
Jules Marchaland onsightet Produit de la saume (8c)
Jules Marchaland wollte vor der Lead-Worldcupsaison nochmal durchatmen. Offensichtlich ist das wörtlich zu nehmen, denn mit tatenlosem Seelebaumelnlassen und Urlauben hat dieses „Durchatmen“ bei dem 24-Jährigen wenig zu tun.
Stattdessen onsightet der französische Athlet, dessen bevorzugte Disziplin das Sportklettern ist, mal eben mit Produit de la saume in Briançon eine 8c. Mit Dragée Fuca (8b+) flasht er während des Frischluftgenießens darüber hinaus auch noch eine 8b+.

Alles lief perfekt, alle Entscheidungen waren gut. Ich bin sehr glücklich über meine erste 8c onsight, die sicher nicht leicht war. Aber ich bin froh, die Chance ergriffen zu haben.
Onsightversuche am oder über dem persönlichen Limit scheinen zunächst eine undankbare Angelegenheit zu sein. Die Wahrscheinlichkeit, zu scheitern, ist hoch. Improvisationstalent, viel Klettererfahrung, ein sehr guter Trainingszustand und die Fähigkeit, wiederholt sehr schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen, sind definitiv hilfreich, um hier erfolgreich zu sein.
Um die Unterschiede zwischen den einzelnen Begehungsformen für all diejenigen noch einmal auseinanderzuklamüsern, die bisher nur wenig damit zu tun hatten:
Onsight:
Eine Route wird im ersten Versuch geklettert, ohne Sturz oder sonstige Belastung oder Zuhilfenahme der Sicherungspunkte, und ohne dass die oder der Kletternde über irgendwelche Zusatzinformationen zu Zügen, Lösungsmöglichkeiten, riskanten Passagen etc. verfügt. Auch während des Kletterns dürfen keine Informationen zugerufen werden. Vor dem Einstieg in die Wand darf man sich allerdings vom Boden aus, auch mit Hilfe eines Fernglases, einen Überblick verschaffen. Sozusagen eine „Begehung auf den ersten Blick“, der Vorstieg einer unbekannten Linie im ersten Versuch.
Onsight ist auch der Begehungsstil, der üblicherweise bei Leadwettkämpfen zu sehen ist.t.
Eine Flash-Begehung unterscheidet sich dahingehend von einer Onsight-Begehung, dass die Kletternden sich vorab ausführlich über die Kletterei informieren dürfen. Sei es über Bilder, Videos, Gespräche mit Vorbegeher*innen oder Abseilen durch die Route, ohne einzelne Züge oder Passagen auszuprobieren. Auch Zurufen von hilfreichen Informationen während des Kletterns ist erlaubt.
Hier wird also eine bekannte Route im ersten Versuch sturzfrei und ohne Belastung oder Zuhilfenahme der Sicherungspunkte geklettert.
Rotpunkt:
Sowohl Onsight- als auch Flashbegehungen sind AUCH Rotpunktbegehungen.
Der Begriff wurde von Kurt Albert in den 1970er Jahren geprägt, als das Klettern unter Nutzung aller möglichen Hilfsmittel wie Trittleitern, Steigschlingen etc. mehr und mehr vom Freiklettern abgelöst wurde.
Mittlerweile gilt für viele eine Route nur dann als geklettert, wenn sie im Vorstieg ohne Sturz und ohne Belastung oder Zuhilfenahme der Sicherungspunkte oder anderer zusätzlicher Hilfsmittel, also im Rotpunkt, geklettert wurde.