Nouria Newman und Sam Sutton gewinnen die adidas Sickline Kayak World Championships 2017

Die berühmt-berüchtigten Wellerbrücken Stromschnellen im österreichischen Ötztal waren wieder einmal ein würdiger Austragungsort für die adidas Sickline Extreme Kayak World Championship. Zum 10-jährigen Jubiläum des Events kamen 175 der weltbesten Kajaker aus 33 Ländern zusammen, um die ideale – oder im Kajakjargon ‚the sickest’ – Linie auf dem anspruchsvollem Rennkurs zu finden. Der verhältnismäßig hohe Wasserstand der Ötztaler Ache garantierte schnelle Zeiten in den vorgelagerten Knock-Out-Runden, und mit einem neuen Streckenrekord von 53,80 Sekunden, den der mehrfache Freestyle Weltmeister Dane Jackson (USA) im Halbfinale aufstellte, war klar, dass der Kampf um den prestigeträchtigen Sickline WM-Gürtel im Finale ein enger werden würde.

Die adidas Sickline Extremkajak Weltmeisterschaft ist einzigartig, da sie Athleten aus den verschiedensten Kajakdisziplinen zusammenbringt. Expeditionspaddler, Freestyler und olympischen Slalom Kajaker messen sich einmal im Jahr auf einer W eltklasse- Wildwasserstrecke. Zum zehnten Jubiläum gingen nahezu alle früheren Weltmeister an Start, bis auf Joe Morley (2013/2014) und Sandra Hyslop (2016). Und jeder dieser sechs vorherigen Weltmeister – Thilo Schmitt (2008), Alexander Grimm (2009), Sam Sutton (2010- 2012), Gerd Serrasolses (2015), Aniol Serrasolses (2016) und Mariann Saether (2015) – qualifizierte sich auch in diesem Jahr für den eigentlichen Kampf um den WM-Titel auf dem 280-meter langen Wellerbrücken-Rennkurs, auf dem nur die Top 52 Männer und Top 8 Damen zugelassen sind.

Favoritensterben auf unberechenbarem Kurs

Selbst die besten Paddler der Welt, die immer wieder nach Oetz zurückkehren, haben mit der Unberechenbarkeit der Wellerbrücken-Stromschnellen zu kämpfen. In den K.O.-Runden der Viertel- und Halbfinalläufe blieben einige prominente Athleten auf der Strecke: Gerd Serrasolses, Thilo Schmitt , Fabian Dörfler, Honza Lasko  und Vavrinec Hradilek schieden aus während Jamie Sutton, Mathieu Dumoulin und Mikel Sarasola gerade noch so mit einem Lucky Loser Ticket (schnellste ausgeschiedene Zeit) ins Finale der Top 16 Männer rutschten.

„Ich hatte einen ordentlichen Lauf und dachte, ich würde gut durch den Champions Killer kommen, aber leider habe ich in diesem brodelnden Pool unterhalb des Wasserfalls das Gleichgewicht verloren und musste rollen, was mich einiges an Zeit gekostet hat, deshalb bin ich für heute leider draußen“, sagte Gerd Serrasolses nach seinem Viertelfinal-Heat.

Der olympische Silbermedaillengewinner Vavra Hradilek hatte einen unfassbar schnellen Lauf im Viertelfinale – mit einer Zeit von 0:54,41 stellte er sogar einen neuen Streckenrekord auf. Allerdings hatte dieser nicht lange Bestand und wurde kurz darauf in Halbfinale von Dane Jackson unterboten (0:53,80). Und diesmal war Vavra 2,5 Sekunden langsamer als in seinem vorherigen Heat.

„Der Lauf war anfangs gar nicht gut“, sagte er danach. „Also habe ich versucht, mich auf die Linien und die Schlüsselstellen zu konzentrieren: TNT und Champions Killer. Beide liefen nicht wirklich gut, aber ich war trotzdem glücklich, mit Sven dort zu sein. Sven verdient das Finale wirklich. Ich habe es nur um 11 Hundertstel verpasst, aber das ist okay. Ich war hier die ganze Woche schon kajaken, daher bin ich zufrieden. Es ist so ein fantastischer Abschnitt, den wir hier befahren dürfen und es ist ein wunderschöner Fluss. Hier kommen viele tolle Leute her, die Stimmung ist fantastisch – in solch einer Atmosphäre ist es egal ob man gewinnt oder verliert, man kommt immer mit einem Lächeln raus. Vielleicht auch mit ein wenig Frustration, aber die ist spätestens bei der Afterparty wie weggeblasen.“

Im Halbfinale der Frauen musste MariannSaether (NOR)überraschenderweise im TNT Katarakt rollen, damit hatte sich der Einzug ins Finale für die Weltmeisterin von 2015 erledigt, denn sie verlor ihren Heat gegen Jennifer Chrimes (GBR).

„Wir sind Wildwasser-Kayaker und wir wissen, dass das mal passieren kann“, sagte Mariann. „Du brauchst nur einen kleinen Fehler zu machen, aber der kann schlimme Folgen haben. Ich habe diesen kleinen Fehler an einer Stelle gemacht, an der ich normalerweise nie Probleme habe, was mich 20-25 Sekunden gekostet hat. Zumindest bin ich stolz darauf, dass ich nicht schwimmen musste, ich wusste natürlich, dass das Rennen damit für mich gelaufen war, also habe ich nur noch versucht, aus dieser vertrackten Situation herauszukommen, in der ich war. Meine Linien danach habe ich dafür super getroffen, darauf bin ich auch etwas stolz. Aber natürlich ist es sehr enttäuschend, wenn so etwas in einem Wettbewerb passiert.“

Nouria Newman holt sich endlich den Titel

Das WM-Finale der besten fünf Frauen wurde als erstes ausgetragen. Hier trafen die adidas Sickline Silbermedaillengewinnerin von 2015, Jennifer Chrimes (GBR), und die Silber- und Bronzemedaillengewinnerin von 2016, Nouria Newman (FRA) und Martina Wegman (NED) aufeinander. Anne Hübner (GER) und Marieke Vogt (AUT) schafften es ebenfalls in die Top 5. Mit einem neuen Streckenrekord im Halbfinale (1.00,57) hatte Nouria den Maßstab bei den Damen gesetzt und war der haushohe Publikumsfavorit.

Die 26-jährige Französin, eine der talentiertesten Wildwasserpaddlerin der Welt, startete als letzte und begann ihren Finallauf mit einer sehr hohen Schlagfrequenz, eine Technik die sie als Slalomfahrerin perfekt beherrscht. Ihr gelang eine saubere und flüssige Linie durch den TNT Katarakt und den Minus One, nur am Champions Killer wurde sie ein wenig nach rechts gedrückt und touchierte einen Felsen. Trotzdem erreichte sie das Ziel in 1:01,75, der zweitbesten Zeit die bisher bei den Frauen auf der Wellerbrücke gemessen wurde, und war damit, 2.99 Sekunden schneller als Martina Wegman auf Rang 2 und 7.66 Sekunden schneller als Jenny Chrimes, die sich nach langer Verletzungspause Bronze sicherte.

„Es fühlt sich großartig an, Weltmeisterin zu sein!“ sagte Nouria. „Im letzten Jahr war es sehr frustrierend, gute Läufe im Viertel- und Halbfinale gehabt zu haben, um dann meinen Finallauf zu vermasseln. Dass mir heute alles gelungen ist, macht mich sehr glücklich. Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr wieder mit guten und sauberen Linien überzeugen kann und natürlich werde ich versuchen noch schneller zu sein. Es ist ein großartiges Rennen. Jeder ist schnell – es also geschafft zu haben, einen guten Lauf im Finale abzuliefern und hier zu gewinnen ist ein tolles Gefühl. Ich bin sehr glücklich – es war hart.“

Martina Wegman, die zum ersten Mal Silber bei der adidas Sickline gewann, offenbarte später, dass sie nicht erwartet hatte, dieses Jahr so gut abzuschneiden.

„Ich bin super glücklich mit dem zweiten Platz“, sagte sie. „Ich war dieses Jahr etwas ängstlicher als in den vergangenen Jahren. Ich hatte eine großartige Slalom-Saison, aber saß nicht oft in einem Plastikboot, weshalb ich am Start etwas nervös war. Ich bin total begeistert, als Zweitplatzierte ins Ziel gekommen zu sein. Ich denke, dass Nouria Newman es wirklich verdient hat, die adidas Sickline WM zu gewinnen.“

Auch die drittplatzierte Jenny Chrimes konnte kaum glauben, was sie gerade geschafft hatte.

„Ich bin begeistert!“, sagte sie. „Ich habe nicht einmal daran geglaubt, es überhaupt durch die Qualifikation zu schaffen. Ich konnte den ganzen Sommer über nicht Paddeln gehen, da ich verletzt war. Jetzt tut mir alles weh. Es ins Finale zu schaffen, wäre schon ein großer Triumph für mich gewesen – es aufs Podium zu schaffen erschien mir unmöglich.“

Sam Sutton schlägt erneut zu

Im Anschluss an die Damen, reihten sich die 16 besten Herren aus 10 verschiedenen Nationen zum Finale auf. Nach einigen großartigen Läufen – alle Zeiten im Finale waren unter einer Minute – war es der 31-jährige Alexander Grimm (GER), der sich mit einer Zeit von 0:55,39 den dritten Platz vor Dane Jackson (0:55,85) sicherte. Der Olympiasieger von 2008 meisterte alle Schlüsselstellen ohne sichtbare Fahrfehler.

Alex konnte einen guten Schub aus dem Champions Killer in Richtung Ziel mitnehmen, weil er auch im Finallauf geduldig genug war, um den entscheidenden Boof-Schlag spät zu setzen. Damit sicherte er sich seine zweite Medaille bei der adidas Sickline WM.

„Ich bin total glücklich endlich wieder auf dem Podium zu stehen nach 2009“, sagte Alex Grimm. „Es war wieder ein hartes Rennen. Diese Jungs sind so stark da runtergefahren und es war ein spannendes Finale. Ich bin auch ganz gut runtergekommen. Ich habe mich von Fahrt zu Fahrt verbessern können. Besser hätte es gar nicht nicht laufen können.“

Der letztjährige adidas Sickline Champion Aniol Serrasolses (ESP) hatte einen etwas enttäuschenden Lauf im Halbfinale, doch im Finale konnte der 26-jährike Katalane sich wieder von seiner besten Seite zeigen. Er flog durch den TNT Katarakt und den Champions Killer Minus 1. Aniol bewies einmal mehr, warum er einer der meist respektierten Athleten der Kajakszene ist. In seinem letzten lauf hielt er sich fast konstant auf der Ideallinie, den Champions Killer nahm er mit Leichtigkeit und sprintete mit kräftigen Paddelschlägen in Richtung Ziel, das er in einer Zeit von 0:55,17 erreichte. Am Ende war diese jedoch nicht schnell genug, um den Titel zu verteidigen, aber es reichte für Platz 2.
Kiwi Sam Sutton, der 2016 von Aniol mit nur einer hundertstel Sekunde V orsprung geschlagen wurde, war heiß auf die Revanche. Nachdem er die zweitschnellste Zeit im Viertelfinale und die drittschnellste Zeit im Halbfinale gefahren war, hatte er gehofft in der letzten Runde seine Sickline zu finden. Und das gelang ihm auch.

„In meinem finalen Lauf hatte ich vom Start weg ein gutes Gefühl“, sagte der 29-jährige. „Es hat sich angefühlt wie; geh da raus und genieß’ es, du weißt nie, ob es deine letzte adidas Sickline ist Sam, also war ich ziemlich euphorisch da raus zu gehen und Gas zu geben. Ich habe am Start ein paar kleine Fehler gemacht, und dachte nur Oh Nein! aber dann habe ich mich wieder konzentrieren können. Zwischendurch habe ein bisschen die Kontrolle verloren aber versucht das Boot weiter laufen zu lassen und dann war ich halbwegs glücklich mit meiner Zeit.“

Sam hatte zwar gehofft, eine Sekunde schneller zu sein, aber die Zeit von 0:54,89, bei der die Uhr stehen blieb, war schnell genug um den Titel am heutigen Tag zu gewinnen, da weder Hannes Aigner (GER), noch Dane Jackson (USA), die nach ihm fuhren, schnellere Läufe hatten.

„Es fühlt sich so unwirklich an. Ich meine, es ist etwas, das ich schon lange wollte – die adidas Sickline WM noch einmal gewinnen. Es sind ein paar Jahre vergangen seit meinem letzten Sieg. Ich war ziemlich heiß darauf, hier her zu kommen, denn ich werde älter und es wird immer härter und härter, weil ich kaum noch Zeit habe, zu trainieren. Allerdings tut es mir sehr leid für Dane, weil er heute der schnellste war. Er konnte das Rennen nur verlieren und ich habe das für mich ausgenutzt und gewonnen. Und es tut gut, den Platz mit Aniol zu tauschen. Letztes Jahr hat er mich um Haaresbreite geschlagen und er ist ein unglaublicher Paddler. Tja und Alex war vom Start weg unter Strom. Diese deutschen Muskeln arbeiteten wir eine Maschine und brachten ihn so schnell nach unten – das war sehr, sehr beeindruckend.“

Mit vier Extremkajak-WM-Titeln wird der Mann aus Rotorua, Neuseeland für immer in die Geschichtsbücher eingehen. Diese Leistung wird auch nicht so schnell wiederholt werden können, weil sich die besten Kajaker der Welt einig sind, dass es kein Rennen auf der Welt gibt, das so schwer zu gewinnen ist, wie die adidas Sickline Extreme Kayak Championship – es sei denn man heißt Sam Sutton…

Ergebnisse der adidas Sickline Kayak World Championship 2017

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Damen:

1. Nouria Newman FRA
2. Martina Wegmann NED
3. Jennifer Chrimes GBR

4. Anne Hübner GER
5. Marieke Vogt AUT
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Männer:

1. Sam Sutton
2. Aniol Seraoles
3. Alexander Grimm

4. Dane Jackson
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Video-Link: https://vimeo.com/237288489
    Text: Sonja Güldner-Hamel
    Foto: Jens Klatt, D.Benedetto / adidas Sickline
  • Beitragsdatum 9. Oktober 2017