Kletter- und Boulderhallenunfallstatistik 2024

Der Deutsche Alpenverein (DAV) und KLEVER betreuen derzeit rund 250 Mitgliedshallen, was die Mehrheit der Kletteranlagen in Deutschland abdeckt. Ab 2024 werden auch Kletterhallen des Vereins Kletteranlagen Österreich (VKAÖ) mit demselben Unfallmeldeformular erfasst, wodurch die Daten nun beide Länder, Deutschland und Österreich, umfassen.

In dieser Analyse wurden ausschließlich ernsthafte Unfälle erfasst, bei denen ein Rettungsdiensteinsatz notwendig war oder ein stationärer Krankenhausaufenthalt bekannt ist. Diese Kriterien stellen sicher, dass eine verlässliche Datenbasis vorliegt. Aufgrund möglicher unvollständiger Meldungen ist jedoch mit einer Dunkelziffer an nicht erfassten Unfällen zu rechnen.

Unfallstatistik: Ein Blick auf die Zahlen

Insgesamt wurden 261 Ereignisse mit schweren Verletzungen oder Einsatz von Rettungsdiensten registriert, davon stammen 220 Meldungen aus deutschen Kletterhallen und 41 aus österreichischen. Ein bedeutender Bereich ist die Problematik von Bodenstürzen bei der Benutzung von Selbstsicherungsautomaten, wobei in sieben Fällen (einschließlich eines tödlichen Unfalls) das Nichteinhängen des Systems ursächlich war.

Die Nutzung von Selbstsicherungsautomaten erfordert höchste Aufmerksamkeit. Bei allen sieben Unfällen waren das Nichteinhängen oder Unaufmerksamkeiten die Hauptgründe für die Bodenstürze. Weitere Beinaheunfälle mit ähnlichem Verlauf zeigen, dass es sich häufig um routinierte Kletternde handelt, die bereits mehrere Routen an einem Tag geklettert sind. Oftmals verlagert sich der Fokus während des Trainings auf das Klettern selbst, während der notwendige Selbstcheck der Sicherung vernachlässigt wird. Dies führt dazu, dass Kletterer ohne korrekten Karabiner-Haken in die Route einsteigen.

Gemeldete Verletzungen

Boulderunfälle

  • Den Hauptanteil der Boulderunfälle machen Verletzungen auf Grund eines Sturzes auf die Matte aus (84 %).
  • Sportverletzungen (n=21) beim Bouldern mit Rettungsdiensteinsatz waren beispielsweise Schulterverletzungen (ausgekugelt), Verletzungen der Muskeln und Sehnen im Unterschenkel, meist beim Aufstehen, dynamischen Zügen oder bei Boulderzügen an der Belastungsgrenze.

Kletterunfälle

53 Seilkletterunfälle mit Rettungsdiensteinsatz wurden gemeldet, 29 davon waren Bodenstürze:

  • In 9 Fällen verletzte sich die sichernde Person (davon in 5 Fälle sichernde und kletternde Person beide)
  • In der Kategorie Verletzungen durch Anprall an der Wand (n=9) wurden in einem Fall die sichernde Person durch den Zug an die Wand verletzt und in 8 Fällen die Kletternden, meist einhergehend mit Fußverletzungen und teilweise Kopf und Oberkörperverletzungen.
  • Bei einer Kollision (Gesamt: n=4) wurde eine dritte Person verletzt, ansonsten sichernde und kletternde Person gleichermaßen. Ereignisse solcher Art gehen oft mit Kopf- sowie Verletzungen der Getroffenen einher. Eine Kollision geschah beim Ablassen, während die anderen Fälle beim Sturz zwischen 4. und 6. Exe passierten.
  • Bei 5 der 9 Unfälle mit Sportverletzungen kugelte sich die kletternde Person die Schulter aus.

Bodenstürze und Kollisionen

Bodenstürze und Kollisionen im Vorstieg (n=16) passierten in verschiedenen Höhen der kletternden Person, am häufigsten jedoch zwischen der 5. und 7. Exe!

  • Drei Unfälle geschahen im Moment des Clippens und Seilausgebens.
  • In 5 Fällen kam es zu Handverbrennungen der sichernden Person
  • Unfälle passierten mit jedem Typ Sicherungsgerät und deckte sich in etwas mit der Nutzungsverteilung der Sicherungsgeräte.

Eine häufige Fehlerquelle, die zu Bodenstürzen führt, sind Fehlbedienungen von Sicherungsgeräten: z.B. Verletzung des Bremshandprinzips, Verharren in Gerät-Offen-Position beim Seilausgeben.

  • Drei Bodenstürze passierten beim Seilklettern (Vorstieg und Toprope) aufgrund von Einbindefehlern. Zwei davon endeten tödlich!

Einbindefehler sind tragisch. Es kann davon ausgegangen werden, dass durch einen gründlichen Partnercheck diese vermeidbar gewesen wären.

  • Bodenstürze und Kollisionen beim Ablassen passierten meist durch zu schnelles Ablassen: Durchziehen des Hebels oder Hochdrücken des Rüssels/Nase und anschließendem Kontrollverlust.

Beim Ablassen immer dosiert Seil mit der Bremshand nachschieben/ durchlaufen lassen und nicht zu schnell werden. Standposition und Gewichtsunterschiede beachten!

Bodenstürze bei Selbstsicherungsautomaten (n=7)

Die Benutzung von Selbstsicherungsautomaten erfordert ein sehr hohes Maß an Aufmerksamkeit, bei allen sieben Unfällen (1 tödlich) war das Nichteinhängen des Systems ursächlich für den Bodensturz. Weitere Beinaheunfälle mit demselben Muster sind bekannt. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um Blackouts oder Unaufmerksamkeiten im Routineablauf handelt. Häufig lässt sich aus den Berichten erörtern, dass Betroffene erfahrene Kletternde sind, die bereits mehrere Routen am selben Tag gesichert geklettert sind. Es ist anzunehmen, dass sich beim Trainingsgedanken der Fokus auf das Klettern der Route verschiebt oder schnelles Wiederholen vieler Klettermeter und die Notwendigkeit eines Selbstchecks der Sicherung bei jedem Durchlauf vernachlässigt wird – so wird an der Kletterroute eingestiegen ohne den Karabiner eingehängt zu haben.

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Video-Link: https://youtu.be/GguIHmRfOJY?si=t-XEcP40F5FfpS1f
  • Credits Text Klever eV, DAV, kletterszene.com
  • Credits Fotos Klever eV, DAV, kletterszene.com
  • Beitragsdatum 7. Juli 2025