20 Jahre B2 – konstant im Wandel
Das B2 feiert seinen 20. Geburtstag und zählt damit zu den sehr wenigen Boulderhallen Europas, die auf eine mehr als zwei Jahrzehnte währende Geschichte zurückblicken können.
Bouldern in einer lichtdurchfluteten und von Luft durchströmten Halle – Mike Tscharners Idee mag heute selbstverständlich klingen, um die Jahrtausendwende allerdings war sie visionär.
Wer zu dieser Zeit Schlechtwettertage nicht in einer Kletterhalle am Seil verbringen, sondern mal eben harte Einzelzüge oder kurze Crux-Sequenzen in Absprunghöhe trainieren wollte, musste jemanden kennen, der Zugang zu einem meist dunklen und stickigen privaten Boulderkeller oder -schuppen hatte.
2004 eröffnete Mike Tscharner, der bis heute Geschäftsführer des B2 geblieben ist, zusammen mit zwei Mitstreitern, die Tore dieses ganz besonderen Ortes, etwas versteckt in einer alten Industriehalle auf dem Brodtbeck-Areal in Pratteln.
Ich stand hier drin und fühlte mich sofort wohl, Licht und Luft strömten durch die offenen Rolltore.
Mike Tscharner im Prattler Anzeiger
Mehr als 20 Jahre währt diese Vision nun also schon und sie ist immer noch lebendig.
Nicht nur zu Anlässen wie der ausgelassenen Geburtstagsfeier am Freitag, dem 29. November, wird das spürbar.
Das B2 betrat ich selbst erstmals 2015. „Da gäbe es schon seit vielen Jahren was zum Bouldern in einem Vorort von Basel“, hatte man mir gesagt. Schon seit vielen Jahren? Ich rechnete also mit Glasfaserwänden und Inserts. Trotzdem: Rüber ins Nachbarland Schweiz.
Nach einer Irrfahrt durchs Industriegebiet hätte ich kaum positiver überrascht sein können!
In einer schön eingewachsenen, bis ins Detail liebevoll gestalteten kleinen Parkanlage passierte ich gut gelaunte, Bouldermoves gestikulierende Leute vor lecker dampfendem Cappuccino.
Hinter der ausgedehnten Fensterfront sorgte der Blick auf reichlich Blöcke, Wände, riesige Volumen und Unmengen an farbigen Griffen für Appetit auf’s Projektieren.
Lässige Beats strömten durch die offene Türe in den Garten, jemand erntete Sanddorn und Zitronenverbene, dazwischen eine Feuerschale fürs gemütliche Zusammensitzen an lauen Abenden.
Fordernde Linien, abwechslungsreiche Bewegungsrätsel und endlich Boulder, in denen man auch mal mehr als eine Handvoll Züge aneinanderreihen kann, ohne sich gleich auf Traversen verlegen oder sich in ein Seil einbinden zu müssen…
An jenem ersten Tag waren ich so überwältigt vom Routenangebot im Erdgeschoss, dass ich die Halle für nur halb so groß hielt, wie sie eigentlich war. Über 1000 m² Boulderfläche auf zwei Stockwerken mit mehr als 300 Linien – da war mal eine Ansage und ist es noch heute!
Dazu kommen mittlerweile 80 m² Trainingsfläche, 30 m² Kinderwand, 500 m² Garten, zwei Outdoorsektoren, zwei riesige Spraywalls.
Sicher, auch das ist mittlerweile nicht mehr nur in Pratteln zu haben. Was also macht das B2 zu einem Ort, an den Boulderanfänger und Spitzenkletterinnen immer wieder gerne zurückkehren um dort Zeit zu verbringen?
Am Nachmittag des 29. November 2024 herrscht flirrende Geschäftigkeit im Obergeschoss der Halle. Bis zur letzten Minute feilt das eingespielte Routenbauteam an 40 Qualitätsbouldern jeder Spielart, um am frühen Abend die Festivitäten mit einem der hauseigenen Wettkampfformate, dem Blocbuster, einzuleuten.
Im bunt gemischten Feld an Teilnehmer*innen aller Altersklassen: der Franzose Mickaël Mawem, Boulderweltmeister des Vorjahres und Olympionike von 2021. Bei den Männern holte er sich erwartungsgemäß den Sieg im Geburtstags-Blockbuster, an die Spitze der Kategorie Frauen boulderte die aktuelle Schweizer Vizemeisterin der Kategorie Damen U14, Amélie Kägi.
Mawem bedankte sich für den Abend via Instagram:
Es war für mich selbstverständlich, dort zu sein und diese Zeit zusammen zu genießen. Diese Halle ist mehr als nur ein Ort: Sie ist die erste Boulderhalle in der Nähe des Elsass, die in mir den Wunsch geweckt hat, mit dem Bouldern zu beginnen, bereits vor 20 Jahren.
Mit qualitativ hochwertigem Sound vom Plattenteller war wie immer nach einem Wettkampf im B2 zu rechnen und genauso kam es: Thom Nagy legte auf, es wurde bis spät in die Nacht getanzt.
Neben dem jährlich stattfindenden Blocbuster ist die Halle in derselben Frequenz Gastgeberin der hauseigenen Wettkampfformate Workbuster und Volumebuster, einem Wettkampf, der ohne Griffe auskommt und ausschließlich an aus Volumen gesetzten Linien stattfindet, sowie der Schweizermeisterschaft.
An eine ihrer frühen Wettkampferfahrungen im B2 erinnert sich Spitzenkletterin Katherine Choong via Videopost auf Instagram und gratuliert von Herzen:
Von meinen ersten Schritten im Klettern bis zu meinen ersten nationalen Wettkämpfen (in den guten alten Zeiten, als es noch Henkel in den Finals gab und Coordos nicht existierten) habe ich mich immer zu Hause gefühlt.
20 Jahre später danke ich der @b2_boulders_bar, dass sie mich immer so herzlich empfangen hat, dass sie sich weiterentwickelt und innoviert hat, um eine der besten Indoor-Locations anzubieten!
Seit 2004 hat das B2 sich konstant erneuert und immer wieder Maßstäbe gesetzt. In zehn Aus- und Umbauphasen wurde es größer und besser. In Eigenregie wurde bis dato jeder Wandbereich mindestens einmal umgebaut. Während Boulderwände mittlerweile von der Stange gekauft werden können, ist beim B2 immer noch alles hausgemacht, und das auf höchstem Niveau. Wände und Elemente entwerfen und fertigen Mike und sein Team in der hauseigenen Werkstatt direkt und in Kooperation mit einer lokalen Schreinerei.
Es ist ein bisschen, als habe sich die Kletterszene des Basler Jura der 80er und 90er quasi eine WG in einem zweigeschossigen Boulderloft samt Stammkneipe gebaut und die Türen für die nachfolgenden Generationen von Anfang an weit offen gehalten.
Diejenigen der Kletterlocals, die heute wenig älter als die Halle selbst sind, ziehen nach und nach mit ein, auch in verantwortungsvollen Funktionen im Team des B2.
Wie beispielsweise Marvin Silva, der mittlerweile zusammen mit Sonja Poland die Betriebsleitung und die Leitung des Routenbaus übernommen hat. Zum Team zählen außerdem noch heute einige Mitglieder der ersten Stunde: Geschäftsführer Mike Tscharner sowie Andi Luisier, zwei der frühen Erschließer des Sportklettergebietes Basler Jura und Kreateure der legendären Fluebible. Sie sind nach wie vor regelmäßig selbst im Routenbau und anderen Bereichen aktiv.
Auch Richi Signer, einer der Entdecker des Bouldergebietes Cresciano in der mittlerweile weltbekannten Boulderlandschaft des Tessin, ist Routenbaukollege und Teil des B2.
Früher ist man in die Halle gegangen und hat dort für die Routen am Felsen trainiert. Heute gibt es viele, die nur in der Halle bouldern. Dabei ist das Klettern dynamischer und koordinativer geworden
Mike im Interview mit dem Prattler Anzeiger
Moonboard, Kilterboard, Newschool-Moves – all das hat seinen Platz im B2, aber mitnichten als Ersatz für Spaß und Training an mit viel Liebe geschraubten Bouldern. Dieser Halle scheint die seltene Kunst zu gelingen, zu wachsen und sich zu verändern, ohne diesem Fortschritt seine außergewöhnliche Atmosphäre zu opfern.
Was das B2 besonders macht, ist etwas, das man nicht konstruieren kann: eine über die Jahrzehnte natürlich gewachsene, bunte Gemeinschaft, eine offene Atmosphäre, in der man sich auf Anhieb willkommen fühlt und die der Halle bei allem Fortschritt eine Heimeligkeit und Gemütlichkeit verleiht, der bisher keine noch so ausgiebige Modernisierung etwas anhaben konnte.
Dafür braucht es kein Marketing. Es ist einfach spürbar.
Es ist erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht! Und doch ist dieser Raum immer noch derselbe: cool, inspirierend, mit einer einzigartigen Seele. Für mich ist es der schönste Raum der Welt, selbst nachdem ich in den letzten zwei Jahrzehnten überall hingereist und geklettert bin.
Ein riesiges Dankeschön an das gesamte Team der @b2_boulders_bar für das, was sie zum Klettern beigetragen haben, für alles, was sie mit Leidenschaft und Liebe für diesen Sport aufgebaut haben.
Mickaël Mawem – Instagram