Max Räuber klettert The Big Island (8C)

Große Ziele entstehen selten über Nacht, sondern entwickeln sich oft langsam im Laufe der Zeit. So war das für Max Räuber auch mit The Big Island (8C), an einem steilen Sandsteinblock in den Wäldern von Fontainebleau zu finden, erstbegangen anno 2010 von Vincent Pochon. Dieser fügte The Island (8B+), 2008 von Dave Graham befreit, zwei Züge hinzu und The Big Island (8C) war entstanden.

Ich erinnere mich, dass ich in meinen frühen Kletterjahren das Video von Dave Graham in seiner Erstbegehung von The Island, auch bekannt als Fonts letztes großes Projekt, gesehen habe und später von Jan Hojer, wie er The Big Island wiederholte. Zuerst war ich einfach nur überwältigt, wie cool diese Kletterei aussah und inspiriert davon, wie schwer die Leute klettern konnten.

Diese Inspiration sollte sich für Max Jahre später in ein Bestreben verwandeln. Der Gedanke, dass er, sollte er jemals in die Nähe dieses Niveaus im Bouldern kommen, es zumindest mit The Big Island versuchen sollte, begann sich langsam in seinem Kopf zu manifestieren. Längst auf einem Niveau, auf dem das Projektieren der Linie für ihn möglich gewesen wäre, sollte es noch eine ganze Weile dauern, bis Max sich an die Linie heranwagte.

September 2022:

Ich hatte gerade meine Abschlussprüfungen an der Universität beendet und war auf dem Weg nach Font. Diesmal hatte ich nur ein Ziel vor Augen: The Big Island auszuprobieren, um zu sehen, wo ich stehe. Selbst 28 Grad Celsius konnten meine Begeisterung nicht bremsen. Als ich endlich am Boulder ankam, war ich überwältigt, er sah noch besser aus als im Video. Mit viel Powerspotting von meiner zu diesem Zeitpunkt neuen Freundin konnte ich zunächst alle Positionen einnehmen und dann alle Moves in meiner ersten Session machen. „Nur“ ein Fußwechsel fehlte, und ich wusste nicht, dass mich dieser Fußwechsel, obwohl er mir eine Session später gelang, die nächsten drei Jahre verfolgen würde.

So verging die Zeit, und mehrere Reisen nach Font endeten mit Fortschritten, aber ohne großen Erfolg. Bereits im Frühjahr 2023 war Max dem Durchstieg schmerzlich nahe, musste aber mit leeren Händen abreisen.

Ein Jahr später, nach einem wirklich schönen Winter in Spanien, fuhr er wieder nach Fontainebleau. Seine Versuche waren vielversprechend. Er hatte damit zu kämpfen, dass ihm bei jedem Versuch nach dem berühmten Zug an eine Leiste die Füße kamen. Doch eines Tages machte es klick. Max hielt die Leiste, wie schon so oft, justierte seine Füße ein wenig nach, zog mit der rechten Hand ein wenig höher und ließ die Füße kommen.

In völliger Verzweiflung gelang es mir, den Schwung zu halten, aber beim Versuch, die Ferse hochzuziehen, kam mir die Hand und mein Versuch endete wieder auf dem Crashpad.

Doch Max war glücklich und motiviert:

In meiner Vorstellung musste ich nur noch ein bisschen sanfter, ein bisschen präziser, allgemein ein bisschen sauberer klettern und es sollte klappen. Dieser Go schien wie ein Beweis dafür, dass die Idee, The Big Island zu klettern, Realität werden könnte. Gleich danach wurde ich krank und das Wetter wendete sich gegen mich, eine weitere Saison, ohne Herr meiner eigenen Welt zu werden.

Den darauffolgenden Winter verbrachte er im Tessin, doch The Big Island ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Sobald das Wetter stabil genug aussah, fuhr er im Frühjahr 2025 in den Boulderwald. Nach einigen vielversprechenden Versuchen musste Max für eine Weile zurück nach Hause, die Gedanken weiterhin um The Big Island kreisend.

Als er erneut anreiste, hatte er etwas in seinem Mental Game verändert. Weg vom eigenen Anspruch an Perfektion der Bewegung hin zu „versuch es einfach“. Mit großem Erfolg: Bei seiner zweiten Session dieser Reise hielt er den Schwung wieder von unten kommend, der ihn so oft davon abgehalten hatte, den Boulder zu toppen. Doch wieder scheiterte er daran, seine Ferse neu zu platzieren.

Wird das der Höhepunkt meiner Versuche in The Big Island sein? Nein! Das kann nicht sein.

Zwei Sessions später war er entspannter, nahm sich viel mehr Zeit, um sich gründlich aufzuwärmen. Es folgte ein Versuch, der vielversprechender kaum hätte sein können.

„Time for a walk“

Zwischen meinen Versuchen ein wenig herumzulaufen, wurde schon vor Jahren zu meiner Lieblingsbeschäftigung, um ruhig zu bleiben. Manchmal rief ich ein paar Freunde an oder wie in diesem Fall meine Frau. Ich erzählte ihr von meinem guten ersten Aufwärmversuch, ohne nervös zu sein, denn ich wusste, dass dies vielversprechend war, hatte aber noch keine Erwartungen.

Zurück am Boulder fühlte ich mich seltsam bereit, ich zog meine Schuhe an, ging zum Start und versuchte, mich zu konzentrieren. Plötzlich war da ein Gedanke in meinem Kopf: „Ich werde das jetzt tun!“, aber es war weniger ein Gedanke als vielmehr ein Gefühl, das ich mir nicht selbst auferlegt hatte, sondern das einfach da war.

Ich atme tief ein und hebe vom Boden ab, mein Körper beginnt sich zu bewegen, ich treffe jeden Griff perfekt, jeder Fuß ist auf den Punkt platziert, kein Zögern, keine Fehler.
Ich komme zum Crimp, bewege meine Füße ein wenig höher, ziehe mit der rechten Hand weiter und lasse meine Füße kommen. Ich halte den Schwung, „warum fühlt sich das so leicht an“, und hole die Ferse nach, während ich zurück in die Wand schwinge, „Das ist es!“ Endlich erreiche ich die guten Griffe, „ich könnte es immer noch vermasseln“, „aber das werde ich nicht“, ich bin am Mantle, setze meine Füße und steige aus. Ich bin auf dem Top von The Big Island, Tränen füllen meine Augen, Lachen mischt sich darunter, mein Hund ist verwirrt, er hat mich noch nie so gesehen.
The Big Island war ein großes Kapitel in meinem Klettern, ja sogar in meinem Leben, und ich war mir nicht sicher, wann oder ob ich es beenden würde.

Am Ende hatte Max den Boulder nicht „nur“ geklettert, sondern ihn, die Perfektion vergessend, 100% perfekt geklettert.

Ich war auf der Suche nach etwas, das mich wirklich herausfordert, und ich habe es gefunden, wofür ich nur dankbar sein kann. Vielen Dank für all diese wertvollen Lektionen!
Und danke auch an meine Frau, die mich schneller geheiratet hat, als ich ein verdammtes Boulderproblem klettern konnte
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Video-Link: https://youtu.be/tZ9G3mpqx_k?si=uGKoQM9B2oLqYi8K
  • Credits Text Hanna Rexer f. Kletterszene.com
  • Credits Fotos Max Räuber
  • Beitragsdatum 18. April 2025