Wuppertal bebt! Das HardMoves Finale in der Schwimmoper hat neue Maßstäbe gesetzt [Bericht, Ergebnisse, Bilder]

Wuppertal war am Wochenende Schauplatz zweier gewaltiger Erdbeben. Epizentrum des ersten waren am Samstag die Wupperwände, um etwa 17:45 Uhr und dürfte bei 8,9 auf der Richter-Skala einzustufen sein. Das zweite war dann gegen 23 Uhr in der Schwimmoper zu spüren und mit mindestens 11,9 das bisher stärkste Beben seiner Art in der europäischen Kletterwelt. (Ein leichtes Nachbeben gab es auch noch als die letzten Partygäste gegen sieben Uhr in die Betten krachten.)

Man muss mal festhalten, dass sich in den vergangenen Jahren die HardMoves von einem kleinen Lokalbewerb einiger Kletterhallen zu dem Wettkampf mit den ab Abstand meisten Teilnehmern der Welt gemausert hat. Von ursprünglich etwa 250 Teilnehmern stieg die Teilnehmerzahl dieses Jahr auf knapp über 4500 Teilnehmer. Das allein wäre schon mal mehr als beachtlich, betrachtet man den irrsinnigen Aufwand, den die beiden Hauptorganisatoren Arndt Wilmanns und Christian Popien und ihr Team aus mehr als 100 — zum Großteil ehrenamtlichen — Helfern, betrieben haben, um das Finale in die Schwimmoper zu bekommen, kann man nur den Hut ziehen. Aber mal von Anfang an…

Die Vorrunde in den Wupperwänden

Wie schon auch die letzten Jahre fanden die Ausscheidungswettkämpfe für die 290 angereisten Kletterer in den Wuppertaler Wupperwänden statt. Der Modus ist denkbar einfach: alle klettern, was das Zeug hält, jeder begangene Boulder zählt einen Punkt. Damit alles korrekt dokumentiert wurde hielt hier schon das erste große Novum Einzug: Es gab keine klassischen Scorecards mehr, das wäre für so einen Event schlicht „zu 90er“ gewesen, sondern das Team der Schiris wurden mit Tablets ausgestattet und konnten „online“ die Ergebnisse eintragen, somit war auch jederzeit eine Live-Ansicht der Zwischenstände zu sehen. Ermöglicht wurde dieser mobile Ergebnisdienst von Ralf Kowalkski. Dadurch entwickelte sich auch gegen Ende hin ein extrem spannender Zweikampf zwischen dem Climbmax-Team aus Stuttgart und dem Escaladrome aus Hannover, den die Hannoveraner in letzter Minute für sich entscheiden konnten. Das ließ schon mal auf einen extrem spannenden Abend hoffen.

Daneben konnten sich natürlich auch die Lokalmatadore aus Wuppertal qualifizieren, ebenso das starke Team der Boulderwelt aus München. Auch das Café Kraft hatte mit Alex Megos und Thomas Tauporn zwei extrem starke Zugpferde im Gepäck, die in der Vorrunde alle 36 Probleme wegdrückten. Ebenfalls Dauergäste im Finale ist das Rocktown-Team aus K’lautern und die Camp4-ler aus Zweibrücken. Somit waren die Finalteams entschieden und so ging es, nach etwa 20 Kästen Feierabend-Freibier, das wir aus Bayern ins „Bergische Ausland“ importiert hatten, gegen 18 Uhr aus den durchaus „kuschligen“ Wupperwänden mit den bereitgestellten Shuttlebussen einmal quer durch die Stadt zur Schwimmoper.

Das Finale in der Schwimmoper

Die Busse hielten an der großen Glasfront der Schwimmoper und hinterliesen offene Münder und staunende Gesichter. Sowas hatte noch keiner gesehen. Erst jetzt wurde vielen klar, dass sie bei einem der wahnsinnigsten Events der Klettergeschichte dabei sein werden. Beeindruckend die 7m hohen Kletterwände über dem Wasser, beeindruckend die Lichter und die verbaute Technik, samt jeder Menge Fernsehkameras und zweier Großleinwände. Einer der Technikjungs sagte im Vorfeld, er kenne einen solchen Aufwand nur von einem Rammstein-Konzert: eine Woche aufbauen für drei Stunden Show. Und genau so war es und wieder mal kann man die ganze HardMoves-Crew nur beglückwünschen, dass sie trotz aller Widrigkeiten im Vorfeld, ein solches Event reibungslos über die Bühne gebracht habt. Irre!

Und die Stimmung in der Halle tat ihr übriges, um dieser Veranstaltung gerecht zu werden. 1700 Menschen, die die Teams zu absoluten Höchstleistungen anspornten. Jeder einzelne geschaffte Zug wurde frenetisch gefeiert und je mehr die Füße baumelten, desto lauter wurde es. Gänsehaut und schwitzige Hände inklusive.

Zum Wettkampf selber kann man sagen, daß es unglaublich spannend herging. Dass diesmal neben den vier Jungs auch zwei Mädels starten mussten, war eine kleine Änderung und versprach noch engere Ergebnisse. Für jedes Boulderproblem wurde ein Teammitglied bestimmt, das dann drei Versuche hatte. Ganz klar, bei jedem Versuch wurde es schwieriger: nasse Griffe und nasse Schuhe sind halt weit entfernt von „optimal“ :) Aber im Laufe des Wettkampfs blieb es ständig spannend, sah es nach den ersten drei Starterrunden noch so aus, als würde Wuppertal und Hannover das Rennen wieder untereinander ausmachen. Bei Boulder 4 machte es Johannes Lau (Kaiserslautern), dann aber richtig spannend und zog im dritten Versuch (!) das Problem durch und konnte so den Vorsprung der beiden anderen Hallen etwas schmälern. Bei Boulder Nummer 5 waren dann wieder die Mädels gefragt. Alle Augen richteten sich auf Lena Herrmann (Hannover), Katrin Lau (K’lautern) und natürlich Jule Wurm (Wuppertal). Während Lena mit 80 Punkten und Jule mit 90 Punkten im ersten Versuch ordentlich vorgelegt haben, gab Katrin in ihrem zweiten Versuch auch nochmal alles und erreichte ebenfalls den 90er-Griff. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Wuppertal und Hannover lediglich durch 10 Punkte getrennt, nochmal 50 weniger hatten die Rocktown’ler. Es war also alles offen. Alles würde sich an dem letzten Boulder entscheiden. Jakob Unger legte für Hannover vor und scheiterte an dem Einstiegssprung bei 20 Punkten (und leider sollte er diesen auch nicht mehr schaffen). Somit checkte das Escaldrome bei 500 Punkten ein. Anschließend startete Dominik Winkler für die Lauterner und rutschte auch gleich bei der 20-Leiste raus. Alex Wurm tat es ihm für Wuppertal  gleich und somit erreichten alle drei Favoriten nur 20 Punkte im ersten Go. Die Kiste wurde immer spannender. Dominik kam für den zweiten Versuch an die Startgriffe, und machte es bei dem Sprung richtig spannend. Fast wäre er nochmal abgefallen, chalken, nochmal anreissen und auf der „letzten Rille“ kam er an den 40er-Henkel. Wahnsinn, Kaiserslautern führte, nachdem er souverän bis zum Top gestiegen war. Jetzt hing alles an Alex Wurm, der für die Wuppertaler in der Quali die meisten Punkte gesammelt hatte. Aber leider schaffte Alex es nicht mehr und rutschte wieder von der Leiste. Insofern stand das Ergebnis fest, Rocktown Kaiserslautern vor dem Team aus den Wupperwänden und dem Escaladrome Hannover. Dicken Glückwunsch an den die Mädels und Jungs aus Kaiserslautern an dieser Stelle! Und eigentlich kann es nur wieder spannend werden im nächsten Jahr, jetzt da der Pokal die „heimischen Gefilde“ der Wuppertaler verlassen hat. Ebenfalls beglückwunschen muss man aber auch das Routenschrauber-Team mit Tobi Reichert, Jonas Baumann, Niklas Held und Tommi Bergfeld. Die Jungs haben da extrem abwechslungsreiche spektakuläre Probleme an die Wand gezaubert.

Anschließend gab es noch die offizielle Abschlusszeremonie mit Siegerehrung und einem überwältigten HardMoves-Team. Und dann folgte der „angenehme Teil des Abends“: die Abschusszeremonie… in diesem Sinne: Prost! Und wir freuen uns auch auf’s nächste Jahr!

Ich kann immer noch nicht fassen, was wir hier auf die Beine gestellt haben. Das hat bisher alles dagewesene gesprengt und unsere eigenen Erwartungen übertroffen. Natürlich sehen wir auch noch einiges an Verbesserungspotenzial, aber für den ersten Aufschlag war das schon sehr amtlich. Und wir freuen uns riesig auf’s nächste Jahr!
— Christian Popien

Noch kurz zum den Live-Stream: den haben knapp 20000 Leute gesehen (!!!).  Und es werden noch jede Menge weitere Videos folgen. Derweilen, genießt die tollen Bilder von Nico (vertical axis):

Links

Text: kletterszene.com / Fotos: Sebastian Eiden, Gerhard Wust (kletterszene.com), Nico Altmaier (vertical axis)

    Text: Kletterszene
  • Beitragsdatum 4. März 2013