Erstbegehung durch die Dächer des Monte Brento (8b) [David Lama]

Der Monte Brento ist ein Berg unweit vom Gardasee, der für seine riesige konkave und extrem überhängende Wand bekannt ist. Am obersten Ende der Wand befindet sich der Absprungplatz der Basejumper. Fast täglich stürzen sie sich von dort oben in die Tiefe. Es soll einer der besten und zugleich sichersten Sprünge Europas sein, immerhin hängt die Wand auf den letzten 600 Metern konsequent über, und zwar fast 200 Meter weit…

 Lange Zeit vor den Base-Jumpern interessierten sich aber die Kletterer für die eindrucksvolle Wand, vor allem für den weit auslandenden, gelben Überhang im zentralen Bereich. Es entstanden über die Jahre einige Techno Routen, die ihren Weg durch den extrem brüchigen Fels und die riesigen Dächer zum Ausstieg fanden…. Dies hat sich jetzt, dank David Lama und Jorg Verhoeven geändert.

Über diese Aktion schreibt David folgendes auf seinem Blog….

Keine dieser Routen wurde je frei geklettert und bei jeder meiner Fahrten nach Arco streiften meine Blicke vom Auto aus die Wand des Monte Brento, bis Jorg und ich dann vor rund zwei Jahren die Idee hatten, eine frei kletterbare Linie durch den steilen Teil zu eröffnen.

Im Herbst 2008 sind wir dann das erste Mal eingestiegen. Dass eine Erstbegehung durch diese nicht enden wollende, brüchige Wand ein abenteuerliches Unternehmen werden würde, darauf waren wir eingestellt. 

Dennoch stellte sich heraus, dass wir die Wand grob unterschätzt hatten. Ursprüngliche wollten david-lama-red-bullwir in zwei Tagen durch die Wand. Am ersten Tag kletterten wir rund 450m und nachdem wir die Nacht im Gurt hängend verbracht hatten, kletterten wir weitere 200m. Dann seilten wir ab und bis zum nächsten Versuch verging einiges an Zeit.

Der zweite Versuch im Frühjahr 2009 war eine Materialschlacht – zwei Haulbags mit insgesamt 70kg und ein Zweimann-Portaledge. Am ersten Tag machten wir rund 500m, am zweiten kletterten wir bis unter das große Dach und am dritten am Abend standen wir dann völlig fertig am Ausstieg. 
Weitere fünf volle Tage investierten Jorg und ich ins Ausbouldern der einzelnen Seillängen, bevor wir am 25. Mai 2010 dann endlich einen Durchstiegsversuch wagten. Wir wussten, dass alle Stellen der Route machbar waren, aber die Tatsache, dass sechs der insgesamt 28 Seillängen im zehnten Grad angesiedelt sind brachte uns ins Schwitzen. Zudem klettert man zum Teil durch richtig brüchiges Gelände, ein falscher Tritt und schon baumelt man im Seil…

Der Durchstiegsversuch
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Wir stehen um 3:30 auf und marschieren um 4:00 los. Nach rund einer Stunde sind wir beim Einstieg und nach einer weiteren Stunde haben wir bereits die 400m langen Vorbauplatten hinter uns. Die Sonne brennt bereits wie wild und unser Vorrat an Flüssigkeit, ein halber Liter Wasser, erscheint uns auf einmal recht wenig. Gott-sei-dank ist im Portaledge, das immer noch unter dem großen Dach hängt, noch einiges an Wasser gelagert. Somit ist das unser erstes Ziel. Sieben Seillängen weiter liegt die erste schwere Stelle. Jorg steigt vor und schaffte es auf Anhieb. In der Nächsten ist es dann soweit: Ein falscher Tritt und schon finde ich mich einige Meter weiter unten im Seil hängend. Der Normalhaken hat gehalten. Jorg lasst mich wieder zum Stand ab und beim zweiten Versuch klappte es dann. Die folgenden drei Längen verlaufen problemlos. 
Beim Portaledge angekommen machen wir rund eineinhalb Stunden Pause. Wir haben bereits 20 Seillängen hinter uns. Von hier bis zum Ende sind es also „nur“ noch acht, aber die haben es in sich. Der Fels ist noch brüchiger als bis hierher und die Kletterschwierigkeiten sind extrem hoch. 8b, 8a+, 6a, 7b, 7b, 8a+, 8a+ und 8a+. 
Wir fangen an herunter zu zählen… Jorg schafft die erste Seillänge – nur noch sieben bis zum Ausstieg. Ich klettere die Nächste – nur noch sechs. Wir sind bereits ziemlich fertig und jede Länge wird zum Kampf. Ein Kampf, der – so scheint es – einfach nicht enden will… Zudem bereitet mir die letzte Seillänge Sorgen, da ich sie noch nie richtig auschecken konnte – beim letzten Besuch in der Wand war sie nass. Nur noch zwei Längen. Jorg gibt noch mal alles. 40m vor dem Ausstieg. Ich bin dran. Ich bouldere kurz die Schlüsselstelle aus. Alles trocken. Dann versuche ich mein Glück und es klappt! Jetzt sichere ich noch Jorg nach und um 18:45 stehen wir endlich oben. Mehr als 1100 Klettermeter liegen hinter uns, aber wir haben’s endlich geschafft! Die erste Route durch die mehr als 200 Meter überhängende Wand ist befreit…

Text: David Lama, kletterszene.com Fotos: Red Bull

  • Beitragsdatum 31. Mai 2010