Es war kalt und es war kürzer als gedacht, doch es hat sich gelohnt![Bouldern in Petrohrad]

Während “normale” Leute mit Krapfen und roten Nasen Fasching feiern, gehen Boulderer in den Faschingsferien an kleine Felsblöcke, um sich die (kalten) Padani Petrohrad 2010 KlosterFinger lang zu ziehen. In unserem Fall ging es am Wochenende vor den Faschingsferien nach Tschechien, genauer gesagt in das riesige Bouldergebiet Petrohrad. Mit dabei waren der Constantin Wagner aus Garmisch und der Benjamin Lipinski aus München. Durch die Unterstützung des DAV Burghausen konnten wir uns in der Zeit den Vereinsbus zu einem guten Preis ausleihen. Der 9 Sitzer wurde von den Crashpads gut ausgefüllt, aber auch der ganze Proviant, den man fürs Zelten bei durchschnittlich -3°C braucht, fand dort seinen Platz. Die größte Herausforderung bei dem Unternehmen mussten wir schon während der Anreise meistern. Denn obwohl ich letztes Jahr schon mal kurz in Petrohrad war, viel uns das Orientieren in Tschechien schwer. Nach mehrmaligen Falschfahren und mehreren riskanten Wendemanövern (mit dem großen Bus auf schmalen Straßen und tiefen Gräben daneben) kamen wir gegen 17:00 Uhr im Boulderparadies an.

petrohrad-8Als erstes musste das Zelt aufgebaut werden, danach gab es eine kurze Stärkung und schon ging es auf Erkundungstour in die Sektoren Pod Hradem sowie Hrbitovni kameny. Dort holten wir uns Anregungen für den nächsten Klettertag. Die Sonne ging schneller unter, als gedacht, wesshalb wir schon recht früh wieder zurück im Basislager waren. Dort machten wir es uns auf den Crashpads gemütlich und planten wärend dem Essen den nächsten Tag. Wie sich schnell herausstellte, können die Nächte in Tschechien recht unheimlich werden, zumindest wenn man neben einem Friedhof und hinter einer großen Psychiatrie übernachtet. Da hätte man einen super Horrorstreifen drehen können.

Der nächste Tag fing damit an, dass wir krampfhaft versuchten, Gefühl in die kalten Körperteile zu bringen. Solange die Sonne nicht draußen war, war es noch kälter, als onehin schon. Nach einem leichten Frühstück mit gefrohrenem Nutella zogen wir wieder Richtung des Sektors Hrbitovni kameny. Für den ersten Tag ging es gar nicht schlecht los, als der Constantin und ich nach dem Aufwärmen in >10 Versuchen den sehr schönen Kantenboulder Plácaná 7B klettern konnten. Dabei war ich etwas zu unvorsichtig und holte mir einen Cut am rechten Zeigefinger. Für eine Mittagspause kehrten wir ins Camp zurück, um uns etwas Winterspeck anzufuttern, der ja bekanntlich gut gegen die Kälte helfen soll. Dabei übertrieben wir es allerdings etwas und so konnten wir mit vollen Bäuchen nur noch ein paar Boulder bis 6c+ klettern. Der Constantin konnte noch den Boulder V.I.P 7B klettern, den ich bereits im letzten Jahr gezogen hatte. Für diese Nacht wollten wir uns ein Lagerfeuer zaubern, um besser gegen die abendliche Kälte gewappnet zu sein. Durch das nasse Holz klappte es erst auf den 2. Versuch. Dann brannte es aber super und uns war schön warm. Die Nacht war dann aber wesentlich kälter und wir konnten nicht so gut schlafen.

Am nächsten Morgen die übliche Zeremonie, um die Kälte aus den Füßen zu bringen. Zum Glück kam die Sonne recht petrohrad-10schnell und es wurde einigermaßen erträglich. Nach dem Frühstück suchten und fanden wir das kleine Gebiet Vetrná hurka, dass schön an einem Südhang liegt und ein paar sehr schwere Boulder bis 8b bietet. Wie sich vor Ort herausstellte, waren die Boulder noch rauer als in den anderen Sektoren und mit sehr kleinen Leisten bestückt. So wurde leider aus den schweren Bouldern nichts. Nur der Consti war erfolgreich und konnte den Boulder Emily 7b+ ziehen, an dem ich knapp scheiterte. Nach dem Mittagessen wollten wir das Gebiet Brana erkunden. Doch der erste Teil ist an einem Nordhang gelegen und ohne Sonne war es wieder sehr kalt. Die Motivation war weg und ich hatte einen neuen Cut am linken Ringfinger und jeweils einen Einriss an den beiden Daumen zu verzeichnen, nachdem wir einige Versuche in Vasek 7C+ gemacht hatten. Also ging es ohne groß was geklettert zu sein wieder zurück zum Basislager. Am Lagerfeuer bereiteten wir uns wieder auf die diesmal noch kältere Nacht vor.

Beim Aufstehen war nicht nur mein Schlafsack vereist, sondern auch die Haare vom Consti. Es war so kalt, dass sogar das Gas in unseren Kochern eingefroren war. Obwohl es so kalt war, sollte heute der beste Tag des Trips werden. Wir entschieden uns, vormittags in dem Sektor Pod Hradem zu bleiben und am Nachmittag nochmal nach Brana zu schauen. Dabei teilten wir uns auf, denn ich wollte mir die Höhle mit dem Boulder Tomb Raider 8a+ und Hrob Neznámého Boulderisty 7c+ anschauen. Der Consti probierte weiter den Boulder Vasek 7C+. Unsere Füße wollten trotz Sonne einfach nicht warm werden. Jedoch hatte es mir Hrob Neznámého Boulderisty 7C+ irgendwie angetan, auch wenn nichtmal der Startzug klappte. Eine Stunde und viele Versuche später hatte ich immerhin fast alle Einzelzüge entschlüsselt und konnte auch die hinter Sequenz klettern. Dann kam der Consti wieder zu mir, da er bei seinem Boulder keinen Erfolg hatte. petrohrad7Ich sagte zu ihm, dass mein Boulder schon möglich sei und dass es eine Lösung für die einzelnen Züge gibt. Da probierte er ihn wiederwillig und merkte schnell, dass es mit der Lösung doch geht, wenn man Vollgas gibt. Lustig war, dass der Consti beim Startzug Probleme hatte und ich beim Zug danach, dass lag an unseren unterschiedlichen Größen. Schlussendlich nach vielen weiteren Versuchen konnte der Consti den Boulder knacken und war außer sich vor Freude. Jetzt war meine Motivation noch größer, jedoch sagten meine Finger ganz deutlich nein, denn es hatte sich ein weiterer Cut am linken Mittelfinger gebildet, der stark blutete. Das Tape weichte immer wieder durch und ich rutschte von den kleinen Leisten im Dach ab. Ich hatte nur noch wenig Zeit, bis meine Finger keinen Versuch mehr zulassen würde. Jetzt musste es schnell gehen: Das alte Tape ab, den Finger trockenwischen, neues Tape schnell drauf, chalken und sofort einsteigen, bevor es wieder durchweicht. Jetzt ging es um alles oder nichts, der erste Zug klappte wieder, dann kam für mich der Schlüsselzug, ein Unterkreuzer in eine Leiste und auch der hielt, ich merkte, wie mein Finger zu rutschen begann, jetzt schnell einen Toehook an die Kante, dazugreifen und raufmanteln, GESCHAFFT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Die Finger bluteten wie sau, die Freude war überwältigend und wir entschlossen kurzfristig, den Nachhauseweg anzutreten.

Liste der geschafften Boulder:

  • mehrere 5a bis 6c+
  • ein paar 7a
  • Plácaná 7b
  • Hrob Neznámého Boulderisty 7c+

Text: Rainer Hallmann, kletterszene.com Fotos: Rainer Hallmann,Constantin Wagner, Benjamin Lipinski,

  • Beitragsdatum 17. März 2011