Im Hinblick auf den Einleitungstext versteht ihr sicher, dass wir hier nicht jede Firma vorstellen, die irgendwie eine alte Hose in anderer Farbe auf den Markt bringt. Aber auf ein, zwei Sachen wollen wir dann trotzdem verweisen. Schließlich braucht der Mensch ja auch was zum Anziehen, aber es muss halt ned jedes Jahr der neueste Trend sein, oder?!

Und für’s Protokoll (weil wir darüber Infos bekommen haben): Prana und Nachhaltigkeit: Ab Sommer 2017 steigt der Anteil nachhaltig produzierter Waren auf 60 %. In allen Bereichen verzeichnen die Kalifornier Zuwächse: Bio-Baumwolle +13 %, recycelte Textilien +18 %, Fair Trade Produkte +50 %.

Außerdem sind noch ein, zwei nützliche Accessoires dabei. Unter anderem die Bürste von Red Chili, die — festhalten — „Dirty Hairy“ heisst… Bester Titel Ever für eine Bürste! Und von BetaStick gibt es ab Herbst eine Bürstenextension für den Teleskopstab, den Project Brush. Extra stabil gebaut und passend für ebensolche Bürsten.
Die Firmen und die Bezeichnungen stehen bei den jeweiligen Bildern dabei.

 

 

 

    Text: Kletterszene
  • Beitragsdatum 18. Juli 2016