Boulderhalle kletterszene

Kritik an DAV Hallen: Förderung und Wirtschaftsbetriebe

Momentan passiert ja einiges vor den Gerichten, was auf der einen Seite die Förderung von DAV-Hallen (mit einem Trägerverein, der als gemeinnützig angesehen wird) und auf der anderen Seite den „freien“ Hallen, die als normaler, wirtschaftlicher Betrieb arbeiten, vertreten durch den Kletterhallenverband (Klever) e.V., angeht.

Wir sind übrigens weder Juristen, noch stehen wir auf einer Seite. Wir versuchen nur den Sachverhalt für alle Interessierten halbwegs verständlich wider zu geben.

Um etwas Klarheit in die Geschichte zu bringen… und die ‚Klarheit‘ ist, wie ihr weiter unten sehen könnt, nicht so einfach zu durchschauen, gibt es konkret gerade zwei Fälle.

Fall 1:

Dieser behandelt eine Überlassung eines Grundstückes im Land Berlin an die dortige DAV Sektion zu einem vergünstigten Mietpreis. Der Vorwurf hierbei: unzulässige Sportförderung.

Fall 2:

Dieser Fall geisterte gerade etwas durch die Medien und erinnerte — zumindest im Ansatz — an die Vorwürfe an den ADAC vor einigen Jahren. Im Grunde geht es darum, dass in Darmstadt jetzt ein Gericht angeordnet hat, dass der Verein eine Kletterhalle als Gewerbebetrieb anmelden muss. Sollte damit ein Präzedenzfall geschaffen worden sein, könnte das unter Umständen zur (geschäftlichen) Umstrukturierung sämtlicher bestehender DAV-Hallen führen.

Witzigerweise ist es aber so, dass scheinbar der dpa-Praktikant irgendwie das Datum verplant hat. Diese Entscheidung ist bereits drei Jahre alt (21.8.2014) und die daraus resultierende, „aktuelle“ Meldung der dpa wurde höflichst durch alle Medien publiziert und weiterverbreitet. Also im Grunde ist das Schnee von gestern, ändert aber nix an der grundsätzlichen Debatte zu dem Thema.

Fall 1, Berlin: Pressemitteilung des DAV

— Zitat Anfang [gekürzt. Originalfassung hier ] —
Am Montag, 18. Dezember, hat das Oberverwaltungsgericht Berlin entschieden, dass die DAV-Sektion Berlin für ihre Kletterhalle und für einen begrenzten Zeitraum eine unzulässige Sportförderung erhalten hat – in Form einer vergünstigten Miete für ein Grundstück. Unterm Strich sagt das Urteil vom Montag: Die Förderung von DAV-Kletterhallen ist zulässig und mit den Bedingungen des EU-Binnenmarktes vereinbar.

Die Förderung der Stadt Berlin hätte bei der EU frühzeitiger angemeldet werden müssen – das ist der Kern des Berliner Urteils. Denn die Richter haben festgestellt, dass der DAV in seinen Kletterhallen nicht nur Vereinssport betreibt, sondern auch wirtschaftlich tätig ist. Neu ist das nicht, und ein grundsätzliches Problem ist es auch nicht: Vereine dürfen das in gewissem Umfang, ohne dass die Gemeinnützigkeit beschädigt wird. Steuerlich werden DAV-Anlagen genauso behandelt wie private Hallen. Die Überschüsse aus DAV-Anlagen werden zu 100 Prozent in Vereinszwecke reinvestiert.

Für das DAV-Kletterzentrum Berlin ist die Angelegenheit nun endgültig geklärt: Sie muss wahrscheinlich eine geringe Nachzahlung leisten.

— Zitat Ende —

Zu diesem Fall 1 schreibt Klever folgendes

Pressemitteilung vom 19.12.

— Zitat Anfang —

Jetzt ist es rechtskräftig. Bei den rund 200 DAV Kletterzentren handelt es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit. Das OVG Berlin-Brandenburg stellte rechtskräftig fest:
„Die wirtschaftliche Tätigkeit des Deutschen Alpenvereins liegt im Bundesgebiet insgesamt vor.“ „Alpenverein bietet Waren und Dienstleistungen gegen Entgelt an und ist wirtschaftlich am Markt tätig.“ Die vom Kletterhallenverband beanstandete deutliche Übertretung der Gemeinnützigkeitsgrenzen wurde somit nach fast einem Jahrzehnt des Streits durch die EU Kommission und das OVG bestätigt.

Uns ging es nie um den Gemeinnutz des DAV! Mehrmals forderten wir den Hauptverband dazu auf, die Kletterzentren auszulagern. Stets hieß es – kein Handlungsbedarf.

Dies hat sich nun grundlegend geändert. Durch die Feststellung, dass beim DAV eine Konzernstruktur vorliegt und der Betrieb von Kletterzentren eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, fordern wir die sofortige Auslagerung, bspw. in vereinseigene GmbHs – so wie es in Österreich schon lange der Fall
ist – und im Übrigen auch für den DAV nichts Neues.
So musste 1977 aufgrund steigender Umsätze und Gewinne aus unternehmerischer Tätigkeit die DAV Berg- und Skischule GmbH, später umbenannt und heute bekannt als DAV Summit Club GmbH, aus dem Verein ausgelagert werden.

40 Jahre später also fordern wir die vom DAV als „Hütten der Städte“ proklamierten Kletterzentren ebenfalls auszulagern, da der Gemeinnutzstatus ansonsten
endgültig gefährdet ist.

— Zitat Ende —

Zum Fall 1 aus unserer Sicht

Man kann jetzt sagen, was man will, aber die Gerichte haben das nun so entschieden… Ob ein großer, international tätiger Fussballverein Millionen für sein Stadion und dessen Zufahrt als Zuschuss bekommt, oder wie in Madrid ein Grundstück mit 5400%-Gewinn mit der Stadt tauscht (Stichwort: Las Tablas), das alles hat einen faden Beigeschmack und das kann man so auch bei dem Fall in Berlin sehen. Und vor allem aus Sicht von Klever und den rund 250 privat betriebenen Hallen in Deutschland, die ihre Miete und Pacht „ganz normal“ aus ihren Einnahmen zahlen, ist so ein Urteil natürlich ein Rückschlag. Auch wenn man die Meldung zum Urteil in Berlin liest, liest es sich zwischen den Zeilen ein bißchen wie: Außer Spesen nix gewesen…

Zu der Förderung gab es übrigens bereits 2012 in der EU-Kommision und 2016 vor dem EuGH eine höchstrichterliche Entscheidung, die besagt: Die öffentliche Förderung von Kletterhallen des DAV ist rechtmäßig.

Das interessante dabei ist die Formulierung, dass das Gericht feststellt, die Halle sei ein wirtschaftlicher Betrieb und am Markt tätig. Das allerdings per se ist auch in einem Verein erstmal kein Problem, denn solche Konstellationen gibt es zuhauf. Als Grundsatz hierbei gilt grob folgendes: Der Zweck des Vereins muss über allem stehen und Einnahmen aus einer wirtschaftlichen Tätigkeit oder die wirtschaftliche Tätigkeit dürfen sich nicht über den Zweck stellen, der in der Satzung steht und weswegen die Gemeinnützigkeit erteilt wurde.

Man denke hierbei an den örtlichen Fussballverein mit angeschlossener Vereinskneipe. Der Verein dient dem Zwecke nach der interkulturellen Verständigung, der Jugendförderung, etc. pipapo. Aber natürlich werden ein Teil der Einnahmen für den Verein und dessen Betrieb (nämlich Spiele ausrichten und Jugendförderung) in der Kneipe nach den Spielen erzielt. Obwohl es viele andere Kneipen in der Stadt gibt und zum Teil Bau und Pacht der Vereinsgrundstücke und -gebäude bspw. durch den bayrischen Sportbund und die Kommunen (Kreisjugendring, etc.) gefördert wird, wäre es natürlich unverständlich, warum der Verein nicht auch seine eigene Kneipe betreiben darf um eben genau so seinen Zweck erfüllen zu können.

Fall 2, Darmstadt: Eintragung ins Handelsregister

Hier ist anno dazumal folgendes passiert. Das AG Darmstadt hat festgelegt, dass sich die Halle der Sektion Darmstadt zusätzlich in das Handelsregister eintragen muss. Das ist erstmal kein großes Problem (siehe das Beispiel oben), aber was sich dabei ergeben kann ist folgendes:

Die Einnahmen aus einem „Zweckbetrieb“ (der DAV-Halle) sind momentan eben an den Vereinszweck gekoppelt und diese Einnahmen sind momentan noch steuerbefreit. Sollte es passieren, dass das Finanzamt (die Gemeinnützigkeit stellt das Finanzamt fest, nicht das Amtsgericht) im Nachhinein dem Zweckbetrieb diese Gemeinnützigkeit aberkennen, dann würden sich zumindest steuerrechtlich einige Probleme für diese DAV-Sektion ergeben. Nicht nur müßten Steuern gezahlt und nachgezahlt werden, auch kann man aus kommunaler Sicht nicht mehr so einfach ein ins Handelsregister eingetragene „Firma“ subventionieren, wie man einen gemeinnützigen Verein subventionieren kann.

Zum Fall 2 aus unserer Sicht

Aber — und hier kommt wieder nur unsere Meinung: Sollte das wirklich passieren, dann wird vermutlich erstmal geklagt und dann wird Revision eingelegt und dann wieder Revision, dann kommen irgendwann die kleinen Fussballvereine aus Deutschland, die das gleiche Schicksal befürchten müssen, und dann ist das Thema wahrscheinlich wieder vom Tisch. Das ist dann vermutlich in zehn bis zwölf Jahren soweit, wenn überhaupt.

Wer noch weitere Artikel dazu lesen will, sollte hier bei der SZ und bei den Kollegen von Alpin schauen.

[Letzter Absatz geändert am 23.12. 14:25]

 

    Text: Deutscher Alpen Verein / Klever / kletterszene.com
  • Beitragsdatum 22. Dezember 2017