Martina Demmel und Yannick Flohé gewinnen die Deutsche Lead Meisterschaft
Martina Demmel und Yannick Flohé sind Deutsche Meisterin und Deutscher Meister im Leadklettern. Damit setzte sich einerseits die Vizemeisterin aus dem vergangenen Jahr gegen die Konkurrenz durch. Andererseits holte Yannick Flohé das Double, nachdem er im Juni dieses Jahres bereits Deutscher Meister im Bouldern geworden war. Mehrere hundert Zuschauerinnen und Zuschauer vor Ort und einige tausend im Livestream sahen einen spannenden Wettkampf bei allerbestem Wetter.
Das Halbfinale
Beinahe sommerlich fühlte es sich im Außenbereich des Kletterzentrums in Augsburg an, als die Routenschrauber die letzten Nachjustierungen für das Halbfinale vornahmen. Auf den ersten Blick wirkten die beiden Routen, die durch den Zentralen Überhang der Außenwand zogen extrem anspruchsvoll.
Das Halbfinale wird sehr slopig mit dynamischen Zügen
meinte Routenbauer Luke Brady
Und genau so saht es auch aus. Die Herrenroute ging über große runde Volumen und Dualtextur-Griffe über ein kleines Dach in den vertikalen Endbereich – und war eine gute Mischung aus wackeligem Geschiebe und athletischen Schwingern. Bei den Damen war das Terrain nicht weniger Steil als bei den Herren und die wechselnden Sloper und kleinen Leisten forderten eine gute Körperspannung und Kraftausdauer.
Hannah Meul und Lucia Dörffel dominieren das Halbfinale
Bei den Damen schafften es nur die wenigsten bis in das Dach, das etwas über der Hälfte der Tour wartet. Bei den meisten Athletinnen ist der Rausschmeißer eine Abfolge von kleinen Leisten im immerhin doch recht überhängenden Wandteil. Besonders überraschte die westdeutsche Meisterin Lucie Molitor, als sie die Leisten mit Leichtigkeit hinter sich ließ und souverän über die überhängende Dachstelle kletterte. Am Ende musste sie zwar die zwischenzeitliche Halbfinal-Führung abtreten, kam aber mit Platz 6 ins Finale. Die letztjährige Deutsche Meisterin Roxana Wienand macht ihren Ausrutscher aus der Quali wieder gut und kletterte wie auch Martina Demmel in die nächste Runde.
Noch ist das Halbfinale aber nicht vorbei: Die Rechnung muss nämlich auch mit Lucia Dörffel und Hannah Meul gemacht werden. Beide knüpfen an ihre Leistungen aus der Quali an und beenden das Halbfinale mit den ersten beiden Plätzen.
Zwei „Underdogs“ gegen die Plastik-Profis
Auch die Herren hatten es alles andere als leicht. Der Start begann recht wackelig und die Volumen-Kletterei kostete durchaus schon Kraft, bevor man mit einem dynamischer Kreuzzug die erste Crux zu bewältigen hatte. Auf brutale und weite Schulterzüge folgte ein extrem schwieriger Kreuzer aus dem Überhang an eine abschüssige Leiste. Für die meisten Halbfinalisten, die es überhaupt bis hier hin schafften, war dann leider Schluss.
Der erste, der weiter kam war Jonas Brandenburger. Diese Führung konnte der 20-Jährige zwar nicht bis zum Ende halten, im Finale konnte er aber nochmal zeigen, was er drauf hat. Die beiden Plastik-„Underdogs“ aus Bayern, Michael Ullrich und Moritz Welt, konnten ihre Leistung aus der Qualifikation wiederholen und zogen zur Überraschung mancher mit Sebastian Halenke, Yannick Flohé, Lars Hoffmann und Christoph Schweiger ins Finale ein.
Das Finale
Die Tribüne ist voll, der Himmel klar, Scheinwerfer lassen die 18 Meter hohe Wand erstrahlt, es ist alles für das Finale angerichtet.
Die Lokalmatadorin Sandra Hopfensitz eröffnte das Finale und die Zuschauer bekamen den ersten Eindruck von der Route. Die Einstiegspassage mit den Makros meisterte die junge Augsburgerin genauso gut wie den Dyno und die anschließende Boulder-Passage. Der Knieklemmer brachte eine kurz Erholung und Sandra konnte noch einmal zwei, drei Klettermeter rausholen, eh sie beim Zug auf Griff 30 abflog.
Die nächsten beide Starterinnen Florence Grünewald und Lucie Molitor konnten die Höhe von Sandra Hopfensitz nicht überbieten und so war schon recht schnell klar, dass Sandras Leistung nicht ohne war. Auch Luisa Flohé und Titelverteidigerin Roxana Wienand, die für den Sprung eine statische Lösung parat hatten und ebenfalls den Knieklemmer zum kurzen Durchschnaufen nutzen, fielen beide unterhalb der von Sandra Hopfensitz Gesetzen Bestmarke ab.
Mit Martina Demmel, Lucia Dörffel und Hannah Meul warteten in der Iso aber noch drei Titelaspirantinnen auf ihren Go.
Die bisherige deutsche Vizemeisterin Martina Demmel gab in der letzten Route des Tages noch einmal alles. Kurzes schütteln im Knieklemmer und Vollgas durch den Überhang! Martina schon ihre Unterarme bei diesem Go kein bisschen und kletterte einen einen Griff weiter wie Sandra Hopfensitz – die Führung!
Lucia Dörffel konnte die Höhe der beiden Führenden nicht erreichen und so warteten alle auf die Letzte Starterin.
Hannah Meul. Wenn sie klettert wie in den Vorrunden, dürfte ihr der Titel eigentlich nicht zu nehmen sein. Wird sie dem Druck standhalten? Auf den ersten Metern sieht es so aus. Gekonnt setzt sie Foot- und Heelhooks ein und kommt ohne ersichtliche Schwierigkeiten Zug für Zug höher. Doch dann rutscht der Fuß ohne erkennbarem Grund ab und Hannah hängt im Seil. So kann es eben laufen. Martina Demmel ist deutsche Meisterin!!!
Das Ergebnis habe ich ehrlich gesagt gar nicht erwartet. Vielleicht war in dem starken Athletinnenfeld auch ein bisschen Glück dabei. Entscheidend waren die kleinen Augenblicke. Meine große Leidenschaft bleibt das Felsklettern. Paris 2024 ist aber schon eine Option.
so die frisch gebackenen Deutsche Lead Meisterin Martina Demmel
Bei den Herren ging der Allgäuer Philipp Martin als erster an die Wand und begeisterte das Publikum mit einer ordentlichen Höhe, nur rund drei Meter unter dem Top. Was ist die Höhe am Ende wert ist, musste man abwarten. Die Routenbauer haben auch in dieser Routen wieder alle Register gezogen und verlangen von den Finalisten sauberes, aber auch schnelles und kraftsparendes Klettern.
Moritz Welt war der Nächste und auch er hatte mit dem Mix aus Stützen an Volumen, Zügen an kleine Leisten oder auch Dynos keine großen Probleme. Selbst an im Dach hangelte er die kleinen Leisten, das raubte ihm aber viel Kraft, die ihm dann etwas weiter oben fehlte und er kippt ein gutes Stück unterhalb von Phlipp Martins Höhe raus.
Michael Ullrich fand im Dach allerdings eine kraftsparendere Lösung und konnte nach der Passage auf einem Volumen abhocken, kurz schütteln und sich erholen. Am Ende fällt Michael am selben Griff wie Philipp Martin. Michael hatte allerdings im Halbfinale die Bessere Platzierung und führt so.
Christoph Schweiger, Lars Hoffmann und Jonas Brandenburger konnten die Höhe von Michael und Philipp nicht erreichen und es standen mit Yannick Flohé und Sebastian Halenke nur noch zwei Finalisten in der Iso.
Mit Yannick Flohé geht es langsam Richtung Entscheidung. Aber puh! Am ersten Dyno macht er es spannend, denn seine Flughöhe reicht gerade so aus. Zum Dach hin stabilisiert sich seine Performance aber deutlich und er hangelte locker drüber. Im oberen Teil packte er noch einmal seine schier unendlich erscheinende Kraft aus. Yannick erreicht zwar nicht das Top, aber einen Griff mehr als seine Konkurrenten zuvor und das ist die Führung!
Jetzt nur noch Sebastian Halenke! Gewohnt motiviert legte Sebastian los, auf dem Weg zum Dach hat er dann doch tatsächlich Probleme, im zweiten Anlauf geht es. Hat das Kraft gekostet? Im Dach sieht es nicht so aus. Schüttelposition an der Dachkante, weiter geht’s, aber mit sehr kraftraubenden Zügen. Deshalb fällt er unterhalb von Yannick, Philipp und Michael raus und landet leider nur auf Rang vier!
Mit dem Meistertitel im Lead habe ich mir ein großes Ziel erfüllt, und das war nach der WM in Moskau der perfekte Abschluss der Saison. Jetzt möchte ich gerne mehr am Fels bouldern gehen und mich nächstes Jahr stärker auf Lead konzentrieren. Mein Fokus ist auf jeden Fall Paris 2024.
so Yannick Flohé
Ergebnis der deutschen Lead Meisterschaft 2021
Damen:
- Martina Demmel
- Sandra Hopfensitz
- Lucie Molitor
- Lucia Dörffel
- Roxana Wienand
- Luisa Flohé
- Florence Grünewald
- Hannah Meul
- Anna-Lena Wolf
- Anna Lechner
- Lara-Maike Lechner
- Lina Himpel
- Ronja Funk
- Marina Hermann
… weiterlesen …
Herren:
- Yannick Flohé
- Michael Ullrich
- Philipp Martin
- Sebastian Halenke
- Christoph Schweiger
- Moritz Welt
- Lars Hoffmann
- Jonas Brandenburger
- Lasse von Freier
- Leander Carmanns
- Johannes Hoffmann
- Max Kleesattel
- Johannes Lau
- Ben Pfeiffer
… weiterlesen …