Climax Magazin ab jetzt auch in Deutschland erhältlich

Climax Magazin ab sofort auch in Deutschland

Vielleicht kommt der Artikel ein bißchen zu spät, aber lieber spät als gar nicht, denn diese Publikation ist es definitiv wert vorgestellt zu werden: die Rede ist vom Climax-Magazin, ein Heft von Kletterern für Kletterer, in Österreich ist es für das unregelmäßige erscheinende Werk bereits die sechste Ausgabe, hierzulande hat man von der Climax leider Gottes noch nicht viel Notiz bekommen. Es gibt sie in ausgewählten Kletterhallen und an einigen gut sortierten Kiosken, ich persönlich bin nur auf das Magazin aufmerksam geworden wegen des angeschlossen Climax.tv Senders auf Vimeo, bzw. der saulustigen [intlink id=“784″ type=“post“]Persiflage auf die Sendung ohne Namen von Flo Murnig[/intlink], latsche kürzlich wegen S-Bahn Verpätung in den Kiosk am Ostbahnhof und stolpere über das Magazin, eingereiht zwischen „Dazed+Confused“ und „Big Tide“(?) und „Crushed Bones“ (Skateboard-Dingens-Heft?!).
Den Verkäufern kann man es vielleicht gar nicht verdenken das Heft so zu platzieren, kommt doch die Aufmachung recht stylish und denoch zurückhaltend daher, beim aktuellen Coverfoto läßt sich nicht unbedingt erahnen worum es geht und natürlich muss man erstmal die Subline „a fresh view on climbing“ auf Kniehöhe entziffern.

Man merkt bereits beim Vorwort die Leidenschaft der Redaktion für den Sport und für ihr Heft und welchem glücklichen Umstand wir Piefkes es verdanken das Magazin endlich in Deutschland zu bekommen, weiß ich auch nicht, ist aber eine ausgesprochen dankbare Abwechslung zu dem üblichen Einheits-Klettermagazin-Brei, den man üblicherweise in Deutschland bekommt. Eine der wenigen rühmlichen Ausnahmen (neben der Climax) ist übrigens die Vertical, bei der man auch vergebens Trainigspläne und Softshelljacken-Tests sucht.

Inhalt

Den Anfang macht die obligatorischen Erstebgehungen und Wiederholungen (natürlich jenseits der 8b-Wertung und/oder E-was-weiss-ich/R/XXX), das ganze jedoch hervorragend bebildert und meist mit O-Tönen der Protagonisten erzählt. Anschließend kommt der Wettkampfteil, der natürlich für die Öschis unbedingt wichtig ist, weil die ja momentan in großen Teilen die Weltspitze dominieren, wobei wir ja seit kurzem auch [intlink id=“3405″ type=“post“]einen Weltmeister haben[/intlink], gö! Das war das Vorgeplänkel und der eine oder andere mag sich jetzt denken, das sei nicht unbedingt spannender als der oben erwähnte Brei, ist es aber aber. Punkt.

Dann folgen nämlich die eigentlichen Stories, meist von Gastredakteuren geschrieben und mit guten bis sensationellen Fotos illustriert und mit einer guten Länge, die einem das Gefühl gibt, nicht wegen des Anzeigenteils nur die Hälfte des Artikels gelesen zu haben. Erwähnenswert ist die Spanienreise von Gerhard Hörlinger, Markus Bock und Klaus Kranebitter, die sich dort mit Dani Andrada und — na, wer errät’s — [intlink id=“2177″ type=“post“]Chris Sharma[/intlink] treffen, Iker Pou samt Bruder Eneko ist auch mit von der Partie. Dann folgt ein Toni-Lamprecht-Interview, das sich angenehm zurückhält und den Stier aus Kochel erzählen läßt, von Analstahl, Musik und persönlicher Motivation.

Nach soviel Text gibt es dann eine kleine Auflockerung in Form von fünf Doppelseiten mit stimmungsvollen Fotografien, der Gällery, im Anschluß eines der beiden Highlights dieser Ausgabe: der 50+1-Artikel, der sich in bestem Schmäh mit 50 Dingen befaßt, die ein Kletterer in seinem Leben schonmal erleben sollte:

Nummer 2: Sorge für eine gediegene Narbe
Okay, das heißt nicht, du sollst jetzt in der Küche rennen und dir mit dem Sashimi-Messer ein Filet aus der Wade schneiden, wir spechen von dem Endergebnis einer interaktive Begegnung mit Felszacken, Bäumen und freiliegenden Brocken oder dem Tribut, den ein allzu oft eingedrehtes Knie seiner limiertierten biomechanischen Struktur zu sollen hat. Grenzen sind da um ausgelotet zu werden und zumindest einmal überschritten zu werden, auch wenn der Preis dafür mit Blut, Tränen und Gewebe zu zahlen ist. Dafür gibt’s eine Erinnerung für’s Leben, einen Ehrenplatz im Club der harten Säue und ein immer ziehendes Gespächsthema.

Nummer 39: Lass es raus
Mami  hat schon recht, wenn sie sagt: eine Sache hat nie Schuld, sondern nur man selbst. Der Fels kann nicht schuld sein. Aber mal ehrlich, wer ist noch nie in einer richtig harten Einzelstelle abgestunken? Es gibt einfach Momente da geht es nicht um Schuld oder nicht, da sind die Bedienungen — Verzeihung — einfach zum Ko***en, der Fels ein rutschige Drecks***, der ganze Klamauk ein versch***, abgef*** H**rens***e, verf** nochmal. Gewiss, Contenance ist wichtig, aber in Momenten negativer Ekstase muss alles, was sonst in der Öffentlichkeit verboten ist, erlaubt sein: Fluchen, beissen, schreien, treten, kratzen, spucken. Hin und wieder muss man des katharsischen Effekts willen auzucken, um die Kontrolle wiederzugewinnen […]  und wenn das in Anwesenheit eines Kinderkurses passiert, dann passiert es eben, verf*** Sche***.

Herrlich geschrieben und witzig zu lesen, diese Art des Humors vermisse ich ja in manchen Magazinen, die sich allzu ernst nehmen, oder sich gleich einer Flut von Leserbriefen entgegensehen, sobald sie einen Bericht veröffentlichen, in dem das Wort „scheisse“ in Kombination mit Rauchen und Bier vorkommt.

Diesem Artikel folgen dann noch einige Kurzweil-Artikel, zu verschiedenen Themen, wie Umwelt und Klettern, Hardware, Websites werden vorgstellt, eine Serie über Anatomie und Medizin beim Klettern und eine kleine Geschichtsstunde zu den Cambridge Night Climbern,den Pionieren des Builderings runden die Sache ab, bis wir zu dem zweiten Highlight dieser Ausgabe kommen: Dem Patagonien-Tagebuch von Nico Favresse, der sich an der dritten Freien Begehung der South African von 1974 versucht. Spannend zu lesen, gute Bilder und ein abschließendes Interview lassen einen irgendwie neben den Jungs im Biwak frieren [Update: es gibt ein Video zu der Tour auf der Patagonia Tin Shed Seite, betretet die Hütte, dreht Euch nach links und klickt auf die Exen und Friends].

Fazit

Obwohl das Heft mit € 6,50 hierzulande im oberen Preis-Segment der Klettermagazine angesiedelt ist, ist es definitiv sein Geld wert, die Stories, die Artikel und die Fotos sind gut gemacht, das Layout ansprechend und die Werbeblöcke halten sich dezent im Hintergrund, man findet keinen  — auch keinen der längeren Artikel — die von einer Anzeige unterbrochen werden. Die „fresh view on climbing“ ist hier gelungen und, um kurz zu machen, sollte ich jemals in die Verlegenheit kommen ein Kletterheft zu machen, würde es so — oder zumindest so ähnlich — aussehen.

  • Beitragsdatum 6. September 2009