Die Schande vom K2 [ TV-Tipp]

Am 27. Juli 2023 starb der pakistanische Hochträger Muhammad Hassan am K2, dem zweithöchsten Berg der Welt. Die Bilder, aufgezeichnet vor Ort von einem ServusTV-Team, sowie die Augenzeugenberichte von den Umständen seines Todes, vor allem aber die Tatsache, dass unzählige Bergsteiger auf dem Weg zum Gipfel über den sterbenden Mann hinweg stiegen, sorgten für weltweite Schlagzeilen. Die „Bergwelten“-Dokumentation rekonstruiert die Ereignisse und lässt nicht nur Augenzeugen und Betroffene, sondern auch prominente Höhenbergsteiger wie Gerlinde Kaltenbrunner und Hans Kammerlander zu Wort kommen, um die Motive zu ergründen, warum dem verletzten Mann die Hilfe versagt wurde, die ihm möglicherweise das Leben geretten hätte.

Die Drohnenaufnahmen gingen um die Welt: Ein Team von Servus-TV war am 27. Juli 2023 vor Ort als rund 120 Gipfelstürmer den schwer verletzten pakistanischen Hochträger Muhammad Hassan auf ca. 8.200 Meter liegen ließen, um den Gipfel des K2 zu erreichen. Wie konnte es dazu kommen?

Um den 27. Juli 2023 hatten sich so viele Menschen wie nie zuvor im Basislager des K2, weit im Norden Pakistans und direkt an der Grenze zu China eingefunden, um den mit 8.611 Meter zweithöchsten Berg der Welt zu besteigen. Viele unter ihnen waren wenig berg- oder höhenerfahrene Klienten von Expeditionsanbietern, die diesen gefährlichen Berg ihren Kunden in sogenannten Touristischen Besteigungen anbieten. Solche Expeditionen sind für diese „Höhentouristen“ nur mit intensiver Nutzung von zusätzlichem Sauerstoff und auf gesicherten Routen möglich. Dafür ist eine hohe Zahl an höhentauglichen Arbeitskräften notwendig, welche die Sauerstoffflaschen auf den Berg bringen, in Hochlagern deponieren und die Anstiegsroute mit Fix-Seilen versehen, an denen die zahlende Kundschaft wie bei einem Klettersteig Richtung Gipfel steigt. 

Billige Arbeitskräfte für westliche Expeditionsgäste

Pakistanische Hochträger, die von den Expeditionsagenturen angeheuert werden, haben oft wenig bergsteigerische Erfahrung und wenig Wissen über alpine Sicherungstechniken. Dennoch sind sie zumeist genauso höhentauglich wie die berühmten Sherpas aus Nepal. Vor allem aber sind sie aufgrund der großen Armut in den pakistanischen Karakorum-Regionen günstige Arbeitskräfte. Muhammad Hassan, der am 27. Juli 2023 am K2 sterben musste, war einer dieser Hochträger. Er brachte die Fix-Seile hinauf auf 8.200 Meter, wo sie im “Bottleneck“ angebracht werden sollten. Ob durch ein Schneebrett oder durch einen Fehltritt – Muhammad Hassan rutschte ab und blieb im Seil kopfüber hängen. Beim Sturz brach seine Sauerstoffmaske und ein Teil der Kleidung wurde ihm vom Leib gerissen. Die wenig professionelle Bergungssaktion dauerte Stunden und wurde durch dutzende vorbeidrängende Gipfelstürmer erschwert. Muhammad Hassan verstarb am Vormittag des 27. Juli.

Höhentouristen ohne Mitgefühl?

Nie zuvor wurde eine alpine Notsituation in extremen Höhen so gut in Bildern dokumentiert wie die Folgen des Unfalls auf 8.200 Metern. Die Details kamen erst durch die Drohnenaufnahmen des ServusTV-Teams und durch eine Untersuchungskommission der pakistanischen Regierung zutage. Sie dokumentieren das selbstsüchtige und zynische Handeln von vielen Bergsteigern in dieser Situation. Gleichzeitig macht das bergsteigerische Unvermögen vieler Gipfelstürmer sprachlos. Sie sind entweder auf Rekordjagd oder als Klienten der großen Expeditionsveranstalter als reine Höhentouristen auf den höchsten Bergen der Welt unterwegs und beherrschen weder alpine Seil- noch Rettungstechniken. Auch scheint Einigen jede Form von Empathie oder Bergsteigerethik fremd.

Zu Wort kommen in der “Bergwelten“-Dokumentation neben erfolgreichen Höhenbergsteigern wie Gerlinde Kaltenbrunner und Hans Kammerlander auch der brasilianische Kameramann, Gabriel Tarso, der an Ort und Stelle Muhammad Hassan zu helfen versuchte und der Tiroler Hotelier und Bergsteiger Willi Steindl, der nach dem Unglück die Familie von Hassan besucht und eine Spendenaktion für seine Frau und Kinder ins Leben gerufen hat. Das ServusTV-Team hat auch mit den pakistanischen Verbindungsoffizieren und dem Tiroler Alpinisten Lukas Wörle gesprochen, der nur eine Woche zuvor am benachbarten Broad Peak einem schwer höhenkranken Hochträger das Leben rettete, indem er ihn aus 8.000 Meter ins Tal brachte und dabei seine eigenen Gipfelambitionen hintanstellte. 

Sendetermin: „Bergwelten“ – Die Schande vom K2 am Mo., 02.10.2023

  • in Österreich ab 20:15 Uhr
  • in Deutschland ab 21:15 Uhr auf ServusTV

Im Anschluss an die Dokumentation widmet sich auch “Sport und Talk aus dem Hangar-7“ mit einer Talkrunde diesen tragischen Ereignissen am K2, unter anderem mit Hans Kammerlander, Lukas Furtenbach, Sabrina Filmoser und Willy Steindl.

  • Credits Text Sabine Kammerer/ ServusTV, kletterszene.com
  • Credits Fotos © Philip Flämig / ServusTV, © Franz Fuchs / ServusTV, © Martin Stoni / ServusTV,
  • Beitragsdatum 30. September 2023