Vom Klettergarten zu den großen Alpinen Wände [Alpines Basiswissen I ]

So beeindruckend wie respekteinflößend ragen schier endlose Felswände in den Himmel. Sie zu durchsteigen erfordert Entschlossenheit, Mut, Selbstvertrauen, physische Stärke, aber vor allem Wissen.

Alpinklettern ist die Königsdisziplin des Klettersports. Steht beim Sportklettern die klettertechnische Schwierigkeit im Vordergrund, so wird in großen Wänden das Spielfeld erweitert: Konditionsfordernde Zustiege, Orientierungssinn, Routenfindung, teils anspruchsvolle Sicherungstechniken sowie physische und mentale Fertigkeiten stellen den Alpinkletterer vor neue Herausforderungen und setzen fundierte Kenntnisse voraus.

Im ersten Kapitel lernst du die alpinen Basics kennen: Dabei betrachten wir die subjektiven und objektiven alpinen Gefahren, zu denen auch das Wetter mit seinen Risiken gehört. In der Felskunde lernen wir unterschiedliche Gesteinsarten kennen, von denen jede eine andere Form der Kletterei und Absicherung fordert. Welches Material eine Seilschaft braucht, schauen wir uns im letzten Teil dieses Kapitels genauer an.

Gefahren im Alpinen Gelände

Das Begehen von hohen Felswänden über mehrere Seillängen – oft fernab jeglicher Zivilisation – birgt Gefahren. Gefahren, die bei Nichtbeachtung oder bei Fehlentscheidungen in dem Gelände verheerende Folgen haben können.

Im Gebirge unterscheiden wir zwischen objektiven und subjektiven Gefahren, die den Kletterer während einer alpinen Unternehmung bedrohen. Je nach Situation und Handlung lassen sich objektive und subjektive Gefahren allerdings nicht immer klar trennen. Wer bspw. trotz einer Gewitterwarnung (objektive Gefahr) in eine Wand einsteigt, weil er seine Fähigkeiten (subjektive Gefahr) überschätzt, beeinflusst die objektive Gefahr durch seine subjektive Beurteilung.

Objektive Gefahren

Objektive Gefahren sind diejenigen, die von der Natur oder vom natürlichen Umfeld entgegengesetzt werden. Im Gegensatz zu den subjektiven Gefahren hat der Kletterer auf objektive Gefahren meist keinen direkten Einfluss. Durch Taktik, gute Planung und Aufmerksamkeit sind sie aber minimierbar.

Wetter
Das Bergwetter ist ausschlaggebend für jede alpine Tour.Unwetter oder witterungsbedingte Gefahren können eine Seilschaft rasch in Gefahrensituationen bringen.

Steinschlag
Steinschlag wird häufig durch Schmelzwasser, Wind, Tiere oder vorauskletternde Seilschaften verursacht. Die Gesteinsqualität kann das Problem vergrößern oder verringern.

Stumme Zeugen
Ein Kletterer muss wachsam sein und seine Umgebung im Blick haben. Stumme Zeugen sind deutlich sichtbare Spuren von Steinschlag. Beispielsweise beschädigte Bäume, frische Felsbrocken am Wandfuß, helle Einschlag- oder Ausbruchspuren am Fels oder beschädigtes Material in der Wand.

Eisschlag
Eisschlag wird vor allem durch andere Kletterer oder durch Wärmeeinfluss ausgelöst.

Lawinen
Nicht nur für Skitourengeher sind Lawinen ein Thema. Auch Kletterer müssen Lawinen gerade im Frühjahr beachten.

Helm auf 
Gämse oder eine vor dir kletternde Seilschaft können plötzlich Stein- oder Eisschlag auslösen. In solchen Ernstfällen kann ein Helm Leben retten. Aber auch beim Aufprall am Fels oder beim Ausrutschen im gestuften Gelände kann er lebensgefährliche Kopfverletzungen vermeiden.

Subjektive Gefahren

Unfallursache Nummer eins im Gebirge ist der Mensch selbst. Unfälle sind häufig eine Folge von Selbstüberschätzung, Unwissenheit oder Überforderung des Kletterers. Diese Gefahren werden als subjektive Gefahren bezeichnet, weil sie vom Mensch selbst hervorgerufen sind. Selbstreflektion, Umsicht und eine solide Ausbildung können diese Gefahren minimieren.

Überschätzung der eigenen Fähigkeiten
Eine falsche Selbsteinschätzung und fehlende Kenntnisse über die Tour sind die häufigste Unfallursache.

Fehleinschätzung der Situation
Ein erfahrener, guter Bergsteiger erkennt Fehleinschätzungen früh und hat einen Plan B in Petto.

Angst- und Paniksituation
Angst ist per se nicht schlecht. Im Gegenteil: sie warnt uns und hat einen evolutionären Sinn, uns vor Gefahren zu schützen. Ziel ist daher nicht angstfrei zu sein, sondern mit ihr umzugehen und dadurch die eigenen Grenzen erkennen zu können.

Alpines Gelände
Im Vergleich zum Sportklettern kommen beim Alpinklettern zusätzliche Faktoren hinzu: Ernsthaftigkeit (Absicherung), schlechte Orientierung, Ausgesetztheit oder die Länge der Tour können den Kletterer psychisch wie physisch an Grenzen bringen

Folgende Themen werden in den nächsten Artikel behandelt

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Video-Link: https://youtu.be/97NvBud6NJM