Petzl Roctrip 2014 – Ein Touch von Woodstock in Bulgarien

Die zweite Etappe in Bulgarien, das Basislager in Karlukovo, wird allen Beteiligten in unvergesslicher Erinnerung bleiben. Zum einen wegen des Potenzials und der Eigenart des Klettergebiets. Zum anderen wegen der Stippvisite von „King“ Chris Sharma. Und schließlich wegen der kameradschaftlichen und enthusiastischen Atmosphäre. Am 20. und 21. September ist der Petzl RocTrip in eine neue Phase getreten: die Familie.

Ein kleines Woodstock

„Vor meiner Ankunft hatte ich gehört, dass Osteuropa von ziemlich schlechtem Wetter heimgesucht wird“, so die Iranerin Parvin Jahanbakhsh. „Ich hatte mir daher den Petzl RocTrip wie einen kleinen Woodstock ausgemalt. Ich denke, dass es in Karlukovo besser war als Woodstock. Es war alles da: Musik, Schlamm und obendrein wurde auch geklettert!“

Überraschung am frühen Morgen, die Sonne sendet ihre Strahlen über den Ort. Der Caravan und Massen von Roctripern treffen ein und jeder hat so seine Zweifel. Stellt euch vor, ihr seid zwei Stunden auf einer mit Schlaglöchern übersäten Straße gefahren. Seid durch halb verlassene Dörfer gekommen, deren Bewohner euch mit einem freundlichen Lächeln begrüßen. Dann erreicht ihr ein großes grasbewachsenes Hochplateau, wo Schafe weiden und Wiesenchampignons wachsen. Und weit und breit kein Felsen in Sicht. Die Aussagen der bulgarischen Kletterer waren jedoch unmissverständlich. „Der Felsen ist drei Minuten zu Fuß entfernt.“ Die Kletterer nähern sich fassungslos einem durch die Niederschläge gefüllten Tümpel. Dann kommt ein Weg. Ein Baum. Steinstufen. Und da, ja da in einer Senke. Da ist sie! Die berühmte Prohodna-Höhle mit ihren 90 Kletterrouten in den Schwierigkeitsstufen 4b bis 8c+.

Zwei zyklopische Öffnungen

„Mich trifft der Schlag!“ brüllt Romain, ein großer Kerl, „der zu seinem ersten Petzl RocTrip aus Paris gekommen ist. „Nach den Fotos habe ich sie mir viel kleiner vorgestellt. Um du musst runtergehen, um sie zu finden. Unvorstellbar, ein solches geologisches Phänomen so dicht an der Straße.“

Die Straße überschneidet sich mit der Höhle und so waren es die Höhlenforscher, die sich hier als erste vergnügten. Vor ziemlich langer Zeit. Auf 80 Metern befinden sich zwei große Öffnungen in der Decke, wo das Abseilen Gänsehaut verspricht. Durch diese beiden zyklopischen Öffnungen dringt ein sanftes Licht ein. Trotz des um die Mittagszeit wieder einsetzenden starken Regens darf nach Herzenslust geklettert werden.

„Ich glaube, dass sich alle gute amüsieren“, begeistert sich Erwan Le Lann, „der diese rare Perle ausfindig gemacht hat. Die Kletterrouten liegen in den Schwierigkeitsstufen 4 bis 8+ und die Bewegungsabläufe sind von großer Qualität. In einem Klettergebiet von solcher Energie, ist es einfach perfekt.“

Milkina Ruseva, führende Persönlichkeit des bulgarischen Klettersports, erinnert sich. „Der erste Kletterer, der Routen an den Eingängen der Höhle eingerichtet hat, war Vasil Kirov. Der Verfechter des modernen Klettersports hat 1995 fünf Kletterrouten mit Bohrhaken eingerichtet. Darunter die schöne „Defloration“, die von mehreren Mitgliedern des Petzl-Teams onsight geklettert wurde. Und dann hat dieser Topkletterer von einem Tag auf den anderen aufgehört. Etwa zehn Jahre lang waren seine Routen verwaist. Bis die Kletterer der neuen Generation die Höhle im Jahr 2006 wiederentdeckt und den Innenbereich eingerichtet haben.“

Die Sharma Show
Plötzlich herrscht Stille. Die Höhle, die eben noch von den Rufen der Kletterer und Sichernden widerhallte, hüllt sich in Schweigen. Was ist los? Andächtige Ruhe. Chris Sharma klettert. Einige sind sogar extra gekommen, um das zu sehen. Klar, die kleine Säule der 8b+ Route ist nass. Und natürlich bleibt nur noch ein Tag. Und sein Seilsack ist wie immer voll mit Terminen. Aber er ist gekommen. Und der Charme wirkt. Kräftige, sichere Kletterzüge. Liebenswürdig, lächelnd, einfach, offen, dieser Typ trägt dazu bei, den Klettersport auf ein anderes Niveau zu erheben. Als Sharma wieder unten ist, setzt das Gerede wieder ein.

In der Abenddämmerung klettern viele bereits mit der Stirnlampe. Die Etappe ist kurz und wir wollen so viel wie möglich aus der Zeit herausholen. Einige bemerken nicht, dass die Nacht hereinbricht. Eine verrückte Nacht, eine Nacht, um im Regen zu tanzen. Chris Sharma präsent seine Slide Show vor etwa einhundert Roctripern. Die Geschichte der Dura Dura 9b+, die er sich mit Adam Ondra teilt, beeindruckt noch immer.

 

The Wild One heizt die Stimmung bei dieser Zusammenkunft der Abenteurer an. Gegen zwei Uhr morgens wird der Regen stärker. Eine Musikgruppe improvisiert ein kleines Konzert in der Höhle. Das Feuer knistert, ein bulgarischer Kletterer stimmt ein paar tiefe, vibrierende Klänge an. Jeder greift zu einem Instrument, was einen postmodernen Rieseneffekt hat, während gigantische Schatten die Wände bevölkern. Sie scheinen zu sagen „Karlukovo, ich war da!“

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Video-Link: http://youtu.be/dHaNGTZWIxY
    Text: Kletterszene, Petzl Foto: ©PETZL/Sam Bié - G. Vallot
  • Beitragsdatum 30. September 2014