Internationale Deutsche Meisterschaft Klettern

Jessica Pilz und Christoph Hanke gewinnen die Internationale Deutschen Lead Meisterschaft

Das Jahr 2020 war auch für die Klettergemeinschaft schwierig. Nach ausgefallenen Weltcups und einer verschobenen Olympiade konnten zum Glück im Sommer Österreich und die Schweiz nationale Events mit internationalen Gästen abhalten. Auch beim Deutschen Alpenverein öffnete man die Deutsche Meisterschaft Lead für Athletinnen und Athleten aus den Nachbarstaaten. Teams aus Österreich, der Schweiz, Belgien und den Niederlanden folgten der Einladung.

Der Klettermodus änderte sich dabei nur gering: Der und die beste Deutsche des Rankings durften sich am Ende als neue Deutsche Meister Lead bezeichnen. Davon unabhängig ging der Tagessieg an die beste Frau und den besten Mann des Finales.

„Wir freuen uns, dass unsere Deutsche Meisterschaft so attraktiv ist, dass auch die Gäste aus den Nachbarstaaten unsere Einladung angenommen haben. Für die deutschen Starterinnen und Starter erlaubt zum Beispiel die Anwesenheit von Weltmeisterin Jessica Pilz und Weltcupsieger Sascha Lehmann einen Leistungsvergleich mit der Weltspitze.

so Sportdirektor Martin Veith:

Qualifikation der Damen: Schwere Routen für Stars und Sternchen

Das Routenbauerteam Luke Brady, Joseph Wetzel und Flo Murnig nutzte die turmartig gebaute Wettkampfwand der Kletterhalle für besonders spannende und schwere Routen: Route eins zum Beispiel startete an einer Kante und ging im oberen Bereich über ein Dach in die hinter dem Turm liegende Wand über. Von den 37 Starterinnen konnten Route eins vier Damen toppen, darunter auch die amtierende deutsche Bouldermeisterin Hannah Meul (DAV Rheinland-Köln) und die Deutsche Lead-Meisterin von 2019, Lucia Dörffel (Sächsischer Bergsteigerbund). Route zwei sah fünf Tops. Auch hier konnte eine Deutsche den Umlenker einhängen: Romy Fuchs (DAV München-Oberland). Klettersuperstar Jessica Pilz (AUT) kletterte als einzige Frau beide Routen bis zum Ende

Herren-Quali: Lehmann (SUI) klettert zwei Mal zum Top

Deutschen Lead Meisterschaft

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Bei den Herren versuchten sich 40 Kletterer an der 18 Meter hohen und bis zu sechs Meter überhängenden Wand, darunter sechs Starter aus den Nachbarländern. Am Ende konnten beide Routen nur je ein Mal getoppt werden – vom Schweizer Kletterstar Sascha Lehmann.

Doch auch das DAV-Team überzeugte: Auf Quali-Rang zwei landete Lead-Spezialist Christoph Hanke, Yannick Flohé wurde Fünfter der Qualifikation. Auch Sebastian Halenke meldete sich nach einjähriger Verletzungspause zurück – mit einem Ticket für das Halbfinale. Daneben konnten auch die „jungen Wilden“ ihre Chance nutzen: Emil Zimmermann und Michel Siedler waren mit 16 Jahren die Jüngsten im Halbfinale.

„Ich freue mich riesig für die beiden, weil sie gleich bei ihrer ersten Deutschen Meisterschaft gezeigt haben, dass sie auch bei den Erwachsenen mitspielen können. Das letzte Jahr war für Emil und Michel nicht so erfolgreich, umso schöner ist es zu sehen, dass ihr Training nun Früchte trägt.

Für mich sind die beiden echte Hoffnungsträger für die Zukunft.“

meinte Bundestrainerin Fritze Kopps:

Damen-Halbfinale: zwei Deutsche klettern in die letzte Runde

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Auch im Halbfinale mussten die Damen durch die am stärksten überhängende Partie der Wettkampfwand. Die Schwierigkeiten begannen bei der 5. Exe – mit einem dynamischen Zug an ein griffiges Volume. Hatte man es bis hierhin geschafft, wartete ein Quergang, der extreme Fußpräzision und Schulterstärke verlangte.

Als erste schafften dies nach 12 Starterinnen Roxana Wienand vom DAV Aschaffenburg und gleich darauf die erst 18-jährige Martina Demmel (DAV Peißenberg). Die Kader-Athletinnen konnten auch noch die darauf folgende Platte durchsteigen und fielen bei Zug 45+ und 44+.

Im Laufe des Halbfinales wurde die Höhenmarke ein paar Mal nach oben korrigiert und Wienand und Demmel rutschten im Ranking weiter nach unten. Nach insgesamt 23 Starterinnen standen sie auf Platz 6 und 7. Eine Zitterpartie für die beiden: Nur acht Athletinnen kommen ins Finale und es warteten noch drei Starterinnen in der Isolation.

Unter anderem Hannah Meul, die aber unglücklich im Quergang fiel und am Ende Platz 9 belegte. Auch Lucia Dörffel fiel zu früh. So kletterte nur die Weltmeisterin Jessica Pilz höher und korrigierte die Platzierung der beiden Deutschen noch um einen Rang nach hinten. Trotzdem reichte es für Roxana Wienand und Martina Demmel für das Finale – die Meisterschaft würden sie im Finale unter sich austragen.

„Natürlich hätten wir gerne mehr deutsche Starterinnen im Finale erlebt, aber es ist auch schön zu sehen, dass sich die Anreise für unsere ausländischen Freunde gelohnt hat“,

so Sportdirektor Martin Veith.

Halbfinale Herren: viele Tops

„Ein Sprung am Anfang ist immer gut, dann wissen die Athleten, dass es losgeht und sind wach“, erklärte Chefroutenschrauber Luke Brady vor dem Halbfinale. Insgesamt war die Halbfinalroute aber wohl etwas zu leicht geraten, ein Großteil der Kletterer fiel erst zwischen Zug 39+ und 40+, also kurz vor dem Top. Auch der erst 16-jährige Emil Zimmermann kletterte bis Zug 40+ und konnte sich einige Zeit auf dem ersten Platz behaupten. Eine großartige Leistung für seine erste Deutsche Meisterschaft. Am Ende belegte er Platz 14.

Mit fortschreitendem Teilnehmerfeld wurde die 40+-Marke geknackt: Beim Halbfinale starten die Teilnehmer in der umgekehrten Reihenfolge – die besten kommen zum Schluss. Und so überraschte es nicht, dass die Route insgesamt acht Mal bis zum Ende geklettert werden konnte und auch eine Top-Leistung wie 40+ nicht für ein Final-Ticket reichte.

Nach den 26 Athleten stand fest: Das Top gehörte zur Pflichtleistung. Yannick Flohé hatte Pech: Er fiel beim letzten Griff und beendete den Wettkampf auf Platz 9.

Finale der Damen: Roxana Wienand neue Deutsche Meisterin

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In der Runde der besten Acht wird wieder in umgekehrter Reihenfolge gestartet, das heißt: Die beiden deutschen Damen kamen zuerst aus der Isolation und die Meisterschaft entschied sich gleich zu Beginn: Demmel startete als Erste in die überhängende Wand mit den großen gelben Volumen. Leider fiel sie bereits unglücklich beim ersten Dynamo und vergab damit früh ihre Chance.

Für das noch junge Ausnahmetalent war der Tag dennoch ein Erfolg: Martina Demmel klettert erst seit drei Jahren und nimmt erst seit einem Jahr an Wettkämpfen teil. Trotzdem gehen am Fels bereits einige 8c-Routen auf ihr Konto. Durch den frühen Sturz Demmels hatte Roxana Wienand eine gute Ausgangsposition.

Doch auch sie konnte den Dynamo nicht halten und fiel am gleichen Zug – allerdings mit einer besseren Bewertung. So holte sie sich am Ende die Meisterschaft. Wienand: „Es wäre schöner gewesen, bei einer Lead-Route wegen des Pumps zu fallen und nicht, weil man den Zug nicht kann. Doch im Halbfinale konnte ich mich gut beweisen.“ Für Roxana Wienand ist es der erste Meisterschaftstitel.

Den Rest des Wettkampfs bestimmten die Gäste aus den Nachbarländern. Als Dritte kam die Belgierin Lucie Watillon. Sie begeisterte bereits im Halbfinale mit einer hohen Beweglichkeit und sehr präzisen Bewegungen. Watillon meisterte den Sprung. Erst an großen Volumen, die zu einer V-förmigen Verschneidung angeordnet waren, fiel sie. Michelle Hulliger, die Schweizer Vizemeisterin im Lead, kam insgesamt sechs Züge weiter als ihre belgische Konkurrentin. Lynn van der Meer aus den Niederlanden bemühte wie die beiden DAV-Damen beim ersten Dynamo die Seilsicherung. Als nächste kam Eva Maria Hammermüller (AUT) aus der Isolation. Sie kletterte bis Zug 43+ und setzte sich damit an die Spitze. Die Schweizerin Anne Sophie Koller hingegen scheiterte ebenfalls am Dynamo. Dann ging die Weltmeisterin an die Wand: Jessica Pilz aus Österreich kletterte konzentriert bis zum ersten Dynamo. Doch auch sie tat sich hier schwer und benötigte mehrere Ansätze, bis sie sich zum Sprung entschloss – erfolgreich! Doch sie brauchte insgesamt lange und am Ende ging ihr tatsächlich die Zeit aus. Das Top erreichte sie außerhalb der Wertung. Mit 45 Zügen gewann sie trotzdem verdient.

Herren-Finale: Chris Hanke gewinnt!

Die Herren mussten sich in einer recht unübersichtlichen Route zurechtfinden: Große Volumen, kleine Tritte und Griffe und insgesamt sechs Meter Überhang galt es zu überwinden.

Sebastian Halenke kam als Erster aus der Isolation: Er kletterte konzentriert und kraftvoll bis in das letzte Drittel der Route. Erst an einer Querung kurz unterhalb des Zielgriffs fiel er bei Zug 43+. Ein starkes Comeback. Auch Lars Hoffmann erreichte ebenfalls recht mühelos die oberste Passage und fiel bei 40+. Langsam fragten sich die Anwesenden, ob die Route nicht doch wieder etwas zu leicht war? Die Antwort: Nein! Halenke kletterte einfach extrem stark. Auf Lars Hoffmann folgte Martin Tekles. Doch der Bayer hatte Pech: Er verpasste einen halbdynamischen Zug und erreichte die Griffwertung 19+. Mit Louis Gundolf ging im Anschluss der einzige Österreicher im Feld an den Start.

Er stellte Halenkes Bestmarke ein – um einen Zug. Nicolas Collin (BEL) kämpfte hart mit den kleinen Griffen im oberen Drittel und konnte sich schließlich nicht mehr halten.

Bei Zug 41+ war Schluss. Halenke, nach vier weiteren Startern immer noch bester Deutscher und insgesamt auf Platz 2, hatte wirklich vorgelegt! Mark Brand aus Amsterdam (NED) erreichte Griff 35. Dann kam der Vizemeister von 2019 an den Start, Chris Hanke. Der 26-Jährige Wahlfranke überzeugte schon in den Vorrunden mit einer starken Leistung. Was würde er in dieser Route ausrichten können? Hanke kletterte routiniert und ohne große Ermüdungserscheinungen zu zeigen. Schnell näherte er sich der Crux-Passage, in der bereits so viele Athleten vor ihm die Aufmerksamkeit des Sichernden gefordert hatten. Mit einigem Zittern erreichte er Halenkes Bestmarke. Doch dann fing er sich und kletterte noch einige Züge weiter – insgesamt vier mehr als Halenke und drei mehr als Gundolf. Damit stand aber zunächst nur der neue Deutsche Meister im Lead fest!

Den Tagessieg konnte Hanke nur noch einer streitig machen: Der Lead-Star aus der Schweiz, Sascha Lehmann. Gegen den Schweizer Meister schien an diesem Wochenende kein Ankommen zu sein: Er leistete sich schon in den Vorrunden keine Fehler und kletterte auch hier schnell und ohne Schwächen bis zum Zug 43, an dem für Sebastian Halenke Schluss war. Den nachfolgenden Griff konnte er aber überraschend nicht festhalten.

Christoph Hanke sicherte sich damit nicht nur den Titel des Deutschen Meisters sondern auch den Tagessieg. Übrigens ist es der erste Meisterschaftstitel! „Die Route war toll geschraubt und ließ auch das Fighten zu“, freute er sich nach dem Wettkampf über den gelungenen Routenbau im Finale.

Ergebnisse der Internationale Deutschen Lead Meisterschaft 2020

Damen:

1 PILZ Jessica (AUT)
2 HAMMELMÜLLER Eva Maria (AUT)
3 HULLIGER Michelle
4 WATILLON Lucie
5 VAN DER MEER Lynn Koninklijke 
6 WIENAND Roxana
7 KOLLER Anne-Sophie
8 DEMMEL Martina
9 MEUL Hannah
10 FUCHS Romy
11 HOPFENSITZ Sandra 12 FLOHÉ Luisa
13 ATKINS Käthe
14 DÖRFFEL Lucia
15 GORZELLIK Catrin

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Männer:

1 HANKE Christoph
2 GUNDOLF Louis (AUT)
3 LEHMANN Sascha (SUI)
4 HALENKE Sebastian
5 COLLIN Nicolas (B)
6 HOFFMANN Lars
7 BRAND Mark (NL)
8 TEKLES Martin
9 FLOHÉ Yannick
10 MARTIN Philipp
11 VOGT Dimitri (SUI)
12 GÖTHERT Philipp
13 WÜRTHNER Tim
14 ZIMMERMANN
15 NIBLER Jakob

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Fazit des Bundestrainers Maxi Klaus: Deutsche Mannschaft auf gutem Weg

Bei den Damen haben wir uns unter Wert verkauft, auch wenn klar war, dass die anderen Nationen grundsätzlich noch stärker sind. Gerade Hannah Meul und Lucia Dörffel hatten eigentlich einen tollen Lauf und hätten das Können gehabt, viel weiter vorne reinzuklettern. Mich freut aber die Entwicklung der beiden und natürlich auch die Leistung von Martina Demmel und Roxana Wienand – beide sind noch jung und gerade Martina hat bisher noch sehr wenige Wettkämpfe bestritten.

Die DAV-Herren zeigten eine solide Leistung, und gerade Chris Hanke hat das Finale verdient gewonnen. Bei Sebastian Halenke sieht man, dass er noch nicht wieder ganz im Wettkampf-Modus ist, aber trotz seiner langen Verletzungspause konnte er bereits jetzt zeigen, das mit ihm wieder weit vorne zu rechnen ist.

so Maxi Klaus

    Text: Franz Güntner /DAV, Kletterszene

    Foto: DAV/Pavel Vekla

  • Beitragsdatum 13. Oktober 2020