Tonsai – Schatten über dem Paradies

Wir Kletterer verbringen einen großen Teil unserer Zeit in der Natur. Sie ist unser Spielplatz, unser Rückzugsort, unsere Leidenschaft. Wir brauchen sie, kennen sie und schätzen sie. Wie kann es also sein, dass sich am weltbekannten Kletter-Hotspot Tonsai Flaschenberge am Wegrand türmen und Plastikmüll den Strand überschwemmt? Warum war ausgerechnet diese malerische Bucht, an die sich außer Kletterer und Weltenbummler kaum ein Normaltourist verirrt, der schmutzigste Ort, den ich auf meiner ganzen zweimonatigen Reise quer durch Thailand besucht habe?

SAMSUNG DIGITAL CAMERAAuf dem Kletterportal Mountainproject wird Tonsai als “disgracefully dirty” bezeichnet und diese Einschätzung trifft leider voll zu. Im Gegensatz zu den meisten anderen Klettergebieten, die wegen Verschmutzung in die Schlagzeilen der Kletterszene geraten sind, ist Tonsai wohl kaum von Sperrungen bedroht. Denn die Gründe für das Umweltproblem sind vielschichtig und nicht nur bei den Kletterern SAMSUNG DIGITAL CAMERAzu suchen. Tonsai verdankt seine so einzigartige entspannte und familiäre Atmosphäre den steilen Klippen und dem dichtem Dschungel, die die Bucht gänzlich vom besiedelten Umland abschneiden. Der einzige Zugang führt über das Meer – und damit auch der einzige Ausweg. Man kann es der Bevölkerungschwer verdenken, dass sie den Müll eher in den Wald kippt und verbrennt, als ihn für teures Geld auszuschiffen. Hauptursache dieses Problems ist aber die Anwesenheit und der Konsum von uns, den naturverbundenen Kletterer. Viele von uns sind offensichtlich bereit, für eine billige Unterkunft und eine günstige Mahlzeit einen Schatten über dem Paradies zu akzeptieren. Schließlich verschwindet der Müll ja aus unserem Sichtfeld, wenn wir nur hoch genug die Wände hinaufklettern. Bloß der Rauch der Müllfeuer beißt auch dort noch in der Nase.

Doch nicht alle sehen über die Plastiklawine so großzügig hinweg. Die junge Kanadierin Victoria Wilen organisierte mit ihren Freundinnen spontan eine Clean-up-Aktion. Zunächst wurden Spendengesammelt, um den Kauf und Abtransport von 15 Müllsäcken zu finanzieren. Mit diesen SäckenBeach Clean Up-1 zog eine Gruppe von etwa 20 Leuten, Kletterern und Nicht-Kletterern aus aller Welt, einmal den gesamten Strand entlang. Innerhalb von nur einer Stunde waren die Müllsäcke bis oben hin gefüllt mit Hunderten Styroporbehältern, Plastiktüten, Bierflaschen, Wasserflaschen-Versiegelungen und sonstigem Plastikmüll. Von dem Engagement zeigte sich ein Einheimischer so beeindruckt, dass er die Überführung der Säcke übernahm. Zumindest der Strand war nun halbwegs sauber. Doch wie lange wird das so bleiben und was ist mit dem Hinterland?

Im Moment beginnt die Hauptsaison in Thailand und zahlreiche Touristen machen sich auf den Weg nach Tonsai, wo sie Neujahr unter den Palmen verbringen. Um das Müllproblem langfristig in den Griff zu bekommen, muss jeder Besucher seinen Beitrag leisten! Die lokale Kletterschule Basecamp gibt ein paar einfache Ratschläge, mit deren Hilfe sich die Müllmenge drastisch verringern lässt:

  • Kein Takeaway! Denn die Speisen werden meistens in Styropor-Behältern verpackt, die nicht biologisch abbaubar sind.
  • Plastiktüten im Supermarkt zurückweisen! Man hat doch eh einen Rucksack dabei.
  • Wasser-Plastikflaschen und Getränkedosen zurückgeben! Auf diesem Weg können sie als Wertstoffe recycelt werden.
  • Bier aus Dosen statt aus Flaschen trinken! In Thailand gibt es kein Mehrwegsystem, so dass alle Glasflaschen auf der Halde landen.
  • Wasser in Kanistern kaufen! Der tägliche Bedarf kann in kleine, mehrfach benutzbare Flaschen umgefüllt werden.
  • Und wie überall gilt grundsätzlich, seinen Müll doch bitte einzustecken und im Mülleimer zu entsorgen. All diese Tipps schränken das Urlaubserlebnis in Tonsai in keiner Weise ein! Im Gegenteil: Sie stellen sicher, dass wir auch in Zukunft all das genießen können, was Tonsai zu einem der schönsten Orte dieser Welt macht: Klettern an den orangenen Felsen, entspannte Abende in den Reggaebars, Schwimmen im türkisfarbenen Meer, Begegnungen mit Gleichgesinnten, faule Ruhetage am weißen Sandstrand, leckeres thailändisches Essen, Slacklinen unter Palmen und und und…

Text: Lisa Knoche Quelle: Base Camp Tonsai, Moutain Project Foto: Lisa Knoche, Victoria Wilen

  • Beitragsdatum 23. Dezember 2013