Die Macher vom Gimme Kraft im Gespräch [Interview mit Patrick Matros, Dicki Korb und Hannes Huch]

Wir sind wohl nicht die Einzigen, die gerne wissen möchten, ob man auch ohne Schweiß, Tränen und Muskelkater irgendwann eine 9a onsighten kann. Um dieser Frage nachgehen zu können, mussten wir mit unserem Redaktionshubschrauber ans nördliche Ende Bayerns. Denn in diesem Fall hat die Kompetenzschmiede in Nürnberg ihren Hauptsitz. Die drei Jungs Patrick Matros, Dicki Korb und Hannes Huch haben es sich auf die Fahnen geschrieben eine Trainingsbibel herauszubringen, die dem aktuellen Stand der „Lehrmeinung“ und ihrer Erfahrung entspricht. Nach dem die erste Auflage schneller wegging als Bratwürschtel auf dem Nürnberger Christkindlmarkt, wurde es Zeit, daß wir uns mal mit den Machern unterhalten. Also ging es nach Nürnberg ins Cafe Kraft…

DickiKorb-PatrickMatros-smallHallo Patrick und Dicki, wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Trainingsbuch zu machen. Lag es daran, dass Hannes und Reto feststellen mussten, dass ihr Kraft-Saft doch nicht das hält, was sie sich damit erhofft haben oder gab es doch einen anderen Grund?

Dicki: Es gibt in der Trainingsliteratur aktuell zwei Schienen. Die eine sind die Bücher vom Udo Neumann und Dave MacLeod, die von sich aus beschreiben wie du richtig trainierst. Die beiden Bücher sind gut und auch gut zu Lesen. Dann gibt es noch das Buch von Guido Köstermaier, welches das Thema sehr wissenschaftlich eruiert. Wissenschaftlich hat sich in den letzten Jahren nichts geändert und die Bücher von Udo und Dave werden nie konkret und beschreiben „nur“ wie man trainieren kann. Aber wenn du mit einer Gruppe trainieren möchtest, gab es bis dato nur Videos, die dir Übungen gezeigt haben.
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Patrick:  Und als wir mal ein Video online gestellt haben, bekamen wir so viel positive Resonanz darauf, dass wir mehr machen wollten. Tja und so kam das ganze ins Rollen.

Hannes: Anfangs haben wir uns auch überlegt, nur eine DVD zu machen. Dann kam uns aber, dass ein Buch besser wäre, da man dies auch zum Training mitnehmen und immer wieder nachlesen kann.

Und habt ihr dann auch eine Übungsserie, die einem dabei hilft den Grad 8a, 8a+ ,8b, 8b+, 8c, 8c+ zu überspringen? Oder ist die Trainingslehre bei diesem Thema noch nicht soweit.

Hannes schmunzelt leicht verlegen. Er hat wohl auch auf diese Übung gehofft.

Hannes: Gibt es bald!!!

Patrick:  Wir haben ja das Ei des Kolumbus nicht neu erfunden. Es gibt nunmal ein paar grundlegende Dinge, welche viele Kletterer die sich durch Training steigern wollen, falsch machen. Denn erstens muss man zwischen Training und reinem Klettern gehen unterscheiden. Zudem machen viele zu wenig Pause, wenn sie ihre Maximalkraft trainieren und zu viel Pause, wenn sie ihre Kraftausdauer trainieren.

Gimme Kraft Sasha Ringe

Das Plastikklettern und vor allem das Bouldern entwickelt sich von dem Klettern am Fels immer weiter weg. Seien es „Run and Jumps“ oder auch komplizierte Dynos wie die so genannten „Weiterleiter“, bei denen perfekte Koordination gefragt ist, wenn man keinen Abflug einleiten möchte. Geht ihr auch darauf ein?

Patrick: Ja das stimmt! Früher wurde die Schwierigkeit noch mehr über die Griffgröße und reine Kraftzüge definiert. Heutzutage hält der Trend zum sportartübergreifenden „Crossover“ auch beim Bouldern Einzug und wir finden verstärkt Anforderungen, die dem Turnen oder beispielsweise dem Parkour ähneln. Das ist toll, denn es macht den Sport attraktiver, weil dynamischer! Auch die Griffformen ändern sich: Mehr großformatige Volumes und dreidimensionale Oberflächen stellen neue Herausforderungen an die Klettertechnik und bringen mehr Variation ins Spiel! Die Bewegungen werden insgesamt immer komplexer. Und komplexe Bewegungen verlangen komplexe Übungen. Darauf gehen wir in unserem Buch verstärkt ein. 

Wie seid ihr auf manche Übungen gekommen. Ihr habt zum Beispiel die Wasserrohre im Cafe Kraft Trainingsbereich hängen.

Dicki: Patrick baut gerade ein Haus und da sind die übrig geblieben und jetzt kommen noch ein paar Betonsteine…..

Patrick:  Ne ne, die habe ich sogar im Baumarkt gekauft! Wenn man über Jahre (jobbedingt) in der Trainingslehre und auch dem Klettern drinhängt, bekommt man langsam ‘nen Überblick von dem was es schon gibt, und was noch fehlt. Angefangen hat es mit den Ringen und es entwickelt sich ja immer weiter.  Gimme Kraft war der Anfang und wir entwickeln unsere Ideen ständig weiter. Die Festplatte ist schon wieder mit neuen Ideen voll.

AnmerkungFortlaufende Updates findet man auf der Website www.gimmekraft.com . Darüber hinaus kann man sich nach dem Kauf der Trainingsbibel die wichtigsten theoretischen Grundlagen zu einem ausgeglichenen Krafttraining gratis downloaden oder man bucht sich Dicki und Patrick für eine Muskelkatereinheit. Dann zeigen sie euch persönlich, wie das Ganze funktioniert.

http://vimeo.com/69235663

Es gibt ja, mittlerweile viele Jugendliche,  aufgrund falschen Trainings in jungen Jahren bereits im Alter von 18 oder 20 Jahren an massiven Überlastungserscheinungen leiden. Alex (Megos) als gegenteiliges Beispiel hat keine körperlichen Probleme. Was sagt ihr den übermotivierten Kiddies (bzw. deren Eltern) auf was sie achten sollen beim Training.

Patrick:  Ein professionell geleitetes training, gerade im Kindes- und Jugendalter ist uns sehr wichtig und wir  verwenden auch im Gimme Kraft einen Jugendbutton, der auf geeignete Übungen hinweist nehmen wir einmal das Campusboard. Da heißt es ja, dass man grundsätzlich nicht unter 18 Jahren trainieren sollte. Sieht man aber mal beim Training hin, hängen viele Jugendliche dran. Also  wird die Grundregeln in der Praxis einfach außer Kraft gesetzt. Ein Training am Campusboard  kann man jedoch auch anders gestalten, als nur an kleinen Leisten zu  hangeln. Arbeitet man an großen Leisten oder Rundhölzern und benutzt die Füße zur Unterstützung, können Jugendliche ab ca. 16 Jahren das Campus-Brett zur sinnvollen Kräftigung der kletterspezifischen Muskelschlingen nutzen. Kinder haben am Campus-Brett jedoch definitiv nichts verloren. Sie sollten vor allem ihre technischen Fertigkeiten beim spielerischen Klettern trainieren.

GImma Kraft Alex Dicki Patrik Alex Megos ist jetzt — sagen wir mal — eurer Vorzeigeathlet, gibt es noch weitere Kletterer/innen, die ihr trainiert?

Patrick:

Wir beraten z.B. Fabian Buhl, Melissa Le Neve, Sasha Digiulian und Mathilda Söderlund. Lena Herrmann sowie Ruben und David Firnenburg trainieren wir innerhalb unseres Bundesstützpunktes des Deutschen Alpenvereins. Und auch das Training von Nachwuchsathleten kommt an unserem Stützpunkt nicht zu kurz.

Da sind ja dann doch schon a paar Namen dabei, die man kennt. Was anderes… Ihr habt in eurem Buch sehr viele Übungen stehen, beschreibt aber nicht, wie ich mit bestimmten Übungen (Trainingsplan) auf ein Ziel hinarbeiten kann. Habt ihr das Bewusst ausgelassen? Schreib ihr dann auch Trainingspläne für die Leute oder wenn ihr Anfragen bekommt?

Dicki: Darauf werden wir sehr oft angesprochen. Aber das haben wir bewusst ausgelassen. Denn die Trainingsplangeschichte ist so individuell, dass man nicht pauschal eine Anleitung für einen Trainingsplan raushauen kann.

Patrick: Es gibt aber in dem Buch einen Download-Code, mit dem man sich die theoretische Einführung (17 nette Seite) runterladen kann. Im Buch haben wir das absichtlich kurz gehalten

Wie sieht das aus, wenn man mal mit euch beiden trainieren möchte oder den ein oder anderen Tipp von euch bekomme möchte. Muss man dann … äh, sorry … darf man dann ins Café Kraft kommen oder kommt ihr auch in andere Hallen?

Patrick: Man kann uns auch für seine Trainingsgruppe buchen, natürlich auch in anderen Kletter- oder Boulderhallen. Einfach unter der Gimme Kraft Seite eine Anfrage abschicken oder im Café Kraft nachfragen und wir melden uns.

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Video-Link: http://vimeo.com/24776832

Ks.com Fazit:

Das Gimme Kraft hat leider nicht die von uns (und von vielen anderen) erhoffte Zauberformel, ohne große Anstrengungen den übernächsten Grad erreichen zu können. Dafür sind die Übungen sehr gut erklärt (inkl. Bild und Trainings-DVD) und ist auch so eingeteilt, dass sich Einsteiger, Kinder und Profis sehr gut zurechtfinden Zudem sind die Übungen kurz und prägnant erklärt sind. Wenn man sich an die Anleitung hält gibt es neben mächtig viel Strom und Muskelkater auch ’ne gute Körperhaltung.

Das komplette Interview, war echt sehr lehrreich und witzig. Leider würde es in seiner Länge, unser beider Zeitrahmen sprengen. Wir können nur hoffen, dass wir den Witz, aber auch die Grundintention dieses knapp zweistündigen Gesprächs rüberbringen konnten. Und die ein oder andere Story, über die gelacht wurde, werden wir bestimmt noch in der Zukunft bringen.

 

Text: kletterszene.com Dicki Korb, Patrick Matros, Hannes Huch Foto: Hannes Huch / Gimme Kraft

  • Beitragsdatum 18. Dezember 2013